Hongkong 02 - Noble House Hongkong
jetzt in Aberdeen anzukaufen – Edinburgh verfügt über alle modernen Einrichtungen – Banken, Verkehrsverbindungen, Häfen, Flugplätze –, die wir brauchten, um eine leistungsfähige Organisation aufzubauen. Schottland für die Schotten mit reichlich Öl für den Export? Wenn aber die Stadt London, das Parlament und die Bank von England in den Würgegriff der Linksextremen gerieten …
Bei dem Gedanken, das schwarze Bahrtuch eines linksextremen Sozialismus könnte sich auf England legen, stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Was würden Leute wie Robin Grey oder Julian Broadhurst tun? fragte er sich, und ihn fröstelte. Zweifellos würden sie alles verstaatlichen, auch das Nordseeöl, wenn es welches gäbe, und Hongkong an den Meistbietenden versteigern, das hatten sie selbst gesagt.
Er blätterte um. »Nächster Punkt: Ich glaube, ich habe drei Ihrer Sevrin-Maulwürfe identifiziert. Diese Information war nicht billig – es könnte sein, daß ich noch vor Weihnachten zusätzliche Mittel benötige –, und ich bin mir ihrer Richtigkeit auch nicht sicher. Die Maulwürfe sollen sein: Jason Plumm von einer Gesellschaft mit dem Namen Asian Properties; Lionel Tuke in der Telefongesellschaft; und Jacques deVille von Struan’s …«
»Unmöglich!« stieß Dunross hervor. »AMG ist verrückt geworden! Plumm! Jacques! Wie sollten sie …«
Sein privates Telefon läutete. Automatisch nahm er den Hörer auf. »Ja?«
»Fernamt! Gespräch für Mr. Dunross.«
»Wer will ihn sprechen?« wollte er wissen.
»Nimmt Mr. Dunross ein R-Gespräch aus Sydney, Australien, an? Der Anrufer ist ein Mr. Duncan Dunross.«
Dem Tai-Pan stockte das Herz. »Selbstverständlich! Hallo, Duncan … Duncan?«
»Vater?«
»Hallo, mein Sohn, geht’s dir gut?«
»O ja, prima«, hörte er seinen Sohn antworten. »Entschuldige, daß ich dich an einem Wochentag anrufe, aber der Montagflug ist ausgebucht und …«
»Verdammt, deine Buchung wurde bestätigt, Junge. Ich werde sofort …«
»Nein, Vater, danke, das geht schon in Ordnung! Ich fliege mit einer früheren Maschine der Singapur Airlines, Flug 6, die mittags in Hongkong landet.«
»Ich schicke dir den Wagen, Duncan. Lee Tschoy wird dich erwarten. Aber komm zuerst ins Büro, hörst du?«
»In Ordnung. Ich habe meine Tickets schon umschreiben lassen.«
»Fein. Übrigens kommt Vetter Linbar morgen um acht nach deiner Zeit mit der Quantas. Er wird auch im Haus Quartier beziehen.« Seit den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts unterhielt Struan’s ein ständiges Büro in Sydney, seit 1900 besaß der Konzern ein eigenes Haus. Die ›Hexe‹ hatte sich mit einem schwerreichen Weizenfarmer namens Bill Scragger assoziiert, und bis zum Krach von 1929 hatte das Unternehmen großen Gewinn abgeworfen. »Hast du die Ferien schön verbracht?«
»Phantastisch! Nächstes Jahr komme ich wieder. Ich habe ein tolles Mädchen kennengelernt, Vater!«
»Ach ja?« Dunross hätte lächeln sollen, aber ihn beschäftigte noch immer die beklemmende Möglichkeit, daß Jacques ein Verräter wäre; und wenn er es war und damit ein Teil von Sevrin, lag dann nicht die Vermutung nahe, daß er einige der am sorgsamsten gehüteten Geheimnisse des Konzerns an Bartlett weitergegeben hatte?
»Vater?«
»Ja, Duncan?«
Er hörte das Zaudern, und dann sprudelte sein Sohn hervor: »Ist etwas dagegen einzuwenden, wenn ein Junge eine Freundin hat, die ein bißchen älter ist als er?«
Dunross lächelte. »Na ja«, antwortete er bedächtig, »das hängt davon ab, wer das Mädchen ist, wie alt das Mädchen und wie alt der Mann ist.«
Es entstand eine längere Pause. »Sie ist achtzehn.«
Dunross war sehr erleichtert. Das heißt, sie ist alt genug, um keine Dummheiten zu machen, dachte er. »Eine perfekte Kombination, möchte ich sagen«, fuhr er im gleichen Ton fort, »vor allem dann, wenn der Bursche an die sechzehn ist, groß gewachsen, kräftig, und wenn er die Tatsachen über die Entstehung des Lebens kennt.«
»Oh, ich … Oh! Ich würde natürlich nicht …«
»Mir liegt es fern, Kritik zu üben, mein Junge. Wo hast du sie kennengelernt?«
»Sie war auch auf der Station. Sie heißt Sheila.«
Dunross unterdrückte ein Lächeln. In Australien nannte man eine gewisse Sorte Mädchen Sheilas, so wie man sie in England als birds, Vögelchen, bezeichnete. »Das ist ein hübscher Name«, sagte er. »Sheila – und was weiter?«
»Sheila Scragger. Sie ist eine Nichte vom alten Mr. Tom und
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