Hongkong 02 - Noble House Hongkong
tausend Dollar auf ein Pferd wetten.«
»O danke, Tai-Pan.«
»Aber jetzt wieder an die Arbeit, Claudia!« Er drückte auf den Knopf der Leitung vier. »Ja, Andrew? Wie schaut’s aus?«
Gavallan informierte ihn über das Wichtigste. »Zwanzig Millionen in bar?« fragte er ungläubig.
»In herrlichem, wunderschönem amerikanischem Bargeld!« Dunross hörte förmlich, wie er strahlte. »Und als ich sie fragte, ob Bartlett das Abkommen bestätigen würde, hatte die kesse Biene doch die Stirn zu sagen: ›Oh, es ist schon bestätigt – ich kann für dieses Geschäft Verbindlichkeiten bis zu 20 Millionen eingehen, ohne ihn oder sonst jemanden um Rat zu fragen.‹ Hältst du das für möglich?«
»Ich weiß es nicht. Ich werde Bartlett fragen.«
»He, Tai-Pan, wenn das klappt …«
Gavallan plapperte begeistert weiter, aber Dunross hörte kaum zu. Es ist ein unglaubliches Angebot, ging es ihm durch den Sinn. Es ist zu gut. Wo ist der Haken?
Um die Folgen ererbter Katastrophen abzuwenden, aber auch um der Natur und der Politik zu entgehen, die von allen Seiten die Welt bedrängten, hatte er seit dem Tag, da er Tai-Pan geworden war, immer wieder manipulieren, lügen, schmeicheln und sogar drohen müssen – Havergill in der Bank, um nur einen zu nennen. Selbst die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft hatte ihm nicht das erwartete Kapital und die nötige Atempause gebracht – eine weltweite Rezession hatte die Märkte in schwere Krisen gestürzt. Im August vorigen Jahres hatte der Taifun Wanda zugeschlagen: Hunderte Tote, Hunderttausende obdachlos, ein halbes Tausend Fischerboote und zwanzig Schiffe gesunken, einer ihrer Dreitausendtonner an der Küste zerschellt, ihr riesiger, zur Hälfte fertiggestellter Lagerhauskomplex zerstört und ihr ganzes Bauprogramm um sechs Monate zurückgeworfen. Die Auseinandersetzung zwischen China und Rußland, und wieder Rezession …
Und jetzt habe ich 20 Millionen Dollar so gut wie in der Tasche, aber irgendwie sind wir, glaube ich, in einen Waffenschmuggel verwickelt. Tsuyan ist scheinbar auf der Flucht, und wo John Tschen steckt, weiß nur der liebe Gott.
»Himmel Arsch nochmal!« explodierte er.
»Was?« Gavallan unterbrach sich erschrocken. »Was ist denn?«
»Ach, nichts, Andrew«, beruhigte er ihn. »Hat nichts mit dir zu tun. Erzähl mir von ihr! Wie ist sie?«
»Sie kann mit Zahlen umgehen, sie ist schnell und selbstsicher, aber ungeduldig. Sie ist die steilste Biene, die ich seit Jahren gesehen habe, und sie hat zweifellos den attraktivsten Milchladen in der ganzen Stadt.«
Gavallan erzählte Dunross von den Wetten. »Linbar ist uns gegenüber im Vorteil.«
»Ich werde Foster feuern und Linbar auf sechs Monate nach Sydney schicken, damit er dort Ordnung macht.«
»Gute Idee.« Gavallan lachte. »Schluß mit dem Bummelleben, obwohl die Damen dort unten sehr entgegenkommend sein sollen.«
»Was meinst du? Wird die Sache klappen?«
»Ja. Philip war ganz begeistert. Aber mit einer Frau Geschäfte zu machen, ist beschissen, das kannst du mir glauben. Meinst du nicht, wir könnten sie umgehen und mit Bartlett direkt verhandeln?«
»Nein. Er hat in seinen Briefen sehr klar gesagt, daß K. C. Tcholok seine Chefunterhändlerin ist. Hast du ihre schwache Stelle gefunden?«
»Ungeduld. Sie möchte ›dazugehören‹ – einer von den Jungens sein. Sie möchte unbedingt in die Welt aufgenommen werden, die den Männern vorbehalten ist – das ist ihre Achillesferse, möchte ich sagen.«
»Daraus kann man ihr keinen Vorwurf machen. Die Besprechung mit Dawson ist für morgen um elf angesetzt?«
»Ja.«
»Veranlasse Dawson, den Termin abzusagen, aber erst morgen um neun. Er soll eine Ausrede erfinden und den Termin dann auf Mittwoch mittag verlegen.«
»Gute Idee. Wir lassen sie ein bißchen zappeln, was?«
»Sage Jacques, daß ich selbst die Konferenz leiten werde.«
»Ja, Tai-Pan. Was ist mit John Tschen? Soll er auch dabei sein?«
Nach einer kleinen Pause antwortete Dunross: »Hast du ihn schon gesehen?«
»Nein. Wir erwarten ihn zum Lunch – soll ich ihn suchen?«
»Nein. – Hör mal …« Die Gegensprechanlage summte. »Augenblick, Andrew.« Er drückte auf den Knopf. »Ja, Claudia?«
»Ich muß Sie leider unterbrechen, Tai-Pan, aber ich habe Ihr Gespräch mit Mr. Jen in Taipeh auf Leitung zwei, und Mr. Bartlett ist eben gekommen.«
»Bringen Sie ihn herein, sobald ich mit Jen fertig bin.« Er schaltete zu Gavallan um.
»Ich werde mich vielleicht
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