Hongkong 02 - Noble House Hongkong
ich dich jetzt haben will und daß ich nicht weiß, was du bist, wer du bist, aber daß ich dich haben will. Aber was will ich wirklich? Will ich mich verzaubern lassen? Oder schlicht Männchen bauen? Bist du die Zauberin, die ich schon immer gesucht habe, oder einfach eine Nutte mehr? Wie mißt du dich an Casey? Ich erinnere mich, was Casey einmal sagte: »Die Liebe besteht aus vielen Dingen, Linc, und nur ein Teil der Liebe ist Sex. Du mußt eine Frau nach ihrer Liebe beurteilen, aber du mußt auch verstehen, was eine Frau ist.« Doch ihre Wärme durchdrang ihn, ihr Gesicht ruhte an seiner Brust. Und weil er seine Leidenschaft nicht verhehlen wollte, küßte er sie auf den Hals.
»Was bist du, Orlanda?«
»Ich … ich kann dir nur sagen, was ich nicht bin«, murmelte sie. »Ich bin keine Frau, die einen Mann auf den Leim lockt. Ich mag dich gut leiden, aber ich bin keine … keine Blitzbraut.«
»Das weiß ich doch! Mein Gott, was geht bloß in deinem Kopf vor?« Er sah, daß ihre Augen glitzerten. »Es besteht kein Anlaß, Tränen zu vergießen, nicht wahr?«
»Nein.« Sie rückte ein Stück zur Seite, öffnete ihre Handtasche und nahm ein Papiertaschentuch heraus. » Ayeeyah, ich benehme mich wie ein Teenager oder eine vestalische Jungfrau. Tut mir leid, aber es kam ein bißchen plötzlich, und ich war auf deinen Besuch nicht vorbereitet … Ich bitte untertänigst um Entschuldigung.«
Er lachte. »Entschuldigung nicht angenommen!«
»Gott sei Dank!« Sie musterte ihn. »Für gewöhnlich werde ich mit Männern recht gut fertig, ob es nun Kraftprotze oder Lämmchen sind. Ich glaube, es gibt keinen Annäherungsversuch, dem ich mich nicht schon hätte widersetzen müssen, und ich habe mir immer eingebildet, ich hätte eine todsichere Methode, einen Mann abzuwimmeln, noch bevor er angefangen hat. Doch bei dir … Sei mir nicht böse, aber so geht es mir fast mit jedem Mann, den ich kennenlerne.«
»Ist das sehr schlimm?«
»Nein, aber doch lästig, einen Raum oder ein Restaurant zu betreten und diese lüsternen Blicke zu fühlen. Wie würde wohl ein Mann damit fertig? Du bist jung und siehst gut aus. Wie würdest du reagieren, wenn Frauen sich so verhielten? Nimm an, du wärst heute morgen durch die Halle des Vand A gegangen, und Frauen jeden Alters, schwitzend und stinkend, dicke, dünne, häßliche, alte Omas mit falschen Zähnen und perückenbewehrte Drachen hätten lüstern nach dir geschielt, versucht, dich zu berühren oder dir über das Hinterteil zu streichen!«
»Das gefiele mir gar nicht. Ich weiß, was du meinst, Orlanda. Zumindest kann ich es mir vorstellen. Aber so geht es nun einmal in unserer Welt zu.«
»Ja, und manchmal ist es ganz scheußlich. Oh, ich möchte kein Mann sein, Linc, ich bin sehr froh, daß ich eine Frau bin, aber manchmal ist es schon recht arg. Das ist das Bittere: Man sieht in uns nur ein Ding, das man kaufen kann.«
Er runzelte die Stirn. »Wie sind wir denn auf dieses Thema gekommen?«
»Du hast mich geküßt.«
Er lachte. »Du hast recht. Also habe ich die Standpauke vielleicht verdient. Ich bekenne mich schuldig. Was nun den Kuß angeht, den du mir versprochen hast …«
Aber er rührte sich nicht. Jetzt ist alles anders, dachte er. Sicher wollte ich mit ihr … na ja, schlafen. Sicher will ich es immer noch. Aber wir haben uns verändert.
Ein neues Spiel hat begonnen, aber ich weiß nicht, ob ich mit von der Partie sein will. »Du bist sehr hübsch. Darf ich das sagen?« fragte er und wich so dem Thema aus, das sie gern angeschnitten hätte.
»Ich wollte über diesen Kuß sprechen. Weißt du, Linc, du hast mich auf eine Art überwältigt – ja, ›überwältigt‹ ist das richtige Wort … offen gestanden, ich war darauf nicht vorbereitet.« Ein Lächeln spielte um ihre Lippen. »Du hast mich mit meinem eigenen Verlangen überwältigt, und das ist sehr schlecht oder auch sehr gut. Ich … ich habe deinen Kuß genossen. Noch nie habe ich mich so liebebedürftig und überwältigt gefühlt – und eben dadurch auch bedroht.«
»Du brauchst keine Angst zu haben«, entgegnete er und überlegte, was er tun sollte.
Sein Instinkt sagte ihm: Geh! Sein Instinkt sagte ihm aber auch: Bleib! Klugheit gebot ihm, nichts zu sagen und abzuwarten. Er hörte sein Herz klopfen und den Regen an die Scheiben schlagen. »Ich glaube, ich muß jetzt …«
»Hast du noch ein bißchen Zeit?« fragte sie, denn sie spürte seine Unentschlossenheit.
»Aber natürlich.
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