Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Gesichts. Stimmen Sie mir zu, Robert?«
»Ja, Sir.«
»Das ist schon etwas.« Crosse lehnte sich in seinem Sessel zurück und fing an zu schaukeln. Seine Augen bohrten sich in die seiner Untergebenen, die sich fragten, wer die Informanten sein mochten und warum sie den Chef informiert hatten.
Die CIA kann es nicht sein, dachte Brian Kwok. Die hätten den Bericht selbst abgefangen. Die haben es nicht nötig, sich ihre Schmutzarbeit vom SI besorgen zu lassen.
Aber wenn nicht sie, wer dann? Es muß jemand im Nachrichtendienst sein, der das Abfangen nicht selbst besorgen kann oder konnte und auf besonders gutem Fuß mit Crosse steht. Ein Konsularbeamter? Möglich. Johnny Mishauer vom Marinenachrichtendienst? Die Sache fällt nicht in sein Ressort. Ah ja, der FBI-Mann, Crosses Schützling! Ed Langan. Aber woher sollte Langan von dieser Akte wissen? Ein Hinweis aus London? Wenn der Tip aus London kam, hätten MI-5 oder MI-6 als erste Wind davon bekommen. Sie hätten sich das Material an der Quelle beschafft, es uns über Telex durchgegeben und uns wegen Unfähigkeit in unserem eigenen Hinterhof einen Rüffel erteilt. Ist die Maschine des Kuriers im Libanon zwischengelandet? Ich glaube mich zu erinnern, daß dort ein FBI-Mann sitzt. Ist die Information weder aus London noch aus Beirut gekommen, muß sie aus dem Flugzeug selbst stammen. Aha – ein mitreisender, uns wohlgesinnter Informant, der die Akte unter dem Umschlag sah. Ein Mann von der Besatzung? Ayeeyah! War es eine Maschine der TWA oder der Pan Am? Das FBI hat dort alle erdenklichen Verbindungen, enge Verbindungen mit allen möglichen Leuten, und das ist gut so. O ja. Kommt auch Sonntag eine Maschine? Ja. Pan Am. Ankunftszeit 20 Uhr 30. Bis man es bis ins Hotel geschafft hat, ist es schon zu spät für die Übergabe. Perfekt.
»Eigenartig, daß der Kurier mit Pan Am und nicht mit BOAC geflogen ist – das ist doch ein viel besserer Flug«, sagte er, stolz auf seine logischen Fähigkeiten.
»Ja, das dachte ich auch«, erwiderte Crosse im gleichen ruhigen Ton. »Scheußlich unbritisch von ihm. Allerdings landet Pan Am fast immer pünktlich. Bei der alten BOAC weiß man das nie so genau …« Zufrieden nickte er Brian zu. »Prima, Sie dürfen sich in die erste Bank setzen. Was folgern Sie außerdem noch?«
Nach einer Pause antwortete Brian Kwok: »Als Gegenleistung für den Tip haben Sie sich bereit erklärt, Langan eine Kopie der Akte zu überlassen.«
»Und?«
»Und Sie bedauern, Ihr Versprechen gehalten zu haben.«
Crosse seufzte. »Warum?«
»Das werde ich erst wissen, nachdem ich die Akte gelesen habe.«
»Heute nachmittag übertreffen Sie sich wirklich selbst, Brian. Gut.« Zerstreut fingerte der Chef in der Akte, und beide Männer wußten, daß er sie ganz bewußt reizte, aber sie kannten den Grund nicht. »In anderen Teilen dieses Berichtes finden sich noch ein oder zwei merkwürdige Zufälle. Es tauchen Namen auf wie Vincenzo Banastasio … Treffpunkte wie die Sinclair Towers … Ist Ihnen die Nelson Trading ein Begriff?«
Beide schüttelten den Kopf.
»Alles sehr sonderbar. Rote zu unserer Rechten, Rote zu unserer Linken …« Seine Augen wurden frostiger. »Wie es scheint, haben wir einen Verbrecher in unseren eigenen Reihen; möglicherweise im Rang eines Inspektors.«
»Unmöglich!« entfuhr es Armstrong unwillkürlich.
»Der Spion Sorge war unmöglich – Kim Philby war unmöglich – du lieber Himmel, Philby!« Der plötzliche Abfall dieses Engländers, dieses früheren Spitzenagenten des MI-6 – des britischen militärischen Nachrichtendienstes – im Januar dieses Jahres und seine Flucht nach Sowjetrußland hatte in der ganzen Welt Bestürzung hervorgerufen – nicht zuletzt deshalb, weil Philby bis vor kurzem Erster Sekretär an der britischen Botschaft in Washington gewesen war und in Sicherheitsfragen verantwortlich für die Zusammenarbeit auf höchster Ebene mit der CIA, dem amerikanischen Verteidigungs- und dem Außenministerium. »Wie konnte er alle diese Jahre sowjetischer Agent sein und unentdeckt bleiben? Auch unmöglich, nicht wahr?«
»Ja, Sir.«
»Und doch war er es und kannte jahrelang unsere bestgehütetsten Geheimnisse. Ohne jeden Zweifel von 1942 bis 1958. Und wo und wann hatte er seine Spionagetätigkeit aufgenommen? In Cambridge im Jahre 1931. Für die Partei angeworben von den anderen Erzverrätern Burgess und MacLean, mögen sie beide in aller Ewigkeit in der Hölle schmoren! Wen haben sie noch
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