Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)
kleines Frühstück zusammen. Wirklich viel Hunger hatte sie nicht, doch es fiel ihr immer schwer, dem Angebot an Köstlichkeiten zu widerstehen.
Gestärkt griff sie nach zwei hölzernen Eimern, um das schmutzige Wasser aus dem Badezuber nach oben auf den Hof zu schleppen. An der obersten Stufe empfing sie bereits ein warmer Windhauch. Sie trat hinaus auf den ummauerten Innenhof und wurde von einem herrlich blauen Himmel und strahlendem Sonnenschein begrüßt. Erneut betrachtete sie die knapp drei Meter hohe Mauer, die das Haus und den Hof komplett umrandete. Den einzigen Weg hinaus und hinein stellte ein massives verschnörkeltes Eisentor dar. Unauffällig ging Jeanne darauf zu und drückte die Klinke herunter. Natürlich war es verschlossen, so wie sie es erwartete hatte. Und die hohe Mauer machte es unmöglich für sie, zu fliehen. Obwohl man ihr also das Gefühl gab, dass sie sich frei bewegen konnte, so hatten sie sie doch auch auf höchst effektive Art eingesperrt.
Aus den Stalllungen hörte Jeanne ein Pferd schnauben und neugierig spazierte sie näher. Eine gefleckte Katze kreuzte ihren Weg. Sie schien zutraulich und so nahm Jeanne sie auf den Arm und drückte den warmen kleinen Körper an sich, während sie den Stall betrat. Schwalben zwitscherten aufgeregt, als sie ihr Eintreten bemerkten und die Katze reckte neugierig den Hals.
"Ganz ruhig...", flüsterte Jeanne und kraulte die Katze beruhigend unter dem Kinn. Sie sah den Gang hinab und zählte sechs Boxen, die einander gegenüber lagen, doch nur eine von ihnen schien besetzt. Ein fuchsrotes Pferd hatte die Ohren misstrauisch nach hinten gelegt und sah ihr dabei zu, wie sie langsam die Boxengasse hinunter kam.
"Ja, wer bist du denn?", flüsterte Jeanne sanft. Das Pferd entspannte sich bei dem Klang ihrer Stimme und die spitzen Ohren drehten sich interessiert nach vorn. Sie setzte die Katze zurück auf den Boden und trat an die Box. Das Pferd schnaubte leise und Jeanne streckte langsam die Hand aus, um es nicht zu erschrecken. Dann strich sie vorsichtig über die samtigen Nüstern und das Pferd kam noch etwas näher.
"So ein Hübsches...", murmelte Jeanne. Neben der Box stand ein Korb mit frischen Äpfeln und Karotten und sie bückte sich, um ein paar der Leckereien hinauszunehmen. Das Pferd sah ihr erwartungsvoll dabei zu.
"Schau mal hier..." Sie hielt den kleinen Apfel auf der ausgestreckten Hand und es kitzelte, als das weiche Maul sie berührte. Das Pferd kaute laut und fruchtiger Schaum quoll zwischen den Zähnen hervor. Jeanne lächelte bei dem Anblick. Sie reichte ihm eine Möhre und diese fand geschmacklich wohl genauso viel Anklang. Ihr Blick glitt zu einem goldenen Namensschild, das mittig an der hölzernen Tür angebracht war. Jeanne konnte kaum lesen und sie hatte noch weniger Übung darin, deshalb kostete es sie einige Mühe, den langen Namen zu entziffern.
"P....o....s...i..." Sie stoppte und sah dann noch mal genau hin. "Pos....e....i...d....o...n", murmelt sie und schaute erneut kritisch auf das Schild.
"Poseidon", sagte sie dann etwas lauter und das Pferd sah sie direkt an. Jeanne lachte.
"Ist das dein Name?", fragte sie. Sie erntete ein Schnauben, war sich aber nicht sicher, ob es eine Antwort sein sollte oder Zufall war. "Poseidon also", murmelte sie und nickte anerkennend, während sie dem Fuchs einen weiteren Apfel anreichte. Jeanne fand den Namen mehr als seltsam für ein Pferd, zumal er nicht mal französischen Ursprungs schien. Dann entdeckte sie die goldene Plakette an der Box zu ihrer Linken.
"Z....e....u...s...", buchstabierte sie mühevoll. "Zeus...aha..."
Jeanne hatte die Stirn kritisch in Falten gezogen. "Was habt ihr zwei nur für seltsame Namen?", fragte sie den Fuchs. Der antwortete natürlich nicht, sondern verrenkte sich den langen Hals nach einer Mohrrübe, deren grüne Blätter locker zwischen Jeannes Fingern klemmten. Sie hielt sie ihm hin, damit er sie mit den Zähnen erreichen konnte, da brach sich ein Lichtstrahl auf einer weiteren goldenen Plakette. Nur dieses Mal in der Box zur Rechten von Poseidon. Einen Moment lang verharrte Jeanne ungläubig. Dann drehte sie sich zur anderen Seite der Boxengasse und ihre Augen wanderten suchen über die Türen. Sie konnte nirgendwo eine weitere Namensplakette ausmachen. Also ging sie auf die dritte Box zu und beugte sich näher um den Namen zu entziffern. Der Fuchs reckte den Kopf zu ihr und wollte ihr an den Haaren knabbern, doch Jeanne wich ihm geschickt
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