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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Kommisar fühlte sich schmutziger denn je.
    Thomsen schaute sich in der Imkerhütte genau um. Viel Blut. Zu viel.
Einiges sprach dafür, dass der Ermordete sofort tot gewesen war – nicht zuletzt
die klaffende Wunde, an der Thomsen vorbeizuschielen versuchte. Damit aber
waren die Blutspuren, die sich von der Leiche bis zum Ausgang der Hütte
ausmachen ließen, nicht vereinbar. Sie waren nicht größer als ein Cent-Stück.
    Das ließ nur einen logischen Schluss zu: sie mussten vom Täter
stammen!
    Thomsen trat mit erhöhtem Puls nach draußen. Vor der Hütte konnte er
aufgrund der guten Beleuchtung drei weitere blutverdächtige Antragungen auf den
Kieselsteinen erkennen. Die Spur des Mörders, höchstwahrscheinlich.
    Widerstrebend betrat er die Hütte wieder.
    »Hat sich das Opfer zur Wehr gesetzt?«, fragte er den
Kriminaltechniker.
    »Das konnte es ziemlich wahrscheinlich nicht mehr«, antwortete
Winterhalter und ließ den Blick über die Leiche schweifen. Kollege Thomsen war
in seinen Augen ein Theoretiker, er selbst der Praktiker. Eigentlich, so dachte
sich Winterhalter, ergänzten sie sich ganz gut. Man konnte es aber auch anders sehen:
sie hatten schlicht nichts gemeinsam. Weder Herkunft noch Dialekt, weder
kriminalistische Interessen noch von ihrem Äußeren her. Winterhalter war
jovial, gemütlich, eher etwas rundlich und mit einem knochentrockenen Humor
ausgestattet, Thomsen hingegen menschenscheu, klein, schmächtig, asketisch und
gänzlich humorfrei.
    Das Einzige, was sie einte, war der Wille, den Täter zu finden.
    Die Blutabrinnspuren stachen auf der komplett weißen Kleidung des
Opfers besonders ins Auge. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Winterhalter
etwas anderes. Aus der Brusttasche ragte kaum sichtbar ein Kärtchen mit einer
bunten Abbildung hervor, das Thomsen trotz seiner Leichenphobie fast zeitgleich
aufgefallen war.
    »Kollege, ich habe da etwas«, sagte Winterhalter.
    Thomsen zog wohl oder übel seine Gummihandschuhe aus dem Trenchcoat
und nahm die Karte vorsichtig in die Hand. Von dem Latex begannen seine
Fingerkuppen zu jucken.
    Das gemalte Bild zeigte einen Mann mit einem langen Bart, einer
Mütze, einem geschwungenen Stock in der einen und einem Bienenkorb in der
anderen Hand.
    »Hl. Ambrosius«, stand unter der Abbildung. Außerdem ein gedruckter
Spruch: »Seht zu, dass eure Arbeit der eines Bienenstockes ähnelt. Denn eure
Reinheit und eure Keuschheit sollen mit den arbeitsamen, bescheidenen und
enthaltsamen Bienen verglichen werden«, las Thomsen vor. Mit derartigen Themen
wusste er nur wenig anzufangen. Er war nicht religiös erzogen worden – und die
berufsbedingte Beschäftigung mit all den Schattenseiten der Gesellschaft hatte ihn
auch nicht gerade zum Glauben geführt. Außerdem fühlte er sich selbst so
unvollkommen und komplexbeladen, dass Gott eigentlich Glück hatte, dass er
nicht an ihn glaubte. Er hätte ihm sonst täglich Vorwürfe gemacht.
    Thomsen drehte die Karte um. »Du bist … des Ambrosius … nicht würdig«,
las er vor. Der Satz war in einer krakeligen Schrift verfasst.
    »Wer ist dieser Ambrosius?«
    »Ambrosius ist der Schutzheilige der Imker«, kam prompt
Winterhalters Antwort. Auf dem Gebiet kannte er sich einigermaßen aus. Auf dem Winterhalter-Hof
war es immer streng katholisch zugegangen. Die Oma hatte ihm fast täglich die
Schutzheiligen heruntergebetet.
    Über Winterhalters Blitzantwort war Thomsen erstaunt, jedoch bemüht,
sich nichts anmerken zu lassen. »Warum ist man seiner nicht würdig?«
    Er blickte nochmals auf die Karte und fand unten links ein weiteres
Wort: »Rosina«. »Das scheint vom selben Menschen geschrieben worden zu sein.
Aber wer ist Rosina?«
    Auch hier zahlte sich wieder die Frömmigkeit von Winterhalters Oma
aus. »Rosina? Noch eine Heilige. Das war eine Einsiedlerin, die im Allgäu
gelebt hat. Ihr Namenstag ist irgendwann im März.«
    »Und wer hat das da draufgeschrieben?« Thomsen blickte
gedankenverloren in die Ferne.
    Darauf hatten aber weder der Kriminaltechniker noch dessen
Großmutter eine Antwort.
    Winterhalter deckte die Leiche mit einem weißen Tuch ab. So langsam
wurde es besser mit Thomsens Übelkeit. Noch etwas frische Luft, dann ging es
ihm wieder gut.
    »Und, haben Sie wieder einen interessanten Fall für mich?«, kam eine
Stimme aus dem Hintergrund. Am Eingang der Imkerhütte lehnte lässig der
Lokaljournalist Klaus Riesle – klein, sportliche Figur und wie immer mit
Jeansjacke.
    Thomsen verglich den Reporter

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