Honig
Glaskasten, diesem Bildungswarenhaus hocken musste, weil er nicht in so einer Umgebung studieren konnte wie ich, mit Rasen wie Billardtische und honiggelben Kalksteingemäuern. Aber Du täuschst Dich. Ich wollte Dich nur daran erinnern, warum ich Dir einen Flunsch ins Gesicht gemalt habe bei Deinem Gang über den Campus zu den Klängen von Jethro Tull, ein spöttisches Grinsen, das ich gar nicht gesehen haben kann. Das war eine wohlbegründete Vermutung, eine Extrapolation.
So viel zu meinen Recherchen. Ich hatte mein Material beisammen, das Blattgold, und die Motivation, es in Form zu schlagen. Ich habe geschrieben wie im Rausch, mehr als hunderttausend Wörter in etwas über drei Monaten. Der Austen-Preis, bei aller Begeisterung und Anerkennung, kam mir wie eine ungeheure Ablenkung von meiner Arbeit vor. Ich hatte mir fünfzehnhundert Wörter pro Tag zum Ziel gesetzt, sieben Tage die Woche. An manchen Tagen, wenn meine Phantasie nachließ, war das kaum möglich, an anderen war es ein Kinderspiel, wenn ich unsere Gespräche Minuten danach nur aufzuschreiben brauchte. Manchmal schrieben die Ereignisse ganze Kapitel für mich.
Ein aktuelles Beispiel ist der letzte Samstag, als Du vom Einkaufen zurückgekommen bist und mir den Guardian -Artikel gezeigt hast. Ich wusste inzwischen, dass Greatorex den Einsatz erhöht hatte und die Ereignisse sich überschlagen würden. Ich konnte das Täuschungsmanöver, Deins und meins, aus nächster Nähe verfolgen. Ich sah Dir die Furcht an, entlarvt und angeprangert zu werden. Ich gab vor, Dich zu sehr zu lieben, um Verdacht zu schöpfen – das war ganz leicht. Dein Vorschlag, eine Presseerklärung [452] abzugeben, war natürlich sinnlos, aber warum nicht? Die Geschichte schrieb sich selbst. Außerdem war es Zeit, auf das Geld von der Stiftung zu verzichten. Ich fand Deinen Versuch rührend, mich von der Beteuerung abzubringen, dass ich niemals Kontakt zum Geheimdienst gehabt habe. Du wusstest, wie verwundbar ich war, wie verwundbar Du mich gemacht hattest, und Du hast Höllenqualen gelitten und mich schützen wollen. Warum also habe ich darauf beharrt? Wegen der Geschichte! Ich konnte nicht widerstehen. Und ich wollte mich vor Dir wie ein Unschuldiger gebärden. Ich wusste, ich würde mir großen Schaden zufügen. Aber das war mir egal, ich war rücksichtslos und wie besessen, ich wollte sehen, was passiert. Ich nahm an – mit Recht, wie sich gezeigt hat –, dies sei das Endspiel. Während Du auf dem Bett lagst und über Dein Dilemma nachdachtest, machte ich mich ans Werk und schilderte die Szene, wie Du in Deinem Café am Markt die Zeitungen liest, notierte auch gleich unser ganzes Gespräch, solange es noch frisch war. Nach dem Lunch bei Wheeler’s liebten wir uns. Danach bist Du eingeschlafen, und ich habe weitergemacht, die letzten Stunden niedergeschrieben und überarbeitet. Als ich am frühen Abend ins Schlafzimmer kam und Dich weckte, hast Du meinen Schwanz in die Hand genommen und in Dich reingesteckt und mir ins Ohr geflüstert: »Du bist unglaublich.« Hoffentlich stört es Dich nicht. Auch das habe ich aufgeschrieben.
Sieh den Tatsachen ins Auge, Serena, die Sonne geht über dieser faulen Affäre unter, der Mond und die Sterne auch. Heute Nachmittag – Dein Gestern, vermute ich – läutete es an der Tür. Ich ging runter und machte auf, und vor mir [453] stand eine Frau vom Daily Express. Freundlich und in aller Offenheit erklärte sie mir, was am nächsten Tag in der Zeitung stehen würde: Man werde mich als verlogenen, gierigen Schwindler hinstellen. Sie las mir sogar Teile ihres Artikels vor, beschrieb mir auch die Fotos und fragte höflich, ob ich ein Zitat beisteuern wolle. Ich hatte nichts zu sagen. Sobald sie gegangen war, machte ich mir Notizen. Morgen werde ich nicht in der Lage sein, mir den Express zu kaufen, aber das macht nichts, denn ich werde heute Nachmittag noch einbauen, was sie mir erzählt hat, und Dich ihren Artikel im Zug lesen lassen. Ja, es ist aus. Die Reporterin hat mir erzählt, ihre Zeitung habe bereits Kommentare von Edward Heath und Roy Jenkins. Ich werde der öffentlichen Schande preisgegeben. Wir alle. Man wird mir vorwerfen, und mit Recht, in meiner Presseerklärung gelogen zu haben, Geld aus einer schmutzigen Quelle angenommen zu haben, meine geistige Unabhängigkeit verkauft zu haben. Deine Auftraggeber haben sich leichtsinnig in Dinge eingemischt, die sie nichts angehen, und ihre politischen Dienstherren in eine peinliche Lage
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