Hongkong 02 - Noble House Hongkong
damals Tai-Pan von Rothwell-Gornt, erschienen – ebenfalls unerwartet. Nach dem Dinner war es im Billardzimmer, wo sich etwa ein Dutzend Herren zu einer Partie versammelt hatten, zu einem bitteren Zusammenstoß zwischen den zwei Tai-Panen gekommen. Damals war das Haus Struan’s bei seinen Bemühungen, South Orient Airways zu übernehmen, soeben von den Gornts und ihren Schanghaier Freunden blockiert worden. Die nach dem Sieg der Kommunisten auf dem Festland verfügbare Zubringerfluglinie besaß faktisch ein Monopol auf den gesamten Luftverkehr zwischen Schanghai einerseits, Hongkong, Singapur, Taipeh, Tokio und Bangkok andererseits. Bei einer Fusionierung mit Air Struan, seiner flüggen Fluglinie, hätte Struan’s im Fernen Osten praktisch ein Monopol auf den Zubringerverkehr erworben. Die beiden Männer hatten einer dem anderen hinterhältige Praktiken vorgeworfen – beide zu Recht.
Jawohl, sagte sich Ian Dunross, damals waren beide Männer bis zum Äußersten gegangen. Nach den enormen Verlusten, die Rothwell-Gornt in Schanghai erlitten hatte, war William Gornt jedes Mittel recht gewesen, in Hongkong festen Fuß zu fassen, und als es Colin Dunross klar wurde, daß er es nicht verhindern konnte, hatte er South Orient William Gornts Griff entrissen, indem er sein Gewicht bei einer sicheren kantonesischen Gruppe in die Waagschale warf.
»Ja, Mr. Dunross, das haben Sie getan. Sie sind in die Falle getappt, und jetzt werden Sie uns nie mehr aufhalten können«, hatte William Gornt geprahlt. »Wir gehen niemals von hier fort. Wir werden Sie aus Asien verjagen, Sie und Ihr gottverdammtes Noble House. South Orient war erst der Anfang. Wir haben gewonnen!«
»Das bilden Sie sich aber nur ein! Die Yan-Wong-Sun-Gruppe hat sich mit uns assoziiert, wir haben einen Vertrag.«
»Der hiermit annulliert ist.« William Gornt hatte Quillan, seinem ältesten Sohn und rechtmäßigen Erben, ein Zeichen gegeben, und Quillan hatte die Kopie eines Abkommens aus der Tasche gezogen. »Das ist der Vertrag zwischen der Yang-Wong-Sun-Gruppe, Strohmännern der Tso-Wa-Feng-Gruppe, die ihrerseits als Strohmänner der Ta-Weng-Sap-Gruppe die Kontrolle über South Orient an Rothwell-Gornt verkaufen – um genau einen Dollar mehr, als die ursprünglichen Kosten betrugen! South Orient gehört uns!«
»Das glaube ich nicht!«
»Sie können es ruhig glauben. Fröhliche Weihnachten!« William Gornt hatte eine laute, hämische Lache angeschlagen und war gegangen. Quillan hatte seinen Billardstock hingelegt und mitgelacht. Ian Dunross hatte neben der Tür gestanden.
»Eines Tages wird dieses Haus mir gehören«, hatte Quillan gezischt, sich umgedreht und den anderen Gästen zugerufen: »Wenn einer von euch einen Job braucht, kann er zu uns kommen. Ihr seid bald alle arbeitslos. Euer Noble House wird nicht mehr lange nobel sein.« Andrew Gavallan war dabei gewesen, Jacques deVille, Alastair Struan, Lechie und David MacStruan, Philip Tschen, ja sogar John Tschen.
Dunross erinnerte sich, wie wütend sein Vater an diesem Abend gewesen war, und wie er Verrätern und Strohmännern und schlechtem Joss die Schuld gegeben hatte.
Ian Dunross aber wußte genau, daß er seinen Vater oft genug gewarnt hatte und daß seine Warnungen in den Wind geschlagen worden waren. Mein Gott, wie haben wir damals das Gesicht verloren! Ganz Hongkong lachte über uns – Noble House von den Gornts und den Schanghaier Winkelmaklern aus großer Höhe angepinkelt! Gewiß doch. Aber jene Nacht hatte auch Colin Dunross’ Sturz unwiderruflich gemacht. Das war die Nacht, in der ich zu dem Schluß kam, daß er gehen müsse, bevor Noble House für immer verloren war. Ich bediente mich Alastair Struans. Ich half ihm, meinen Vater zur Seite zu schieben. Alastair Struan mußte Tai-Pan werden. Bis ich verständig und stark genug war, um ihn beiseitezuschieben.
Bin ich verständig genug?
Ich weiß es nicht, dachte Dunross und konzentrierte sich jetzt auf Quillan Gornt. Ich habe South Orient nicht vergessen, dachte er, und auch nicht, daß wir unsere Fluglinie mit der euren zu einem Spottpreis fusionieren mußten und uns die Kontrolle über die neue Linie, die nun All Asia Airways hieß, genommen wurde. Wir haben nichts vergessen. Damals haben wir verloren, aber diesmal werden wir gewinnen.
Fasziniert beobachtete Casey die beiden Männer. Nach den Fotografien im Dossier hatte sie Quillan Gornt sofort erkannt. Noch von der anderen Seite des Saales fühlte sie seine Kraft und
Weitere Kostenlose Bücher