Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Honigmilch

Honigmilch

Titel: Honigmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
Vom Netzwerk:
den Verdacht auf sich selbst. So blöd ist der Junge nicht, Sprudel.«
    »Hofer«, Sprudel räusperte sich, »Hofer glaubt, dass Severin seine Wut nicht beherrschen konnte, und deshalb kam es zum Streit.«
    Fanni kickte einen Stein ins Buschwerk neben dem Pfad. »Wenn Severin die Tat schon lange vorher geplant hätte, dann wäre er nicht wütend gewesen, sondern selbstsicher und eiskalt.«
    »Du magst ja recht haben«, begann Sprudel. Er lief ein paar Schritte schweigend und entschied: »Ja, du hast recht.«
    Fanni nickte. »Die Kripo könnte doch Severins Alibi recht elegant knacken«, meinte sie, »wenn sich Severins Komplize auftreiben ließe. Haben die Beamten nicht nach ihm gesucht?«
    »Sie haben sich die größte Mühe gegeben, ihn zu finden«, antwortete Sprudel, »aber ohne Erfolg.«
    »Hat denn Severin keine Freunde?«, fragte Fanni.
    »Severin steht mit seinen Klassenkameraden auf freundschaftlichem Fuß, er trifft sich mit Spezi und Kumpeln aus der Nachbarschaft, und er kennt eine Menge Leute zwischen Lusen und Arber. Ein vertrauter Gefährte, der im Haus der Ruckerbauers unbeachtet aus- und eingehen kann und der für Severin einen Meineid schwören würde, ist aber nicht darunter.«
    »Aha«, machte Fanni.
    »Die Ermittler«, fuhr Sprudel fort, »vermuten, dass Severins jüngere Schwester am Computer saß und an seiner Stelle bei World of Warcraft mitspielte. Das wäre niemandem im Haus aufgefallen.«
    »Hat denn Severins Schwester schon öfter bei diesem Rollenspiel mitgetan?«, fragte Fanni.
    »Sie hat selbst zugegeben, dass sie von klein auf neben Severin am Tisch hockte und ihm beim Computerspielen zugesehen hat«, antwortete Sprudel. »Sie behauptet aber, selbst nie richtig gespielt zu haben.«
    »Wie alt ist sie denn?«, fragte Fanni.
    »Vierzehn«, sagte Sprudel, »sie ist Severins Stiefschwester.«
    »Das Kind muss ein Genie sein«, meinte Fanni, »lernt vom bloßen Zusehen, in die Rolle des Magiers Azrael zu schlüpfen.«
    »Sie könnte lügen«, wandte Sprudel ein. »Vielleicht beherrscht sie das Spiel ebenso gut wie ihr Bruder. Die Kripobeamten haben erwogen, sie zu testen. Aber sie könnte sich ja einfach dümmer stellen, als sie ist.«
    »Quatsch«, schnappte Fanni. »Setz ihr einen Computerfreak in den Nacken, und er weiß nach zwei Minuten, was sie draufhat und was nicht.«
    Sprudel stiefelte eine Weile stumm dahin.
    Der schwarze Auerhahn lenkte ihre Schritte über ein paar Felsbrocken, und als sie überwunden waren, sagte Fanni: »Schau, Sprudel. Im Mordfall Mirza ist es doch genauso gewesen, Klein war als Täter abgestempelt, und es gab keinen anderen Verdächtigen auf weiter Flur.«
    »Gebe ich ja zu«, nickte Sprudel, »aber im Fall Mirza konnte die Nachbarin, Fanni Rot, gute Gründe aufzählen, die veranschaulichten, wieso der Alte seine Schwiegertochter nicht umgebracht hatte. Außerdem gelang es Fanni Rot, schlüssig darzulegen, dass nur einer von Mirzas Nachbarn als Täter infrage kam.«
    »Trotzdem!«, sagte Fanni. »Wir hatten keine Ahnung, ob ich mit meinen Theorien nicht doch falsch lag. Und die Nachbarn, die wir beide heimlich ausspioniert haben, waren damals nicht verdächtiger als heute die Stammtischbrüder vom Falkenstein.«
    Wieder nickte Sprudel, bevor er einwandte: »Aber wir hatten viel mehr Möglichkeiten, sie auszuspionieren – ich meine, gegen sie zu ermitteln. Schließlich kanntest du sie alle seit Jahren.«
    »Trotzdem mussten wir uns ganz schön anstrengen, und das müssen wir eben auch jetzt.«
    Sprudel seufzte: »Ein Spaniel auf Fährte scheint mir geradezu antriebslos gegen dich.«
    Fanni lächelte und legte ihm einen Moment lang die Hand auf den Arm. »Johann Sprudel, Kriminalkommissar a. D., hat mich Courage gelehrt, Entschlossenheit und Ausdauer!«
     
    An einer Abzweigung vereinigte sich der schwarze Auerhahn mit einem Farnkrautbüschel.
    »Hier mündet der Weg ein, der vom Gfällparkplatz zum Rachel führt«, sagte Sprudel. »Otto Normalwanderer ist an diesem Punkt seit exakt fünf Minuten unterwegs und fühlt sich deshalb frisch wie ein Birkenblatt im Frühling. Wir sind jetzt seit zwei Stunden auf Trab, und ich bin müde wie eine Lärchennadel im Herbst.«
    »Gut«, lenkte Fanni ein. »Pause. Schinkenbrot, Tee aus der Thermoskanne, Schokoriegel.«
    Sprudel ließ sich auf einen Baumstumpf am Wegrand fallen; Fanni hockte sich auf einen Felsbrocken daneben, den Sprudel zuvor für sie mit seiner Windjacke gepolstert hatte.
    »Erinnerst du dich«, fragte

Weitere Kostenlose Bücher