Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Dunross drehte sich um und machte Penelope ein Zeichen. Sie kam sofort herüber. »Würdest du bitte Quillan und Miss Tcholok eine kleine Weile Gesellschaft leisten, Penelope? Ich habe ein Ferngespräch – Quillan bleibt nicht zum Dinner, er hat dringende Geschäfte.« Er winkte ihnen freundlich zu und ging.
»Sie bleiben nicht zum Essen?« wollte Penelope sich vergewissern.
»Nein. Tut mir leid, Ihnen Ungelegenheiten gemacht zu haben. Ich kann leider nicht bleiben.«
»Oh … Würden Sie mich einen Augenblick entschuldigen? Ich bin gleich wieder da!«
»Sie brauchen sich nicht um uns zu sorgen«, erwiderte Gornt sanft. »Wir passen schon auf uns auf. Nochmals: Es tut mir leid, Ihnen Ungelegenheiten gemacht zu haben … Sie sehen wunderbar aus, Penelope.« Sie dankte ihm und eilte erleichtert auf Claudia Tschen zu, die in der Nähe wartete.
»Sie sind ein komischer Mann«, sagte Casey. »Eben noch Krieg und im nächsten Augenblick unwiderstehlicher Charme. Warum haben Sie das getan? Dem Tai-Pan den Kampf angesagt? Das mit dem lebenswichtig. Sie haben ihm den Fehdehandschuh hingeworfen, nicht wahr? In aller Öffentlichkeit.«
»Das Leben ist ein Spiel«, versetzte er, »und wir Engländer spielen es nach anderen Regeln als ihr Amerikaner. Und das Leben ist dazu da, genossen zu werden … Ciranoush – was für ein reizender Name? Darf ich ihn gebrauchen?«
»Ja«, willigte sie nach einer kleinen Pause ein. »Aber warum gerade jetzt die Kriegserklärung?«
»Es mußte jetzt sein. Ich habe nicht übertrieben, als ich Par-Cons Bedeutung für Struan’s herausstrich. Wollen wir jetzt Ihren Mr. Bartlett suchen gehen?«
Das war nun schon das zweite Mal, daß er von ihrem Mr. Bartlett sprach, ging es ihr durch den Kopf. Will er sticheln? Will er sondieren? »Gern. Warum nicht?« Sie war sich der Blicke der anderen Gäste bewußt und spürte die prickelnde Gefahr, während sie die Richtung zum Park einschlug. »Sind Ihre Auftritte immer so dramatisch?«
Gornt lachte. »Nein. Tut mir leid, wenn ich so abrupt auftauchte, Ciranoush – wenn ich Sie in Bedrängnis brachte.«
»Sie meinen: wegen Ihres privaten Termins mit Mr. Bartlett? Das haben Sie nicht. Es war sehr schlau von ihm, ohne mein Wissen die Gegenseite anzusprechen. Damit gab er mir ein Maß an Bewegungsfreiheit, das ich sonst nicht gehabt hätte.«
»Dann sind Sie also nicht verärgert, weil er Sie nicht ins Vertrauen gezogen hat?«
»Das hat nichts mit Vertrauen zu tun. Es geschieht häufig, daß ich ihm – um ihn zu schützen – Informationen vorenthalte. Heute hat er ganz offensichtlich das gleiche für mich getan. Mr. Bartlett und ich, wir verstehen einander. Zumindest glaube ich, daß ich ihn verstehe.«
»Dann sagen Sie mir, wie man mit ihm ins Geschäft kommt!«
»Zuerst müßte ich wissen, was Sie eigentlich wollen. Von Dunross’ Kopf einmal abgesehen.«
»Ich will weder seinen Kopf noch seinen Tod noch etwas Ähnliches – nur ein baldiges Hinscheiden seines Noble House.« Sein Gesicht wurde hart. »Dann können viele Geister endlich ruhen.«
»Erzählen Sie mir von diesen Geistern!«
»Nicht jetzt, Ciranoush, o nein! Zu viele Ohren, die mir feindlich gesinnt sind. Das wäre nur für Ihre Ohren bestimmt.« Sie waren jetzt im Garten. Linc Bartlett befand sich nicht auf dieser Terrasse, und so stiegen sie, an anderen Gästen vorbei, über die breite Steintreppe auf die untere hinab, auf die Wege zu, die sich durch die Rasenflächen wanden. Dort wurden sie aufgehalten.
»Hallo, Quillan, was für eine nette Überraschung!«
»Hallo, Paul! Miss Tcholok, darf ich Sie mit Mr. Paul Havergill bekannt machen? Mr. Havergill leitet gegenwärtig die Victoria Bank.«
»Ich fürchte, ich übe dieses Amt nur vorübergehend aus, Miss Tcholok, und auch das nur, weil unser Generaldirektor auf Krankenurlaub ist. In ein paar Monaten trete ich in den Ruhestand.«
»Zu unser aller Bedauern«, sagte Gornt und machte Casey dann mit dem Rest der Gruppe bekannt: Lady Joanna Temple-Smith, eine großgewachsene Dame Mitte Fünfzig mit straffen Gesichtszügen, Richard Kwang und seine Frau Mailing. »Mr. Richard Kwang ist Präsident der Ho-Pak Bank, einer der bedeutendsten chinesischen Banken.«
»Unter unseren Banken herrscht ein fairer Wettbewerb, Miss … äh, Miss … ausgenommen die Blacs«, sagte Havergill.
»Ausgenommen wer?« fragte Casey.
»Blacs … So nennen wir hier die Bank of London, Canton and Shanghai. Sie sind vielleicht größer
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