Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Verrat, Betrug und die Gemeinheiten gewöhnt, zu denen der Feind greift – nicht einmal nach all dieser Zeit.« Sir Geoffrey War während seiner gesamten Laufbahn Mitglied des diplomatischen Korps gewesen. Er sprach Russisch, Mandarin, Französisch und Italienisch. »Entsetzlich.«
»Ja, Sir. Sind Sie sicher, daß wir Mr. Dunross trauen können?«
»Am Freitag brauchen Sie keine Erlaubnis aus London, um eingreifen zu können. Am Freitag haben Sie einen Kabinettsbefehl, und wir nehmen die Papiere in Besitz.«
»Ja, Sir.« Crosse nahm die Porzellantasse entgegen. »Danke, Sir.«
»Ich schlage vor, daß Sie zwei Männer rund um die Uhr in den Tresorraum der Bank abkommandieren, einen vom SI, einen vom CID, und einen Beschatter in Zivil für den Tai-Pan – natürlich ohne jedes Aufsehen.«
»Ich werde das mit der Bank veranlassen, bevor ich gehe. Mr. Dunross habe ich bereits unter Beobachtung gestellt. Ich nahm an, daß er die Situation seinen Zwecken entsprechend manipulieren würde. Er ist ein sehr erfindungsreicher Mann. Schließlich ist der Tai-Pan von Noble House kein Dummkopf. Hat er erwähnt, ob er alle Berichte kürzlich noch einmal gelesen hat, Sir? Vielleicht vergangene Nacht?«
Sir Geoffrey runzelte die Stirn, während er versuchte, sich an das Gespräch vom Vormittag zu erinnern. »Ich glaube nicht. Warten Sie mal, er sagte … er hat gesagt: ›Als ich die Berichte zum erstenmal las, hielt ich einige von AMGs Gedanken für an den Haaren herbeigezogen. Aber jetzt bin ich anderer Ansicht …‹ Das könnte darauf hinweisen, daß er sie erst kürzlich gelesen hat. Warum fragen Sie?«
»Ich habe oft gehört, daß er über ein beachtliches Gedächtnis verfügt. Wenn die Papiere im Tresor unerreichbar sind … nun, ich möchte nicht, daß der KGB in Versuchung kommt, sich ihn zu schnappen.«
»Großer Gott, Sie glauben doch nicht, daß sie so idiotisch sind? Den Tai-Pan?«
»Es hängt davon ab, wie wichtig ihnen die Papiere sind, Sir. Vielleicht sollte unsere Überwachung sichtbar sein – das könnte sie abschrecken, falls sie so etwas vorhaben.«
»Eine gute Idee. Könnten die Werwölfe … könnte es eine Verbindung zwischen den geschmuggelten Waffen und der Entführung von John Tschen geben?«
»Das weiß ich noch nicht, Sir. Ich habe Armstrong und Brian Kwok auf den Fall angesetzt. Falls es eine Verbindung gibt, werden sie es herausfinden.« Er beobachtete die Reflexe der untergehenden Sonne auf dem blaßblauen, durchscheinenden Porzellan. »Das Farbenspiel ist interessant.«
»Ja. Die Tassen sind Tang Ying – nach dem Leiter der Kaiserlichen Manufaktur im Jahre 1736.« Sir Geoffrey sah Crosse an. »Ein Maulwurf in meiner Polizei, in meinem Kolonialamt, in meinem Schatzamt, auf der Flottenbasis, in der Victoria, in der Telefongesellschaft und sogar im Noble House. Sie könnten uns lahmlegen und unseren Beziehungen zur Volksrepublik China unglaublichen Schaden zufügen.«
»Ja, Sir.« Crosse sah wieder die Tasse an. »Es scheint beinahe unmöglich zu sein, daß sie so dünn ist. Ich habe noch nie eine solche Tasse gesehen.«
»Sind Sie Sammler?«
»Nein, Sir. Ich fürchte, ich verstehe überhaupt nichts davon.«
»Diese habe ich am liebsten, sie sind sehr selten. Sie heißen t’o t’ai, ohne Körper. Sie sind so dünn, daß die Innen- und die Außenglasur einander zu berühren scheinen. Aber sie sind sehr widerstandsfähig. Natürlich zart, aber widerstandsfähig. – Wer könnte Arthur sein?«
Crosse seufzte. »Es gibt keinen Hinweis in diesem Bericht. Keinen einzigen. Ich habe ihn fünfzigmal gelesen.« Die zarte Tasse schien Crosse zu faszinieren. »Porzellan ist eine Tonsorte, nicht wahr?«
»Ja. Aber diese Art ist das Ergebnis der Vermischung zweier Tonsorten – Kaolin, nach dem hügligen Bezirk in Kingtshtschen, wo es gefunden wird, und pan tun tse, die sogenannten kleinen weißen Blöcke. Die Chinesen bezeichnen sie als das Fleisch und die Knochen des Porzellans.« Sir Geoffrey trat zu dem verzierten Tisch, der als Bar diente, und brachte die Karaffe. Sie war etwa zwanzig Zentimeter hoch und völlig durchscheinend, beinahe durchsichtig. »Auch das Blau ist bemerkenswert. Wenn das Gefäß trocken ist, wird mit einer Bambuspfeife pulverisiertes Kobalt auf das Porzellan geblasen. In Wirklichkeit besteht die Farbe aus Tausenden winzigen blauen Flecken. Dann wird sie glasiert und gebrannt – bei ungefähr 1.300 Grad.« Er stellte die Karaffe wieder auf die
Weitere Kostenlose Bücher