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Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)

Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)

Titel: Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélie Engel
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... und trotzdem lässt er keine Gelegenheit aus, dich zu behandeln, als wolle er allen Zorn der Welt ausgerechnet an seinem zarten Körper auslassen."
    "Schlimm ist es für mich nur, wenn er mich benutzt und ich merke, dass er gar nichts dabei fühlt, weil..." Sie brach ab und dachte an die letzte Nacht. Wie teilnahmslos, wie freudlos er gewirkt hatte, als er sie heftig von hinten genommen hatte. ... weil es ihm eigentlich auch keinen Spaß macht, wenn er mir keine Lust bereitet .
    "Ja?", hakte Lucien nach.
    Sie beschloss, ihm nicht die Wahrheit zu sagen. "Weil er so verbissen dabei schweigt und mich dann einfach wortlos zurücklässt."
    "Wie küsst mein Bruder so?", fragte Lucien plötzlich und schien sich trotz der intimen Frage nicht unwohl zu fühlen.
    Zärtlich und neugierig, genau wie ich. Sie schluckte die Worte, die ihr schon auf der Zunge gelegen hatten, energisch hinunter. "Ganz gut", erwiderte sie schulterzuckend.
    Lucien zog ein schelmisches Gesicht über ihrer offensichtlichen Untertreibung. "Wirklich?"
    "Ja" erwiderte Jeanne und tat arglos.
    "Und wenn ich dich küsse...?"
    Luciens Küsse waren routiniert und gekonnt zugleich. Sie mit Balthasars zu vergleichen wäre sinnlos. "Du weißt sehr genau, was du tust."
    Lucien nickte, dann wurde sein Blick wieder ernst. "Interessant."
    "Wieso?"
    Lucien ließ ihre Hand aus seiner gleiten und stand auf. "Weil ich meinen Bruder noch nie zuvor eine Frau habe küssen sehen." Er verzog sich wieder an seinen Sekretär und ließ Jeanne mit dieser ungeheuerlichen Neuigkeit zurück.
     
    Wenig später, Jeanne überlegte immer noch, ob diese Neuigkeit wahr sein könnte, hob Lucien den Kopf von den Papieren und sah zu ihr hinüber.
    "Ich hatte ganz vergessen, mich zu erkundigen, ob du nun ein Buch lesen wolltest oder nicht? Dank Balthasars Leidenschaft für altes Papier sind wir ziemlich gut ausgerüstet damit." Er grinste jungenhaft.
    "Das Lesen fällt mir schwer", erwiderte Jeanne schüchtern. "Und ich bin nicht besonders gut darin." Lucien erhob sich von seinem Stuhl und ging zu der Bücherwand, die scheinbar in jedem der Wohnräume obligatorisch war. Er suchte eine Weile, dann zog er ein großes dickes Buch hervor, dessen roter Seideneinband aufwändig verziert war. Lächelnd kam er zu ihr und klappte es auf. "Es ist ein Kinderbuch. Es handelt von einem kleinen Hasen, der den Vollmond mit einem Keks verwechselt und sich auf den Weg macht, den Mond zu erreichen, um ihn dann anzuknabbern."
    Jeanne schaute gerührt auf die Seiten und erkannte erst jetzt die fremdländischen Zeichen. "Das kann ich nicht lesen...", murmelte sie hilflos.
    "Das musst du auch nicht", erwiderte Lucien sanft. "Es sind chinesische Schriftzeichen. Niemand hier kann sie entziffern. Doch das Buch hat auf jeder Seite ein gemaltes Bild. Man kann die Geschichte so genauso gut nachvollziehen. Die Schriftzeichen sind eigentlich unnötig."
    "Wirklich?" Aufgeregt blätterte Jeanne die Deckseite um und dort erschien das Bild eines kleinen grauen Hasen, inmitten von seltsam aussehenden Pflanzen, der sehnsüchtig den Mond anschaute.
    "Er trifft viele interessante Tiere auf seiner Reise und muss so einige Abenteuer überstehen..", sagte Lucien leise, den Blick fest auf ihren glänzenden Augen.
    Jeanne strich über das raue Papier. "Was für eine wunderschöne Idee", murmelte sie gerührt. "Vielen Dank!" Sie sah zu ihm hoch und bemerkte seinen Blick. War das etwa Traurigkeit in seinen Augen?  
    "Gerne", erwiderte er, doch seine Stimme klang belegt. "Es ist wirklich ein gelungenes Buch." Dann drehte er sich um und begab sich wieder an seinen Sekretär.
     
    Jeanne hingegen verbrachte fast den gesamten Nachmittag damit, den kleinen grauen Hasen auf seiner langen Reise zu begleiten. Sie sah Tiere und Pflanzen, die sie nicht kannte und war so in die Geschichte vertieft, dass erst das schrille Wiehern eines Pferdes sie in die Realität zurückbrachte. Sie hob den Kopf und ertappte Lucien dabei, wie er sie gedankenverloren beobachtete.
    "Es scheint spannend zu sein", lächelte er. Sie nickte begeistert. Luciens Blick glitt zum Fenster. "Das wird Balthasar sein. Rechne damit, dass er sich fürchterlich aufregt, weil ich dich aus dem Kerker befreit habe." Er schob den Stapel Papiere ordentlich zusammen. "Aber kein Angst, er wird nur auf mich wütend sein. Und mich beeindruckt das überhaupt nicht."
    Jeanne ließ das Buch angespannt auf ihre Knie sinken. Schon hörten sie Schritte in der

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