Hongkong 02 - Noble House Hongkong
auf Besuch aus England. Sie läßt sich im Guy’s Hospital zur Krankenpflegerin ausbilden. Sie war reizend zu mir, und auf Paldoon war es super. Ich kann dir gar nicht genug für diese herrlichen Ferien danken.« Paldoon war die Scraggersche Viehfarm oder Station, wie man solche landwirtschaftlichen Betriebe in Australien nannte. Paldoon – sechzigtausend Morgen Land, dreißigtausend Schafe, zweitausend Morgen Weizen und tausend Rinder – lag fünfhundert Meilen südwestlich von Sydney und war ein idealer Ferienaufenthalt.
»Laß Tom Scragger schön grüßen, und vergiß nicht, ihm eine Flasche Whisky zu schicken, bevor du fliegst! Ruf mich an, wenn sich bei deinem Flug etwas ändern sollte! Mutter und Glenna sind übrigens heute mit Tante Kathy nach London geflogen. Du wirst also allein in die Schule zurück müssen. Ich …«
»Das ist ja prima, Vater«, fiel sein Sohn ihm fröhlich ins Wort. »Schließlich bin ich ja jetzt ein Mann und fast ein Student.«
»Ja, ja, das bist du.« Eine süße kleine Traurigkeit berührte Dunross, wie er da an seinem Schreibtisch saß, in der Hand, aber vergessen, AMGs Brief. »Bist du mit deinem Geld ausgekommen?«
»Aber ja! Bis auf ein Bier oder zwei habe ich auf der Station kaum etwas ausgegeben. Sage bitte Mutter nichts von meiner Sheila!«
»Natürlich nicht«, versprach er. »Du sollst es ihr selbst erzählen.«
»Ja, prima. Wie geht es ihr denn?«
»Sie befindet sich in bester Verfassung«, antwortete Dunross und ermahnte sich, erwachsen und weise zu sein und sich keine Sorgen zu machen, denn es war ganz normal für Jungen und Mädchen, daß sie wie Jungen und Mädchen handelten. »Also dann bis Montag, Duncan! Danke für deinen Anruf!«
»Ja, und Vater, Sheila hat mich mit dem Wagen nach Sydney gebracht. Sie … sie verbringt das Wochenende bei Freunden und begleitet mich zum Flughafen. Heute abend gehen wir ins Kino, Lawrence of Arabia, hast du den Film gesehen?«
»Ja, er ist hier auch gerade angelaufen.«
»Also dann, Vater, ich muß los … Ich mag dich!«
»Ich dich auch«, erwiderte Dunross, aber die Verbindung war bereits unterbrochen.
Ich bin ein glücklicher Mensch mit meiner Familie, meiner Frau und meinen Kindern, dachte er und fügte sofort hinzu: Wollte Gott, daß ihnen nichts zustößt! Es kostete ihn Überwindung, sich wieder dem Brief zuzuwenden. Unmöglich, daß Jason Plumm oder Jacques kommunistische Agenten sind! Nichts, was sie je gesagt oder getan haben, wies darauf hin. Lionel Tuke? Nein, der auch nicht. Ein häßlicher Bursche und unbeliebt. Na, er vielleicht, aber die anderen beiden? Unmöglich! Tut mir leid, daß AMG tot ist, ich hätte ihn sonst gleich angerufen und gefragt, wie er Jacques …
Er las weiter: »Wie ich schon sagte, ich bin nicht ganz sicher, aber meine Quelle ist normalerweise äußerst verläßlich. Ich bedaure feststellen zu müssen, daß der Agentenkrieg heißer geworden ist, seitdem wir die Spione Blake und Vassal entlarvt haben. Philby, Burgess und MacLean sind bekanntlich übergelaufen und wurden alle in Moskau gesehen. Sie sollten sich darauf einstellen, daß die Spionagetätigkeit in Asien zunehmen wird.
Die freie Welt ist schon im Übermaß ideologisch unterwandert. MI-5 und MI-6, ja sogar die CIA sind angesteckt. Wir waren naiv und vertrauensvoll, aber unsere Gegner erkannten schon bald, daß das zukünftige Gleichgewicht von der Verteilung nicht nur der militärischen, sondern auch der wirtschaftlichen Macht abhängig sein wird. Darum legten sie alles darauf an, sich in Besitz der Betriebsgeheimnisse unserer Großindustrien zu bringen – sie zu stehlen.
Es erscheint mir unheilvoll, daß die Medien unserer freien Welt jeden Hinweis darauf unterlassen, daß alle Fortschritte der Sowjets ursprünglich auf eine uns gestohlene Erfindung oder ein uns abgeluchstes Verfahren zurückgehen; daß sie ohne unseren Weizen verhungern würden; und daß sie ohne unsere immense, immer noch zunehmende finanzielle Hilfe, ohne unsere Kredite, mit denen sie unseren Weizen und unsere Technologie kaufen, ihre ganze militärisch-industrielle Infrastruktur nicht laufend ausbauen könnten.
Ich empfehle Ihnen, Ihre Kontakte mit China zu festigen und zu verstärken. In steigendem Maße sehen die Sowjets in China ihren Hauptfeind. Das wirtschaftlich und militärisch schwache China stellt keine Bedrohung für sie dar. Trotzdem sind sie China gegenüber vor Furcht wie gelähmt.
Ein Grund dafür sind die fünftausend Meilen
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