Hongkong 02 - Noble House Hongkong
»Vielen Dank! Tut mir leid, Mr. Biltzmann, wenn Sie mich jetzt entschuldigen möchten … Ich muß zu meinen Freunden und …« Bevor sie es noch verhindern konnte, hatte Pugmire ihren Arm geschnappt und sie zur Seite gezogen. »Wie wäre es mit einem Dinner? Sie sehen phan…«
Bemüht, nicht aufzufallen, riß sie sich los. »Ziehen Sie Leine, Pug!«
»Hören Sie mal, Orlan …«
»Ich habe Sie fünfzigmal höflich ersucht, mich in Frieden zu lassen! Jetzt dew neh loh moh auf Sie und Ihre Sippschaft«, fuhr sie ihn an. Röte stieg in sein Gesicht. Sie hatte ihn immer verabscheut. »Wenn Sie mich noch einmal anrufen oder das Wort an mich richten, werde ich ganz Hongkong von Ihren perversen Praktiken erzählen.« Sie nickte Biltzmann höflich zu, ließ seine Karte unbemerkt zu Boden fallen und ging davon. Pugmire kehrte zu dem Amerikaner zurück.
»Was für eine Figur!« sagte Biltzmann bewundernd.
»Sie … sie ist eine der bekanntesten Huren«, erklärte Pugmire und verzog den Mund. »Man könnte uns schon etwas zu essen bringen. Ich sterbe vor Hunger.«
»Sie ist eine Nutte?« staunte Biltzmann. Er konnte den Blick nicht von ihr wenden.
»O du Heiliger«, murmelte er, »mit der würde ich wirklich gern eine Nummer machen.«
»Das ist nur eine Geldfrage. Aber ich versichere Ihnen, sie ist es nicht wert. Sie taugt nichts im Bett, ich weiß, wovon ich rede, heutzutage kann man ja nur raten, wer sie vorher aufs Kreuz geschmissen hat, nicht wahr?« Er lachte. »Nach dem erstenmal hatte ich keine Lust mehr auf sie. Wenn Sie Ihre Pfeife bei ihr ausklopfen wollen, sollten Sie Schutzmaßnahmen treffen.«
Dunross war eben gekommen und hörte nur mit einem Ohr Richard Kwang zu, der in überheblichem Ton all die Aktionen und Schachzüge aufzählte, mit denen er den Run aufgehalten hatte, und der sich anschließend beklagte, wie gemein es von gewissen Leuten war, solche Gerüchte zu verbreiten.
»Ich bin ganz Ihrer Meinung, Richard«, sagte Dunross, der mit den Mitgliedern der Handelsdelegation sprechen wollte; sie standen am anderen Ende des Saales in einer Gruppe zusammen. »Es gibt wirklich jede Menge Schweine. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen …«
»Selbstverständlich, Tai-Pan!« Richard Kwang senkte seine Stimme, konnte aber nicht verhindern, daß sich seine Besorgnis offenbarte. »Könnte sein, daß ich Hilfe brauche.«
»Alles, was Sie wollen, außer Geld.«
»Sie könnten bei Johnjohn von der Vic ein gutes Wort für mich einlegen. Er würde …«
»… nichts bewirken, das wissen Sie doch, Richard! Ihre einzige Chance ist einer Ihrer chinesischen Freunde. Was ist mit Lächler Tsching?«
»Ach, dieser alte Gauner – sein schmutziges Geld würde ich doch nicht einmal mit der Feuerzange anfassen!« antwortete Richard Kwang. Lächler Tsching hatte seine Zusage nicht eingehalten und sich geweigert, ihm Kredit zu geben. »Dieser Verbrecher gehört ins Gefängnis. Auch auf ihn hat ein Run eingesetzt, und recht geschieht ihm! Haben Sie schon von den Schlangen vor der Vic im Central District gehört? Bei der Blacs sind es noch mehr. Großmaul Tok von der Bank of East Asia and Japan hat schon das Handtuch geworfen. Morgen machen sie nicht mehr auf.«
»Sind Sie sicher?«
»Er hat mich heute abend angerufen und wollte 20 Millionen haben. Dew neh loh moh, Tai-Pan, wenn man uns nicht allen hilft, ist Hongkong am Ende. Wir haben …« Dann sah er Venus Poon am Arm von Vierfinger Wu durch die Tür kommen, und sein Herzschlag setzte aus. Heute abend war sie wütend gewesen, weil er ihr den versprochenen Nerz nicht mitgebracht hatte. Sie hatte geweint und geschrien, ihre amah hatte gejammert, und beide hatten so lange gezetert, bis er gelobte, das Geschenk zu bringen, das er ihr zugesagt hatte.
»Nimmst du mich zu Shi-tehs Bankett mit?«
»Meine Frau hat es sich überlegt, sie kommt mit. Aber nachher werden wir …«
»Nachher bin ich müde! Zuerst kein Geschenk, und jetzt kann ich nicht zur Party mitkommen! Wo ist der Aquamarinanhänger, den du mir vorigen Monat versprochen hast? Wo ist mein Nerz gelandet! Auf dem Rücken deiner Frau, ich könnte wetten! O weh, o weh, o weh, du liebst deine Tochter nicht mehr! Ich werde mich umbringen müssen – oder Vierfingers Einladung annehmen.«
»Was?«
Richard Kwang erinnerte sich, wie er beinahe einen Blutsturz erlitten hatte, wie er getobt und gewütet und geschrien hatte, daß ihre Wohnung ihn ein Vermögen koste und ihre Kleider tausend die
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