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Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Titel: Hongkong 02 - Noble House Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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reserviert, die jetzt in erwartungsvollen Gruppen um die Tische für je zwölf Personen herumstanden.
    Orlanda fühlte sich an diesem Abend sehr zuversichtlich. Sie hatte sich für Bartlett wieder sehr sorgfältig angekleidet. Zum Interview am Vormittag war sie sportlich-salopp erschienen, mit wenig Make-up, für den Abend hatte sie zarte weiße Seide gewählt. Sie wußte, daß ihre Figur perfekt war.
    Havergill und seine Frau standen vor ihr, und sie sah ihre Augen auf ihrem Ausschnitt. Sie lachte in sich hinein, denn sie wußte genau, daß sie die einzige Frau im Saal war, die es wagte, die aufregende Mode mitzumachen, die im Londoner Jet-Set in diesem Jahr kreiert wurde.
    »Guten Abend, Mr. Havergill, Mrs. Havergill«, grüßte sie höflich und schritt an ihnen vorbei. Sie kannte ihn gut. Er war oft auf Gornts Jacht eingeladen gewesen. Nur mit ihr, Quillan Gornt und seinen Freunden an Bord waren sie vom Jachtklub auf der Hongkongseite nach Kowloon hinübergedampft, wo auf den von Meer umspülten Stufen neben der Golden Ferry schon die Mädchen in Strandoder Segelkleidung warteten.
    In der Zeit, als Quillans Frau bettlägerig und Orlanda offiziell, wenn auch noch sehr diskret, Quillans Geliebte gewesen war, nahm er sie nach Japan, Singapur und Taiwan, aber nie nach Bangkok mit. Damals war Paul Havergill einfach Paul, in der Öffentlichkeit aber, wie heute noch, stets Mr. Havergill. Er ist kein schlechter Kerl, dachte sie. Bis auf wenige Ausnahmen mochten ihn zwar seine Mädchen nicht, aber sie scharwenzelten um ihn herum, denn er war einigermaßen großzügig und stets bereit, ihnen durch eine seiner Bankverbindungen ein günstiges Darlehen zu beschaffen – nie aber in der Vic.
    Sehr klug, dachte sie belustigt, und eine Frage des Gesichts. Was könnte ich für ein Buch über sie alle schreiben, wenn ich wollte! Ich werde es nie tun – wozu auch? Warum sollte ich? Selbst nach Macao habe ich Geheimnisse immer für mich behalten. Auch das hat Quillan mich gelehrt – Diskretion.
    Macao. Welche Torheit! Ich kann mich heute kaum noch daran erinnern, wie der junge Mann aussah, nur daß er miserabel im Bett war. Der Dummkopf war nur eine vorübergehende Laune, meine allererste. Sein von Jugend durchpulster Körper erwies sich als völlig untauglich. Wie dumm ich doch war!
    Ihr Herz begann zu klopfen, als sie an all diese Alpträume zurückdachte: wie Quillan sie zur Rede gestellt und nach England geschickt hatte, wie sie zurückkam und Quillan so frostig war und sie nie wieder mit ihm geschlafen hatte.
    Eine entsetzliche Zeit. Dieses schreckliche, durch nichts zu stillende Verlangen. Das Allein- und von allem Ausgeschlossensein. Die vielen Tränen und das Leid und die immerwährende Hoffnung, er werde sich erweichen lassen. O Quillan, was warst du doch für ein Liebhaber!
    Vor nicht allzu langer Zeit war seine Frau gestorben. Orlanda war zu ihm gegangen, um ihn zurückzugewinnen. In jener Nacht hatte sie schon geglaubt, es sei ihr gelungen, aber er hatte nur mit ihr gespielt. »Zieh dich wieder an, Orlanda! Ich war nur neugierig auf deinen Körper. Ich wollte sehen, ob er noch so verführerisch ist wie zu meiner Zeit. Ich freue mich, dir sagen zu können, daß er es immer noch ist. Aber es tut mir leid: Ich begehre dich nicht. Bitte komm nie wieder uneingeladen hierher«, hatte er gesagt. »Du hast dich für Macao entschieden.«
    Und er hatte recht. Durch mich hatte er sein Gesicht verloren. Warum hält er mich immer noch aus? fragte sie sich, während ihre Augen auf der Suche nach Bartlett über die Gäste schweiften. Muß man erst etwas verlieren, bevor man seinen Wert erkennt? Ist auch das ein Teil des Lebens?
    »Orlanda!«
    Sie blieb verdutzt stehen, als plötzlich jemand vor sie hintrat. Es war Richard Hamilton Pugmire. »Darf ich Ihnen Mr. Charles Biltzmann aus Amerika vorstellen«, sagte er mit einem lüsternen Seitenblick. Die bloße Nähe des Mannes, der etwas kleiner war als sie, verursachte ihr körperliches Unbehagen. »Mr. Biltzmann … er ist der neue Tai-Pan von General Stores. Chuck, das ist Orlanda Ramos!«
    »Freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Ma’am!«
    »Ganz meinerseits«, erwiderte sie höflich. Der Mann war ihr gleich zuwider. »Es tut mir leid, aber …«
    »Nennen Sie mich Chuck! Sie heißen Orlanda? Ein hübscher Name und ein wirklich bezauberndes Kleid!« Er überreichte ihr eine Visitenkarte. »Ist ja hier so üblich, nicht wahr?«
    Sie nahm die Karte, ohne die Geste zu erwidern.

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