Honigsüßer Tod
»Der Herr Thomsen
findet es verdächtig, dass Sie offenbar nicht nur bei dem Herrn Kaltenbach
eingebrochen sind, sondern auch in der Nähe beider Tatorte waren.« Er räusperte
sich: »Kurz und gut: Ich bräuchte Ihre Alibis. Und wären Sie bereit, auf
freiwilliger Basis auch eine DNA -Probe abzugeben?«
Riesle lachte, Hummel überhaupt nicht.
»Ärger wegen des Einbruchs bekommen Sie beide aber so oder so«,
meinte Winterhalter.
»Wir haben nur recherchiert – und nichts mitgenommen«, rechtfertigte
sich Riesle. »Allenfalls war das ein … ein kleiner Hausfriedensbruch. Wenn
überhaupt.«
»Ich will nicht mit Ihnen über den Straftatbestand diskutieren«,
sagte Winterhalter. »Wie sieht’s mit dem DNA -Test
aus?«
Beide hatten keine Einwände.
»Haben Sie eigentlich schon was von Ihrer Frau gehört, Herr
Hummel?«, fragte Winterhalter.
Der schüttelte den Kopf. »Sie?«
»Die Stimmung da drin ist nicht mehr so gut«, verriet der
Kriminalbeamte. »Die Sektenleute klammern sich noch an eine letzte Offenbarung
von Lucidus, die irgendetwas Elementares beinhalten soll. Ich werde nachher
noch mal reingehen und hoffentlich Genaueres erfahren. Soll ich Ihrer Frau was
ausrichten?«
»Sie soll rauskommen«, sagte Hummel.
»Bis auf Weiteres werden wohl alle Sonnenkinder zusammen drin
bleiben. In ein paar Tagen wird man dann sehen«, meinte Winterhalter.
»Sie gehen demnächst noch mal in den Sonnenhof?«, fragte Riesle.
Winterhalter nickte. »Aber falls Sie glauben, ich würde Sie mitnehmen …«
»Keineswegs«, beschwichtigte Riesle. »Nur: Könnten Sie Frau Hummel
dieses Amulett geben? Es soll sie an ihren Enkel erinnern. Wir wünschen ihr
viel Kraft.« Er zog das sonnenförmige Schmuckstück aus der Tasche und
überreichte es Winterhalter.
Hummel war nicht einmal danach, zu protestieren. Sie sollten ihn
einfach nur alle in Ruhe lassen.
Winterhalter nickte. »Maximilian«, las er. »Ist das der Name Ihres
Enkels?«
Hummel nickte stumm.
»Wird erledigt«, meinte Winterhalter dann. »Wenn wir das mit dem DNA -Test angehen: Herr Riesle, Sie wären weiterhin unter
dieser Handy-Nummer zu erreichen?«
»Ich bin prinzipiell immer erreichbar«, sagte der. »Allerdings: Was
den Empfang von hier aus betrifft …«
»Schon klar – das Funkloch macht einen wie Sie fertig«, meinte
Winterhalter süßsauer lächelnd und stieg aus dem Polizeibus. Die beiden Freunde
folgten ihm.
»Danke, dass du wegen des Amuletts nichts gesagt hast«, murmelte
Riesle. »Du wirst sehen, das ist auch ein Schutz für Elke. Der Sender hat eine
Reichweite von gut 200 Metern. Wir müssen uns mit
dem Wagen eben direkt in unmittelbarer Nähe aufhalten. Dann dürfte uns keines
ihrer Worte entgehen. Ich habe schon alles vorbereitet.«
Hummel wandte sich wortlos ab und sprach die Besatzung eines Wagens
mit der Aufschrift » SWR « an, die gerade losfahren
wollte.
»Sind Sie vom Studio Villingen-Schwenningen?«
Die beiden Insassen, Mann und Frau, nickten.
»Fahren Sie jetzt dorthin?«
Wieder Nicken.
»Würden Sie mich bitte mitnehmen?«
Nach kurzem Zögern durfte er einsteigen. Er tat das, ohne sich noch
einmal umzudrehen.
23. Gegen den Mast
So viel wie in den letzten Tagen war in Großbiberbach seit
der Ortsgründung 1377 noch nie los gewesen.
Winterhalter jedenfalls war am Rande seiner Kapazitätsgrenze angekommen. Sich
krankschreiben zu lassen, um in mehr oder weniger großer Ruhe die liegen
gebliebene Arbeit auf dem Bauernhof samt Kalbungs-Überwachung zu verrichten,
widersprach aber seinem Pflichtgefühl. Viel fehlte jedoch nicht mehr. Thomsen
war nach dem mächtigen Anpfiff durch die Polizeichefin noch introvertierter und
schlechter gelaunt als sonst. Er hatte zwar mehr als zuvor delegiert, aber
immer nur die Dinge, die garantiert besonders langweilig und kaum
erfolgversprechend waren. Nachbarschaftsbefragungen bei Dutzenden
Dorfbewohnern, die so etwas von überhaupt nicht als Täter infrage kamen. Und
eben die Überprüfung sowie »nach Möglichkeit strafrechtliche Verfolgung« der
Thomsen lästigen Herren Hummel und Riesle.
Der Soko-Leiter selbst widmete sich hingegen nach dem Fund der
Visitenkarte am Tatort der Mobilfunkspur.
Immerhin mehr als 100 Personen waren es,
die sich am Nachmittag auf der Brunnholzer Höhe einfanden, auf der der 52 Meter hohe Mobilfunkmast entstehen sollte. Am bislang
noch unbebauten Ort des Zankapfels wollten die Gegner des Vorhabens
demonstrieren.
Eine mit Spannung erwartete Gruppe fehlte
Weitere Kostenlose Bücher