Honigsüßer Tod
der Aktion
bei diesem Kaltenbach auch ziemlich fertig«, beschwichtigte Hummel.
»Dann fahr ich dich nach Hause. Und du schläfst dich dort aus, um
morgen früh topfit zu sein«, konterte Riesle. »Ich glaube nicht, dass das der
Fall ist, wenn du jetzt bei dieser Carolin …«
»Mach dir keine Sorgen, Klaus. Wir gehen das alles ganz behutsam
an«, meinte Hummel, was sein Freund nur mit einem hämischen »Ja sicher«
kommentierte.
Klaus lenkte den Wagen in Richtung Seebauernhöhe, Hummel die
Aufmerksamkeit noch einmal auf den Fall. »Dieser Imker könnte schon der Mörder
sein, oder?«
Der Journalist nickte: »Die Sektenimkerei scheint ihm zweifelsohne
ein Dorn im Auge zu sein. Aus dem Flugblatt auf der Landesgartenschau spricht
ja eine heftige Abneigung. Und die Tatsache, dass er genau das gleiche Bild vom
heiligen Ambrosius auf dem Kachelofen stehen hat …«, meinte der Journalist.
»Stimmt«, meinte Hummel, nachdem er Klaus vor Carolins Haustür
dirigiert hatte. »Wenn er den Mord aber tatsächlich begangen hat, müsste er
sich danach doch eigentlich unauffällig verhalten und nicht mit Flugblättern
auf sich aufmerksam machen. Aber vielleicht ist es bei ihm so wie bei den
Mördern, die es an den Tatort zurücktreibt.«
»Du hast ja gerade gesehen, wie der ausgerastet ist. Auf mich
jedenfalls machte er wirklich den Eindruck eines Irren«, analysierte Riesle.
»Meinst du, wir sollten morgen trotzdem noch mal versuchen, mit ihm Kontakt
aufzunehmen?« Er machte eine Pause. »Vielleicht nur telefonisch …«
Hummel betrachtete das italienische Schuhmodell, für das er sich
entschieden hatte. In den letzten 46 Jahren hatte
er sich eher weniger mit Schuhmode beschäftigt. »Ich weiß nicht recht, ob das
was bringt«, meinte er dann.
»Schickes Modell. Vielleicht etwas zu jugendlich für dich«, lästerte
Riesle derweil und hatte noch einen Tipp parat: »Am besten, du stellst dich
gleich unter die Dusche. Du riechst noch immer ganz schön nach Hühnerstall.
Guter Geruch ist der Damenwelt nämlich noch wichtiger als schicke Schuhe.«
Eine halbe Stunde später war Klaus wieder mal alleine mit
seinem Polizeifunkgerät. Es war früher Abend, und zum Glück herrschte gerade
Hochbetrieb. Vielleicht könnte er sich noch für die tagesaktuelle Arbeit der
Redaktion nützlich machen? Drei Stunden hatte er am Nachmittag dort Dienst
geschoben und gemerkt, dass die Kollegen ihm seine Alleingänge übel nahmen.
Vermutlich war er allmählich bei ihnen ebenso beliebt wie Thomsen bei seinen
Soko-Leuten – mit dem Unterschied, dass Riesle keine Führungsposition
innehatte. So oder so würde er sich noch mal in der Redaktion melden müssen und
für den folgenden Tag eine Hintergrundgeschichte über den Sektenmord
ankündigen. Ein Grund mehr, nun zum Lauschangriff auf die Sekte anzusetzen.
Irgendwo musste er seine Infos ja herbekommen.
Ein kleiner Blechschaden bei Mönchweiler, eine gestohlene Handtasche
in Villingen sowie ein paar betrunkene Jugendliche in Schwenningen, die in den
großen Ferien vermutlich nichts mit sich anzufangen wussten, vermeldete die
samtweiche Frauenstimme im Polizeifunk. Keine Meldungen, mit denen er würde
punkten können.
Schon des Öfteren hatte sich Riesle vorgestellt, wie diese Beamtin
wohl aussah. Wenn man von der Stimme auf das Äußere schließen konnte, musste
sie eigentlich sehr hübsch sein. Blond, lange, gelockte Haare, schlanke Figur,
so Mitte bis Ende 20. Also genau Riesles
Zielgruppe. Vielleicht sollte er sich ja mal mit ihr verabreden. Nur wie? Er
konnte ja schlecht über Polizeifunk ein Rendezvous mit ihr ausmachen. Abgesehen
davon fehlte ihm leider auch der dafür notwendig Sprechknopf an seinem Gerät.
Es war nur zum Abhören ausgerichtet, nicht aber zur Kontaktaufnahme.
Die schöne Frauenstimme war es nun auch, die ihn aus den Gedanken
riss. Diesmal vermeldete sie ein brennendes Fahrzeug an der Straße zwischen
Langenschiltach und Großbiberbach: »Örtliche Feuerwehr ist alarmiert.«
Ein brennendes Auto? Das klang nach einem ordentlichen Bildreiz für
die morgige Ausgabe. Eventuell würde er den Zorn der Kollegen ja doch noch
mildern können. Riesle beschloss, sich das Ganze aus der Nähe anzusehen, gab
ordentlich Gas und war nach einigen Minuten tatsächlich der Erste am Ziel. Das
Fahrzeug brannte einige hundert Meter abseits von der Straße am Waldrand.
Dorthin führte lediglich ein schmaler Weg. Zu verfehlen war der Brand aber
nicht. Schon von der Hauptstraße aus führte
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