Hongkong 02 - Noble House Hongkong
mir. Ist sein Begleiter auch von der Polizei?«
»Ich nehme es an. Wo haben Sie Armstrong kennengelernt?«
Sie sagte es ihm. »Über die geschmuggelten Waffen gibt es noch nichts Neues.«
»Scheußliche Geschichte.«
»Möchten Sie einen Brandy?«
»Warum nicht? Einen auf den Weg, dann muß ich laufen. Kellner!« Er bestellte die Getränke. »Morgen Punkt zwölf holt Sie der Wagen ab.«
»Danke. Übrigens, auf der Einladung steht ›Damen Hüte und Handschuhe‹. Ist das ernst gemeint?«
»Natürlich. Beim Rennen haben die Damen immer schon Hüte und Handschuhe getragen. Ist das so ungewöhnlich?«
»Dann werde ich mir einen Hut kaufen müssen. Ich habe seit Jahren keinen mehr getragen.«
»Ich persönlich mag Damen mit Hüten.« Dunross sah sich um. Er bemerkte, daß Armstrong und Sinders ihn heimlich beobachteten. Ist es nur Zufall, daß sie hier sind? fragte er sich.
Der Brandy kam. »Zum Wohl!« Sie stießen an.
»Wollen Sie jetzt meine Frage beantworten?«
»Die Antwort lautet ja.« Er schwenkte den Brandy in seinem Glas.
»Ja was?«
Er lachte. »Ja, es ist nicht schwer, es passiert jeden Tag, und ich werde mich jetzt nicht auf das schöne Spiel ›Schlagen Sie Ihre Frau immer noch?‹ einlassen, obwohl dem Vernehmen nach die meisten Damen es schätzen, gelegentlich mit Liebe gezüchtigt zu werden – ob sie nun Hüte tragen oder nicht.«
Sie lachte, und ihre Schatten verflüchtigten sich. »Kommt eben ganz darauf an, nicht wahr?«
»Es kommt ganz darauf an.« Das ruhige, unbeschwerte Lächeln auf seinem Gesicht, musterte er sie. Ja, dachte er und dachte auch sie, es kommt darauf an, auf das Wer und Wann und Wo, auf das Verlangen, und jetzt, jetzt wäre es phantastisch.
Er berührte ihr Glas mit dem seinen. »Zum Wohl«, sagte er. »Und auf Dienstag!«
Sie erwiderte sein Lächeln, und ihr Puls ging schneller. »Ja.«
»Bis dahin kann alles warten, nicht wahr?«
»Ich hoffe es, Ian. Es war ein wunderschöner Abend. Danke für die Einladung. Morgen. – « Sie brach ab, als Nachtzeit Gup vor ihnen auftauchte.
»Verzeihen Sie, Tai-Pan, Telefon.«
»Danke, ich komme gleich.« Dunross verzog den Mund. »Den Bösen wird keine Ruhe gegönnt. Wollen wir, Casey?«
»Natürlich.« Sie stand auch auf; ihr Herz klopfte, ein süßes, schmerzliches Sehnen ergriff von ihr Besitz. »Ich kümmere mich schon um die Rechnung.«
»Danke, ist nicht nötig. Sie wird automatisch ins Büro geschickt.« Dunross ließ ein Trinkgeld zurück und begleitete sie zum Aufzug. Eine Sekunde lang war er versucht, mit ihr hinaufzufahren, um den Lästerzungen etwas zu tun zu geben. Aber das hieße nun wirklich, sich den Teufel auf den Hals laden, dachte er, und ich habe schon genug Teufel, die mich plagen. »Gute Nacht, Casey, bis morgen! Grüßen Sie Linc!«
Er hob grüßend den Arm und ging zur Rezeption.
Die Tür des Aufzugs schloß sich hinter ihr. Wenn wir nicht in Hongkong wären, du könntest mir nicht entwischen, Ian Dunross, nicht heute nacht! Heute nacht würden wir uns lieben, o ja, das würden wir!
Dunross nahm den Hörer auf. »Hallo, hier spricht Dunross.«
»Tai-Pan?«
»Hallo, Lim«, sagte er, nachdem er die Stimme seines Majordomus erkannt hatte.
»Was gibt’s?«
»Mr. Tip Tok-toh hat eben angerufen, Sir. Er hat mich gebeten, zu versuchen, Sie zu erreichen. Sie sollen zurückrufen – jederzeit vor zwei Uhr früh oder morgen nach sieben.«
»Danke. Sonst noch was?«
»Um acht hat Miss Claudia telefoniert und gesagt, sie hätte Ihren Gast …« Das Rascheln von Papier – »Mrs. Gresserhoff im Hotel untergebracht und daß der Termin morgen um elf in Ihrem Büro in Ordnung geht.«
»Gut. Weiter?«
»Missie hat von London aus angerufen – alles okay – und ein Dr. Samson aus London.«
»Ah!« Kathys Spezialist. »Hat er eine Nummer hinterlassen?« Lim gab sie ihm. »Ist Tochter Nummer Eins schon zu Hause?«
»Nein, Tai-Pan. Tochter Nummer Eins kam gegen sieben, zusammen mit Mr. Haply. Sie blieben nur kurz und gingen dann wieder.«
»Danke, Lim! Ich rufe Tiptop an und komme dann nach Hause.«
Er legte auf, hob ab und wählte.
» Weyyyy? « Er erkannte Tiptops Stimme. »Guten Abend, hier spricht Dunross.«
»Ach, Tai-Pan! Augenblick, bitte!« Er hörte, wie eine Hand über die Sprechmuschel gelegt wurde. Er wartete. »Tut mir leid, daß Sie warten mußten. Ich habe sehr unerfreuliche Neuigkeiten.«
»Oh!«
»Ja. Ihre Polizei agiert wieder einmal wie Hundelungen und Wolfsherzen. Sie hat
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