Hongkong 02 - Noble House Hongkong
einen Fuß verloren.«
»Entsetzlich! Lassen Sie mich …« Gornt bekam die Betonplatte besser zu fassen, rückte sie zur Seite und sprang in die Grube hinein. Sekunden später drehte er sich um und streifte Dunross mit einem Blick. »Tut mir leid, aber der Mann ist tot.«
»O Gott! Sind Sie ganz sicher?«
Gornt hob Clinker auf wie eine Puppe. Sie legten ihn ins Freie.
»Konnte er Ihnen noch sagen, in welchem Stock er sich aufhielt? Ob er allein war?«
Dunross schüttelte den Kopf. »Er hat etwas von einem Hausmeister erzählt und von einer gewissen Mabel.«
Gornt ließ das Licht um sie herumkreisen. »Haben Sie sonst hier irgend etwas gehört?«
»Nein.«
Sanitäter befanden sich in der Nähe. Dunross winkte sie heran. »Wir machen das schon, verehrter Herr«, sagte einer. Sie hoben die Leiche auf eine Trage und eilten davon.
»Hören Sie, Quillan, bevor wir wieder bei Casey sind. Sie hat …«
»Sie meinen wegen Bartlett?«
»Ja, sie hat mir gesagt, daß er in Orlandas Wohnung war. Im achten Stock.«
Dunross blickte den Steilhang hinunter. Dort waren jetzt schon mehr Lichter zu sehen. »Wo könnte das hingefallen sein?«
»Er muß tot sein. Bedenken Sie doch: der achte Stock!«
»Schon. Aber wo ungefähr?«
»Von hier kann ich nicht viel sehen. Vielleicht wäre es möglich, aus der Nähe etwas zu erkennen, aber ich bezweifle es. Es müßte ganz unten sein, fast schon an der Sinclair Road.«
»Er könnte noch leben. Eingeschlossen. Schauen wir doch einmal nach!«
Gornt verzog sein Gesicht zu einem spöttischen Lächeln. »Sie brauchen ihn und sein Deal, nicht wahr?«
»Nein, jetzt nicht mehr.«
»Unsinn.« Gornt kletterte auf einen Trümmerhaufen. »Casey«, brüllte er, »wir versuchen es weiter unten! Gehen Sie zur Sperre zurück, und warten Sie dort!«
Sie hörten sie schwach zurückrufen: »In Ordnung, seien Sie vorsichtig!« Und dann sagte Gornt verdrießlich: »Na schön, Gunga Din, wenn Sie es schon darauf angelegt haben, den Helden zu spielen, wollen wir es auch gleich richtig machen. Ich gehe voran.« Er setzte sich in Bewegung.
Vorsichtig arbeiteten sie sich den Hang hinunter. Da und dort sahen sie eine Leiche oder menschliche Körperteile, aber es war niemand dabei, den sie kannten. Sie kamen an einigen Überlebenden vorbei und an Verwandten von Vermißten. Die Leute gruben fieberhaft – mit den Händen, mit einem Stück Holz, mit dem, was sie finden konnten.
Am Fuß des Steilhangs blieb Gornt stehen und untersuchte mit seiner Lampe sorgfältig die Trümmer.
»Sehen Sie was?« fragte Dunross.
»Nichts.« Gornt kletterte ein Stück hinauf. Er suchte Spuren, die auf Orlandas Apartment oder das von Asian Properties im fünften Stock hinwiesen. »Das könnte Plumm gehört haben«, sagte er. Das Sofa war in zwei Teile gebrochen, die Federn standen heraus.
»Hilfe! Hilfe im Namen aller Götter!« Der schwache Hilferuf eines kantonesisch Sprechenden kam aus diesem Teil des Geländes. Sofort kletterte Gornt dem Klang nach, denn er glaubte Vierfinger Wus Stimme erkannt zu haben. Dunross folgte ihm wie ein Schatten. Über und über mit Staub bedeckt, saß ein alter Chinese mitten in einem Haufen Schutt und Trümmer. Er schien unverletzt zu sein und sah sich verdattert um. Als Gornt und Dunross auf ihn zukamen, verzog er, von ihrem Licht geblendet, das Gesicht.
Sofort erkannten sie ihn und er sie. Es war Lächler Tsching, der Bankier. »Was ist geschehen, Ehrenwerte Herren?« Er sprach Kantonesisch mit starkem Akzent. Sie sahen seine vorstehenden Zähne.
Gornt sagte es ihm, und der Alte sperrte den Mund auf. »Bei allen Göttern, das ist unmöglich! Lebe ich? Bin ich wirklich am Leben geblieben?«
»Zweifellos. In welchem Stockwerk haben Sie gewohnt, Mr. Tsching?«
»Im zwölften – ich saß in meinem Wohnzimmer vor dem Fernseher.« Lächler Tsching forschte in seiner Erinnerung und zog eine Grimasse. »Ich hatte gerade diese Venus Poon gesehen, als … als es einen gewaltigen Krach aus der Richtung Conduit Road gab. Und dann … dann bin ich vor ein paar Minuten hier aufgewacht.«
»Wer war außer Ihnen noch in der Wohnung?«
»Meine amah. Erste Frau ist Mah-Jongg spielen gegangen.« Der kleine alte Mann stand vorsichtig auf, befühlte behutsam seine Glieder und kicherte erleichtert.
» Ayeeyah, bei allen Göttern, ein verschlissenes Wunder ist das, Erster Tai-Pan und Zweiter Tai-Pan! Offensichtlich sind mir die Götter gewogen, zweifellos bekomme ich meine Bank und mein
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