Hongkong 02 - Noble House Hongkong
falsch, und in einer Ecke stieß der Fußboden mit der Decke zusammen. Die schräggeneigte hohe Decke war eine scharlachfarbene Glasplatte. Festgemacht an dieser Deckenplatte waren scharlachfarbene Stühle und ein Tisch. Auf dem Tisch lagen Federhalter und Papier, auf den Stühlen scharlachfarbene Kissen, so als ob sie auf dem Fußboden ständen. In der Nähe stand eine falsche Tür halb offen … Plötzlich Finsternis. Dann das grelle, lähmende Aufflammen der roten Farbe. Finsternis, Scharlach, Finsternis, Scharlach. Unwillkürlich tastete er nach der Wirklichkeit des Tisches, der Stühle und der Tür, stolperte und stürzte. Unmöglich, sich zu orientieren. Plötzlich oben Wasser, die Scheibe verschwamm. Scharlachrotes Wasser auf dem Fußboden über ihm. Finsternis und das Hämmern von Stimmen, und wieder eine rote Hölle. Sein Magen sagte ihm, daß er mit dem Kopf nach unten hing, aber sein Verstand sagte, daß alles nur ein Trick war. Mach die Augen zu, es ist nur ein Trick, ein Trick, ein Trick …
Nach einer Ewigkeit, als schließlich wieder normales Licht den Raum erhellte und die echte Tür aufging, lag er würgend am Boden. »Saukerl!« hatte er Crosse angefahren. »Eine Minute, haben Sie gesagt, Sie verlogenes Schwein!« Schwer atmend und taumelnd hatte er sich hochgekämpft.
»Tut mir leid, aber es war nur eine Minute«, sagte Crosse.
»Das glaube ich nicht …«
»Ehrlich«, bestätigte Sinders, »ich habe die Zeit gestoppt. Wirklich toll. Außerordentlich wirksam.«
Bei dem Gedanken an das scharlachrote Wasser, den Tisch und die Stühle mußte Armstrong nach Atem ringen. Er konzentrierte sich wieder auf Brian Kwok. »Was hast du da gesagt? Du hast unsere Dossiers an deinen Freund Raffzahn Lo weitergegeben?«
»Nein, es war nicht … Ich bin müde, Robert, müde … was …«
»Wenn du müde bist, gehe ich.« Er erhob sich. »Nächsten Monat werde ich …«
»Nein … nein … bitte, geh nicht … ich will … nein, geh nicht, bitte!«
Also blieb er und setzte das Spiel fort, wohl wissend, daß es ein unfaires Spiel und daß der Gefangene so desorientiert war, daß man ihn dazu bringen konnte, alles zu gestehen und alles zu unterschreiben. »Solange du redest, bleibe ich, alter Freund. Du hast Raffzahn Lo erwähnt, den Mann im Princes Building. War er der Zwischenträger?«
»Nein … nein … gewissermaßen … Dr. Meng … Dr. Meng nahm die Päckchen mit, die ich liegenließ … Meng wußte ja nicht, daß ich, daß ich … Er brachte sie zu Lo, und der wurde bezahlt, damit er sie einem anderen Mann, ich weiß nicht, wem, gab … ich weiß nicht …«
»Ich glaube, du weißt es, Brian. Ich glaube, du willst gar nicht, daß ich noch bleibe.«
»O Gott, doch … ich schwöre es … Raffzahn … Raffzahn muß es wissen, oder vielleicht Ng, Vee Cee Ng, Fotograf Ng, er steht auf unserer Seite, frag ihn, er wird es wissen … Er und Tsuyan haben das Thorium importiert …«
»Was ist Thorium?«
»Ein seltenes Metall … für die Atomkraft, unsere Atomkraft … Ja, ja, in wenigen Monaten haben wir unsere eigenen Atom- und Wasserstoffbomben.« Brian Kwok bekam einen hysterischen Lachanfall. »Die erste Atomexplosion in ein paar Wochen, natürlich noch nicht perfekt, aber es ist ja die erste, und bald werden wir Wasserstoffbomben haben, Dutzende, um uns gegen diese Imperialisten zu verteidigen, die uns vernichten wollen! Denk doch mal, Robert! Der Vorsitzende Mao hat es geschafft … Und dann nächstes Jahr Wasserstoffbomben. Joe wird uns helfen, Joe Yu wird … Wir werden unser Land zurückholen!« Er streckte die Hand aus und umklammerte Armstrongs Arm, aber sein Griff war schwach. »Wir führen ja jetzt Krieg, wir mit den Sowjets. Tschung Li hat es mir gesagt, er ist mein … mein V-Mann … Ja, einen heißen Krieg. Im Norden am Amur Divisionen, keine bloßen Patrouillen, dort töten sie noch mehr Chinesen und stehlen noch mehr Land, aber nicht mehr lange.« Er ließ sich erschöpft zurückfallen und fing an, irreredend vor sich hin zu murmeln.
»Atomkraft? Nächstes Jahr? Das nehme ich dir nicht ab«, sagte Armstrong mit gespieltem Mißtrauen, überwältigt von diesem nicht enden wollenden Erguß von genauen Angaben und Namen. Du lieber Himmel, Atombomben schon in wenigen Monaten? Die Welt lebt in dem Glauben, daß sie nicht vor zehn Jahren soweit sein können. China mit Atom- und Wasserstoffbomben?
Geduldig ließ er Brian Kwok zu Ende kommen und fragte dann
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