Hongkong 02 - Noble House Hongkong
ein Major im KGB. Stimmt das?«
»Ja, aber es ist doch lach …«
»Warum, zum Teufel, hat uns niemand gesagt, daß etwas läuft? Du nicht, er nicht und niemand? Wir hätten für den Fall, daß etwas schiefgeht, vorsorgen können. Ich bin Chef von Sevrin, und du operierst jetzt hier, ohne die Verbindung aufrechtzuerhalten oder mich zu informieren.«
»Aber Genosse«, erwiderte Suslew beschwichtigend, »ich wußte überhaupt nichts davon. Metkin tut, was er will. Er ist der Chef, der ranghöchste Mann auf dem Schiff. Ich kann mir nicht vorstellen, was ihm da eingefallen ist. So was Dummes! Er muß verrückt gewesen sein. Gott sei Dank ist er ein opferbereiter Mann, sein Rockaufschlag enthielt Gift und …«
»Er ist ihnen lebend in die Hände gefallen.«
Jetzt war Suslew wirklich geschockt. Er hatte erwartet, Metkin wäre längst tot. »Bist du sicher?«
»Er lebt. Sie haben seinen richtigen Namen und Rang, und während wir hier plaudern, ist er schon mit einer RAF-Maschine auf dem Weg nach London.«
Sekundenlang saß Suslew da wie betäubt. Er hatte es listig so eingerichtet, daß Metkin das Material aus dem Toten Briefkasten holen sollte statt des Agenten, dessen Aufgabe es gewesen wäre. Schon seit Monaten hatte Metkin immer wieder etwas an ihm auszusetzen gehabt; er war ein neugieriger Mensch und daher gefährlich. Dreimal im vergangenen Jahr hatte Suslew Briefe von Metkin an die Zentrale abgefangen, in denen seine Nummer Zwei die leichtfertige Art kritisierte, wie er sein Schiff führte und seine Pflichten erfüllte. Auch über sein Verhältnis mit Ginny Fu hatte er berichtet. Suslew war sicher, daß Metkin ihn absägen wollte – zum Beispiel, indem er der Zentrale seinen Verdacht mitteilte, daß es an Bord der Iwanow eine undichte Stelle gebe – die nur Suslew sein konnte.
»Steht es fest, daß Metkin lebt?« fragte er.
»Ja. Bist du ganz sicher, daß er nichts von Sevrin weiß?«
»Das habe ich dir ja schon gesagt.« Suslews Stimme wurde schärfer. »Du bist doch der einzige, der alle Mitglieder von Sevrin kennt, oder? Nicht einmal Crosse kennt sie alle, stimmt’s?«
»Nein.« Plumm ging zum Kühlschrank und nahm eine Flasche Mineralwasser heraus. Suslew schenkte sich einen Wodka ein; er war froh, daß Sevrin so viele Sicherheitsventile eingebaut hatte: Plumm, der nicht ahnte, daß auch Roger Crosse ein Informant des KGB war … Crosse, der als einziger Suslews wahre Stellung in Asien kannte … die Tatsache, daß weder Plumm noch Crosse von seiner langjährigen Verbindung zu Jacques deVille wußten – daß keines der anderen Mitglieder einander kannte … und keiner von Banastasio, von den Waffen und vom wahren Ausmaß des sowjetischen Vorstoßes in den Fernen Osten wußte. »Ich bin überrascht, daß sie ihn lebend gefaßt haben«, sagte er, und er war es wirklich.
»Roger hat mir erzählt, sie hätten den armen Kerl so schnell gefesselt und ihm einen Halskragen verpaßt, daß er keine Zeit mehr hatte, in den Rockaufschlag zu beißen.«
»Haben sie irgendwelche Beweise an seiner Person gefunden?«
»Das konnte Roger mir nicht sagen. Er mußte verdammt schnell schalten. Wir hielten es für das beste, Metkin so schnell wie möglich aus Hongkong verschwinden zu lassen. Wir hatten höllische Angst, er könnte etwas über uns wissen – er ist doch schon so lange im Geschäft.«
»Crosse wird eine Entscheidung treffen. Wie hat denn der SI überhaupt von der Sache Wind bekommen?« fragte Suslew, der herausfinden wollte, wieviel Plumm wußte. »An Bord meines Schiffes muß es einen Verräter geben.«
»Nein. Roger sagt, der Tip sei von einem Informanten gekommen, den die MI-6 an Bord des Trägers hat. Nicht einmal die CIA wußte davon.«
» Kristos! Warum, zum Teufel, mußte Roger sich als so tüchtig erweisen?«
»Es war Armstrong. Aber wenn Metkin nichts weiß, kann ja nichts passieren.«
Suslew fühlte die forschenden Blicke des Engländers auf sich. Es gelang ihm, seine arglose Miene beizubehalten. »Ich bin sicher, daß Metkin nichts weiß, was uns in Verlegenheit bringen könnte. Trotzdem sollte die Zentrale unverzüglich benachrichtigt werden. Die wissen, wie man mit solchen Situationen fertig wird.«
»Das habe ich schon getan.«
»Gut. Das habt ihr sehr gut gemacht, du und Crosse. Daß du Crosse für die Sache gewonnen hast, war ein brillanter Coup. Ich muß dich noch einmal beglückwünschen.« Suslew meinte das Kompliment ehrlich. Roger Crosse war ein Profi und kein
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