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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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noch recht hoch am Horizont. Er schätzte,
dass es erst in etwa zwei Stunden so weit sein würde.
    »Komm, trockne deine Tränen«, redete Elke behutsam auf die Freundin
ein. »Lass uns noch etwas durch den Park gehen.«
    Riesle hatte gerade das zweite »Fleischküchle« angebissen. »Nein,
bitte jetzt nicht bewegen. Ich hatte doch gerade einen so schönen,
glockenhellen Empfang.«
    Er legte die Mahlzeit auf das alte, vermutlich seit der
Erstzulassung des Wagens noch nie gereinigte Armaturenbrett. Thomsen hätte das
vermutlich eine umgehende Ohnmacht beschert.
    Zunächst fehlten nur vereinzelte Wortfetzen. Riesle fingerte nervös
an den Drehknöpfen herum. Doch es half nichts. Je mehr sich die beiden in
Richtung Gemeinschaftstrakt bewegten, umso bruchstückhafter wurde das Ganze. Er
musste seinen Standort wechseln. Doch ein Umparken seines Fahrzeuges war
schwierig bis unmöglich. Entweder hätte er sich in der Nähe des Haupteingangs
postieren müssen, wo die Polizisten das Gelände überwachten und er sicher
aufgefallen wäre. Oder er hätte die Mauer von der anderen Seite abfahren
müssen. Allerdings standen die Bäume so dicht um die Abgrenzung, dass er
befürchtete, dann noch einen zweiten Auto-Patienten mit Blechschaden in der
Werkstatt behandeln zu müssen.
    Während Riesle die Schrauben löste, mit denen er das Empfangsgerät
hinter der Mittelkonsole befestigt hatte, vernahm er weitere Bruchteile des
Gesprächs zwischen Elke und Andromeda. »Krebs« war das erste deutliche Wort,
das er hörte. »Der Erleuchtete« das nächste. Und »Erhoffe … Heilung«, lauteten
die nächsten Worte, die unzweifelhaft Elke über den Sender von sich gab.
Außerdem schien jetzt auch sie zu weinen.
    »Heilung für Elke?«, fragte Riesle nach, bekam aber natürlich keine
Antwort. Er versuchte die Wortfetzen zusammenzusetzen. Heilung für Elke. Und
sie hatte nur wenige Augenblicke zuvor ganz deutlich das Wort »Krebs« in den
Mund genommen. Überlegte man, wie die fehlenden Bruchstücke lauteten, so musste
sich ihre Aussage in etwa so anhören. »Auch ich habe KREBS .
Der ERLEUCHTETE wird aber auch mir helfen. Auch ich ERHOFFE mir HEILUNG von
ihm.«
    »Dir … geholfen …«,  entgegnete
auch Andromeda nur bruchstückhaft.
    Ja, auch das könnte passen.
    Riesle überlegte. Während seines Volontariats vor knapp 25 Jahren hatte er mal ein Seminar über journalistische
Verantwortung besuchen müssen. Neben ethischen Fragen war es da auch darum
gegangen, dass man journalistische Meldungen unbedingt gegenprüfen müsse, ehe
man sie verbreitete. Im Tagesgeschäft war er dieser Vorgehensweise nach und
nach entwöhnt worden. Natürlich handelte es sich hier nicht um einen Artikel
für den »Kurier«. Im Wesentlichen ging es vor allem um einen Einzigen seiner
Leser – um Hubertus.
    Riesle probierte mit den gehörten Vokabeln ein paar Sätze, die eine
harmlose Bedeutung hätten haben können, aber die ergaben keinen Sinn.
    Letztlich schien ihm nach bestem Wissen und Gewissen nur ein
logischer Schluss zulässig: auch Elke hatte Krebs. Und wenn dieser Sektenchef
ein Wunderheiler war, dann würde ihr Aufenthalt auf dem Sonnenhof noch in einem
ganz anderen Licht erscheinen. Riesle beschloss, sich die Passage gleich
nachher noch einmal anzuhören. Mindestens einmal.
    Die Stimmen der beiden Frauen verstummten nun ganz. Riesle hörte
sein Herz schlagen. Er versuchte sich zu konzentrieren. Was war zu tun?
Rechtzeitig für die Offenbarung in ein bis zwei Stunden würde er den Standort
wechseln müssen. Außerdem musste er dringend seinen Kumpel anrufen.
    Noch einmal hörte er das Tonband ab, kam aber zu keinem anderen
Schluss. Er hatte sich weder verhört noch etwas überhört.
    Er nahm sein Handy und wählte »Huby«. Kein Empfang. Dann
stieg er aus dem Wagen, lief ein paar Mal um den Kadett herum, wobei er den
rechten Arm mit dem Apparat in der Hand immer wieder in die Höhe streckte. Doch
so sehr er sich auch reckte und die Position wechselte, es half nichts.
    Er wollte schon in den Kadett steigen und dem Mobilfunk-Empfang
einige Kilometer entgegenfahren, als ihm Bauer Brändle einfiel, mit dem er sich
heute bei der Demo unterhalten hatte. Der mochte zwar keine Handystrahlen,
hatte aber sicher einen Festnetz-Apparat, von dem aus Riesle telefonieren
könnte. Und er wohnte nur wenige hundert Meter vom Sektengelände entfernt – zumindest dann, wenn man zu Fuß die Abkürzung durch den Wald nahm. Vielleicht
konnte ihm Brändle ja auch noch

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