Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Police …« Sinders legte den Kopf zur Seite. »Wenn ich es mir so recht überlege, bleibt uns gar nichts anderes übrig, als das Verfahren zu beschleunigen. Wir werden die Vernehmung um halb sieben streichen und, vorausgesetzt, daß keine bleibenden gesundheitlichen Schäden zu befürchten sind, die stündliche Behandlung fortsetzen – und zwar im roten Zimmer.«
»Aber …«
»Es tut mir leid«, sagte Sinders mit sanfter Stimme. »Ich weiß, daß er Ihr Freund ist, Ihr Freud war, aber jetzt haben uns Ihr Mr. Tiptop und Ihr Mr. Dunross eine Menge Zeit gestohlen.«
SONNABEND
1
9.32 Uhr:
Die JAL-Maschine aus Tokio setzte perfekt auf der Landebahn auf, nahm sofort eine Schubumkehr vor und rollte, ihre Geschwindigkeit verringernd, über das Vorfeld auf das Abfertigungsgebäude zu.
Fluggäste, Besatzungen und Besucher füllten das geschäftige Terminal, Zoll, Polizei und Wartehallen. Die Ausreise war leicht, die Einreise meistens unkompliziert – ausgenommen für japanische Staatsangehörige. Chinesen haben ein langes Gedächtnis. Die Jahre der japanischen Besetzung Chinas und Hongkongs waren noch zu frisch in ihrer Erinnerung. Sie waren zu entsetzlich gewesen, um sie zu vergessen – oder zu verzeihen. Darum wurden japanische Staatsbürger genauer überprüft. Sogar das fliegende Personal der JAL, das jetzt die Sperren passierte, sogar die adretten, hübschen, höflichen Stewardessen, die bei Kriegsende kaum schon am Leben gewesen waren.
Der nächste in der Reihe war ein Amerikaner. »Morgen«, sagte er und reichte dem Beamten seinen Paß.
»Morgen!« Der junge Chinese schlug den Paß auf, warf einen Blick auf die Fotografie und suchte nach dem Visum. Gleichzeitig berührte sein Fuß einen versteckten Schalter. Das war ein Signal für Crosse und Sinders, die in einem nahen Beobachterraum warteten. Sie traten an den Einwegspiegel und beobachteten den Mann an der Spitze einer der Reihen von Fluggästen, die sich vor den Polizeikontrollen drängten.
Der vor einem Jahr ausgestellte Paß lautete auf »Vincenzo Banastasio, männlich, geboren in New York am 16. August 1910. Haare grau, Augen braun.« Beiläufig überflog der Beamte auch die anderen Visa und Stempel: England, Spanien, Italien, Holland, Mexiko, Venezuela, Japan. Er versah das mattgraue Büchlein mit seinem Stempel und reichte es wortlos zurück.
Eine teure Krokoaktentasche unter dem Arm, in der Hand einen bunten Plastikbeutel mit Alkoholika aus dem Duty-Free-Shop, eine mit einem Riemen über der Schulter getragene Kamera, lenkte Banastasio seine Schritte zum Zoll.
»Sieht gut aus, der Mann«, bemerkte Sinders. Crosse schaltete das tragbare Sprechgerät ein. »Verfolgen Sie ihn?« fragte er.
»Ja, Sir«, kam sofort die Antwort.
»Ich bleibe auf dieser Frequenz. Halten Sie mich auf dem laufenden.« Und zu Sinders sagte er: »Wir werden keine Schwierigkeiten haben, ihn zu beschatten.«
»Gut. Ich bin froh, daß ich ihn gesehen habe. Ich habe es gern, wenn ich einen Feind zu Gesicht bekommen kann.«
»Ist er das? Ein Feind?«
»Mr. Rosemont hält ihn dafür. Sie nicht?«
»Ich bin nur sicher, daß er ein Gauner ist – ich kann nicht sagen, wie weit er für den Geheimdienst von Interesse ist.«
Sinders zog die Schultern hoch. »Sind die Wanzen überprüft?«
»Gewiß.« Gestern abend hatten SI-Experten heimlich Wanzen in Banastasios Zimmer im Hilton installiert. Ebenso auch im Büro und der privaten Suite von Fotograf Ng, Vee Cee Ng.
»Wie steht es mit unserem anderen Kunden?« fragte Sinders nach einer Weile zerstreut. »Was glauben Sie, wie lange Sie brauchen werden?«
»Nicht lange.« Crosse lächelte still.
»Wann legen Sie ihn ins rote Zimmer?«
»Ich dachte, mittags wäre der richtige Zeitpunkt. Bevor er aufwacht.«
»Wird Armstrong die Vernehmung durchführen?«
»Ja.«
»Armstrong ist ein guter Mann. Auf der Iwanow ist er sehr gut zurechtgekommen.«
»Hätten Sie etwas dagegen, mich nächstes Mal zu informieren? Schließlich ist das mein Dienstbezirk.«
»Selbstverständlich, Oberinspektor. London hatte es plötzlich furchtbar eilig.«
»Um was geht’s denn? Ich meine, wozu haben Sie ihn für Sonntag vorgeladen?«
»Der Minister schickt mir noch entsprechende Weisungen.« Sinders legte die Stirn in Falten. »Nach seiner Personalakte ist Brian Kwok ein Mann von starkem Charakter. Und wir haben nicht allzu viel Zeit.«
»Ich bin zuversichtlich. Ich habe den Raum selbst dreimal ausprobiert. Ich habe es nie länger als
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