Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)
aus.
"H...a...d...e...s...", formulierte sie langsam. "Seid ihr zu dritt?", fragte sie. Wofür brauchten sie ein drittes Pferd? Der Fuchs wieherte und versuchte dann, den gut gefüllten Korb zu erreichen.
"Du solltest nicht Poseidon sondern Nimmersatt heißen", lächelte sie und reichte ihm noch einen Apfel. Wieder fiel ihr Blick auf die dritte goldene Plakette. Warum drei Pferde, wenn es nur zwei Brüder gab? Und warum so seltsame Namen? Sie streichelte das weiche Maul des Pferdes, während sie immer noch darüber nachdachte. Vielleicht hatte es auch gar nichts zu bedeuten. Vielleicht hatten sie mal ein drittes Pferd gehabt, es nun aber wieder verkauft? Warum sollten sie nicht mehrere Pferde haben? Sie schienen reich zu sein, vermutlich konnten sie sich mühelos mehr als zwei Pferde leisten.
"Gehörst du Lucien?", fragte sie. Poseidon schielte wieder auf den geflochtenen Korb. "Ich glaube, ihr beide seht gut zusammen aus", lächelte sie. Dann überlegte sie, in welcher der beiden anderen Boxen Balthasar Pferd wohl stand. "Zeus oder Hades", überlegte sie laut, konnte sich aber nicht auf einen Namen festlegen.
"Ich besuche dich bald mal wieder, du Hübscher." Jeanne kraulte Poseidon nochmal hinter den Ohren, dann verließ sie den Stall wieder. Wieder auf dem Hof angekommen, leerte sie die beiden Eimer in einem etwas verwildert aussehendem Beet aus und machte sich daran, auch noch den Rest des gebrauchten Wassers dort auszukippen. Danach war ihr ziemlich warm und sie flüchtete sich in die Kühle des alten Gemäuers. Sie ging hinauf in ihr Zimmer und erst dort im Spiegel sah sie das ganze Ausmaß von Balthasars Zärtlichkeiten. Nun plötzlich verstand sie, warum Lucien sie angesehen hatte, als habe sie den Verstand verloren. Sie hatte Blutergüsse seitlich am Hals und auf den nackten Schultern. Rasch griff sie nach einer Haarbürste, legte ein paar Kämme bereit und frisierte ihr Haar dann so raffiniert, dass es ihr seitlich über den Hals fiel und die blauen Flecken geschickt verdeckte.
Dann machte sie sich auf die Suche nach Lucien, denn sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie seine Sorgen so wenig ernst genommen hatte. Sie fand ihn in einem der drei unteren Wohnräume an einem schmalen Sekretär sitzend. Doch sein Blick ruhte nicht auf dem Stapel Papiere vor ihm, sondern war durch eines der Fenster abgedriftet und er schien ganz in Gedanken verloren.
"Monsieur?", fragte sie und war höflich im Türrahmen stehen geblieben. Er sah zu ihr herüber und ein Lächeln glitt über sein Gesicht.
"Wie heiße ich?"
"Lucien", murmelte sie, sich über sich selbst ärgernd, dass sie sich einfach nicht daran gewöhnen konnte, einen praktisch Fremden mit Vornamen anzusprechen. Er schob den Stuhl zurück, kam zu ihr herüber und geleitete sie dann zu eine der Couchen, als wäre sie ein respektabler und gern gesehener Gast des Hauses. Er bedeutete ihr, Platz zu nehmen, doch er selbst blieb stehen.
"Es tut mir Leid, ich habe leider noch ein wenig zu tun", sagte er bedauernd. "Vielleicht möchtest du ja ein Buch lesen?"
"Lucien, ich schätze es, dass dich mein Wohlergehen so sehr kümmert", sagte sie. "Ich habe meinen Hals und meine Schultern gerade erst im Spiegel gesehen und muss zugegeben, dass sie wirklich sehr schlimm aussehen."
Und nun setzte er sich doch. "Weiß du", begann er langsam, als suche er nach den richtigen Worten. "Balthasar und ich könnten unterschiedlicher nicht sein, was diese Dinge betrifft. Er nimmt sich, was er will und es kümmert ihn nicht, ob das Mädchen dabei jammert oder lustvoll stöhnt. Er macht sich nicht die Mühe, sie zu verführen, sich an ihrem Duft, ihrer Schönheit oder ihrer weichen Haut zu erfreuen. Deshalb hat er auch für Zärtlichkeiten nichts übrig. Frauen sind für ihn Mittel zum Zweck und so behandelt er sie auch. Mir hingegen vergeht jegliche Lust, wenn ich sie erst grün und blau schinden muss, um meinen Willen zu bekommen. Mich reizt das Spiel der Verführung. Und das, was sie mir dann freiwillig schenken. So wie du gestern, zum Beispiel." Er lächelte und nahm dann vorsichtig ihre Hand. "Doch zwischen euch beiden, Balthasar und dir, herrscht eine seltsame Energie." Er sah ihr forschend in die Augen und sie hatte Mühe, seinem Blick stand zu halten. "Ich kenne ihn schon sehr lange", sagte er dann. "Und es ist eindeutig die Art, wie er dich ansieht", fuhr Lucien fort. "Fast, als wolle er dich beschützen, dich besitzen und es niemandem gestatten dich auch nur anzusehen
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