Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Männlichkeit; sie geriet in einen Zustand von Unbehagen und Erregung. Fast konnte sie die Spannung zwischen den beiden Männern greifen.
Andrew Gavallan hatte ihr gleich gesagt, wer Gornt war. Sie hatte sich nicht dazu geäußert und nur Gavallan und Linbar Struan gefragt, warum Gornts Erscheinen sie so schockiert habe. Und weil sie jetzt allein waren, erzählten sie ihr von den »fröhlichen Weihnachten« und »eines Tages wird dieses Haus mir gehören«.
»Was hat der Tai-Pan … wie hat Mr. Dunross reagiert?«
»Er sah Gornt nur an«, antwortete Gavallan. »Wenn er eine Pistole oder ein Messer bei sich gehabt hätte, er hätte davon Gebrauch gemacht, aber da er keine Waffe bei sich trug, konnte es jeden Augenblick geschehen, daß er seine Hände oder Zähne gebrauchen würde … Er stand nur stocksteif da und sah Gornt an, und Gornt trat einen Schritt zurück, um außer Reichweite zu gelangen. Aber Gornt hat cajones. Ohne ein Wort zu sprechen, ging er langsam, ohne den Blick von Ian zu wenden, um ihn herum, und dann verließ er den Raum.«
»Was macht dieser Bastard heute hier?« murmelte Linbar.
»Es muß etwas Wichtiges sein«, sagte Gavallan.
»Sind sie einander seit damals nicht mehr begegnet?« fragte Casey.
»Aber ja, oftmals«, antwortete Gavallan. »Bei gesellschaftlichen Anlässen. Außerdem sitzen sie zusammen im Vorstand von Gesellschaften, Ausschüssen und Körperschaften.« Beklommen fügte er hinzu: »Aber … ich bin sicher, daß sie beide nur warten.«
Sie sah, wie die Augen der drei Männer zu den beiden Feinden zurückkehrten, und Caseys Augen folgten ihnen. Ihr Herz klopfte. Sie sah, wie Penelope ein paar Schritte zur Seite trat, um mit einer Dame zu sprechen. Sekunden später warf Dunross einen Blick zu ihnen herüber. Sie wußte, daß er Gavallan irgendwie ein Signal gab.
Dann blieben seine Augen auf ihr haften. Gornt folgte seinem Blick. Jetzt schauten beide Männer auf sie. Sie fühlte ihren Magnetismus. Er berauschte sie. Ein Teufel schob sie auf die beiden Antagonisten zu. Sie war jetzt froh, daß sie sich so angezogen hatte, provozierender, als es ihre Absicht gewesen war.
Beim Gehen spürte sie die sanfte Berührung der Seide, und ihre Brustwarzen wurden hart. Sie fühlte, wie die Augen der Männer über sie hinglitten und sie entkleideten, aber seltsamerweise machte es ihr diesmal nichts aus. Ohne daß sie es merkte, wurde ihr Gang mit jedem Schritt katzenhafter.
»Hallo, Tai-Pan«, sagte sie mit einem Ausdruck von Unschuld auf ihrem Gesicht, »wollten Sie, daß ich mich Ihnen anschließe?«
»Ja«, antwortete er rasch. »Ich glaube, Sie kennen sich.«
Sie schüttelte den Kopf und lächelte beide an, ohne die Fangfrage zu bemerken.
»Nein, wir sind uns nie begegnet. Aber natürlich weiß ich, wer Mr. Quillan Gornt ist.«
»Dann gestatten Sie, daß ich Sie miteinander bekanntmache! Mr. Quillan Gornt. Tai-Pan von Rothwell-Gornt. Miss Tcholok – Ciranoush Tcholok – aus Amerika.«
Der Gefahr bewußt, zwischen die zwei Männer zu geraten, streckte sie ihm die Hand entgegen. Jesus, was machst du da? rief ihr eine innere Stimme zu.
»Ich habe schon viel von Ihnen gehört, Mr. Gornt«, sagte sie, froh, daß sie ihre Stimme beherrschen konnte, erfreut über die Berührung seiner Hand – anders als die Dunross’, rauher und nicht so kräftig. »Ich glaube, die Rivalität zwischen Ihren Firmen dauert schon Generationen?«
»Nur drei. Es war mein Großvater, der als erster der nicht eben sanften Behandlung durch die Struans ausgeliefert war«, antwortete Gornt leichthin. »Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen einmal zu erzählen, wie die Dinge aus unserer Sicht aussehen.«
»Vielleicht sollten Sie beide die Friedenspfeife rauchen«, sagte sie. »Asien ist doch wohl groß genug für Sie beide.«
»Die ganze Welt ist nicht groß genug«, erklärte Dunross liebenswürdig.
»So ist es«, pflichtete Gornt ihm bei, und wenn Casey es nicht besser gewußt hätte, aus dem Benehmen der zwei Männer hätte sie geschlossen, daß sie einander freundschaftlich verbundene Rivalen seien.
»In den Staaten haben wir viele große Konzerne – und sie leben friedlich zusammen –, obwohl sie im Wettstreit miteinander stehen.«
»Wir sind nicht in Amerika«, versetzte Gornt mit ruhiger Stimme. »Wie lange bleiben Sie hier, Miss Tcholok?«
»Das hängt von Mr. Bartlett ab. Ich arbeite für Par-Con Industries.«
»Ja, ja, ich weiß. Hat er Ihnen gesagt, daß wir Dienstag zum
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