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Honigmilch

Honigmilch

Titel: Honigmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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sie Sprudel und legte eine Hälfte ihres Schinkenbrotes in die Plastikbox zurück, »erinnerst du dich, wie ich dir erzählt habe, dass davon die Rede war, Severin hätte mit seinem Computer Geld verdient?«
    Sprudel nickte.
    »Haben die Kripospezialisten irgendetwas Passendes dazu gefunden?«
    Sprudel schüttelte den Kopf.
    Fanni zerkrümelte ein Stückchen Rinde zwischen den Fingern.
    »Fanni?«
    Sie sah ihn an.
    Weil er einen Bissen Brot im Mund hatte, machte Sprudel eine auffordernde Bewegung mit dem Kinn.
    »Ich glaube nicht«, sagte Fanni langsam, »dass Severin Annabel getötet hat. Aber ich glaube schon, dass sie sich schrecklich gestritten haben. Und weil Annabel gesagt hat, sie wäre fertig mit Severin Ruckerbauer, diesem Schwein, glaube ich, dass Annabel etwas herausgefunden hat, das sie ihm nicht nachsehen konnte.«
    »Kriminelle Machenschaften im Netz?«, fragte Sprudel.
    »Ja«, sagte Fanni, »und über diese Machenschaften Bescheid zu wissen, würde uns vielleicht ein kleines Schrittchen vorwärtsbringen.«
    »Aber es gibt keine«, entgegnete Sprudel. »Sonst hätten es die Spezialisten der Kripo herausgefunden.«
    Fanni nagte ein winziges Stück von ihrem Brot ab.
    Sprudel kaute mit vollen Backen.
    »Dateien kann man doch verstecken«, sagte Fanni.
    »Nicht vor Spezialisten«, erwiderte Sprudel.
    Fanni starrte minutenlang trübsinnig ins Heidelbeerkraut. Plötzlich zuckte sie zusammen, hob den Blick und starrte Sprudel an. »Man kann ja auch einen kompletten Computer verstecken! Einen Laptop!«
    »Genial, Miss Marple«, schmunzelte Sprudel, »aber soviel ich weiß, hat die Kripo bei Ruckerbauers eine Hausdurchsuchung durchgeführt.«
    »Severin könnte«, begann Fanni, doch dann unterbrach sie sich. Sie machte eine kurze Pause, bevor sie sagte: »Erinnerst du dich, wie wir nach unseren Ermittlungen zu Mirzas Tod einen Haufen loser Fäden in der Hand hielten und nichts damit anzufangen wussten? Weißt du noch, was wir da gemacht haben?«
    »Wir haben eine Reihe von Annahmen aufgestellt«, erwiderte Sprudel. »Hypothesen, die uns überzeugend oder wenigstens glaubhaft erschienen.«
    »Und was ist dann passiert?«, fragte Fanni.
    »Wir fanden Anknüpfungspunkte für die losen Fäden«, antwortete Sprudel prompt.
    Fanni wickelte einen Schokoriegel aus und reichte ihn Sprudel. »Genauso gehen wir nun wieder vor«, sagte sie.
    »Fein«, grinste Sprudel, »wir laufen zurück, setzen uns in ein gemütliches Café und schreiben eine Liste unserer Hypothesen.«
    »Wir laufen weiter in Richtung Rachelgipfel«, hielt Fanni dagegen, »und machen die Liste im Kopf. Uns Senioren bekommt körperliches und geistiges Training besser als Cappuccino und Buttercremetorte.«
    Sprudel stopfte sich den restlichen Riegel am Stück in den Mund. Fanni gab ihm einen Kuss auf die Wangenfalten, packte die Brotzeitbox in den Rucksack, schulterte ihn und setzte sich in Trab.
    »Wie soll ich«, meuterte Sprudel, »diesen steilen Weg hinaufsteigen und gleichzeitig sprechen, überlegen und mir Gedankengänge merken?«
    »Mit Mühe«, grinste Fanni.
    Sprudel musste lachen. »Los, fang schon an«, gluckste er, »Hypothese Nummer eins.«
    »Wir gehen von einer Grundannahme aus«, begann Fanni. »Und die postuliert: Severin Ruckerbauer hat Annabel Scheichenzuber nicht totgeschlagen!«
    »Postuliert kategorisch«, murmelte Sprudel.
    »Diese Bedingung erlaubt uns«, fuhr Fanni fort, »den Tod beider Mädchen in Zusammenhang zu bringen. Hypothese Nummer eins lautet deshalb: Unser Täter hat sowohl Annabel Scheichenzuber als auch Irina Svetla auf dem Gewissen.«
    »Gewagt«, Sprudel keuchte schwer, weil der Weg im Augenblick steil anstieg, »sehr gewagt.«
    »Die Sache scheint nur deshalb heikel«, entgegnete Fanni, »weil wir es einerseits bei Irina angeblich mit einem Unfall, bei Annabel aber mit Totschlag zu tun haben, und es andererseits keine sichtbare Verbindung zwischen den Mädchen gibt. Oder doch?«
    »Den Nationalpark«, schnaufte Sprudel.
    »Ha«, machte Fanni, »der Nationalpark, sehr richtig. Beide sind darin zu Hause. Annabel südlich des Falkenstein, Irina östlich. Irina hat in Zwiesler Waldhaus am Fuß des Berges als Bedienung gearbeitet, Annabel auf seinem Gipfel. Und sie kannten sich.«
    »Ziemlich gut«, präzisierte Sprudel.
    »Weiter!«, kommandierte Fanni.
    »Laufen oder Fädenspinnen?«, fragte Sprudel treuherzig.
    »Beides.«
    »Die zwei Mädchen hatten Zukunftspläne«, schnaufte Sprudel. »Annabel …«
    »…

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