Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)
selbst Gagga, denn wenn du heute scheitern solltest, töten sie auch ihn und mich.«
»Aha. Ist es das, was diese Kerle unter Liebe verstehen?« Will versuchte zu lachen, doch es misslang ihm. Sein Lachen klang eher wie ein trockenes Husten. »Aber ich hab es verstanden. Dann rette ich euch halt zum zweiten Mal eure Hintern und damit seid ihr mir etwas schuldig. Das merk ich mir, hörst du, und jetzt erzählst du mir alles, was du von diesen Bastarden weißt. Ich hab zwar keine Ahnung, ob uns das hilft, aber irgendwie müssen wir ja irgendwo anfangen. Na komm schon, schieß los. Was haben diese Jungs mit dem Flamingo zu tun? Wie kommt er hierhin? Ich meine, Chen ist doch in Old Nassau gestorben.«
»Ja, nachdem sie den Vulkan geöffnet hat, der unter der Lagune liegt. So wie Gagga zuletzt. Was meinst du, wer dort gewesen ist? Und wer die Dinge gebaut hat, die Gagga dort fand? Will, denk doch mal nach …«
»… Nein! Das kann nicht sein.«
»Es ist aber so. Der Vulkan von Old Nassau ist mit diesem hier verbunden. Die fliegen nicht nur. Die schwimmen durchs Feuer, und überall, wo sich die Erde öffnet, kommen sie raus.«
»Krieger der Hölle«, kicherte Gagga, und für einen kurzen Moment hatte er seine Schmerzen vergessen. Er war wieder – wie früher – das teuflische Genie. »Es gibt sie wirklich. Die Hölle. Hast du das kapiert? Ja, und der genialste Coup dieser Teufel war, dass sie den Guten verklickern konnten, dass es sie nicht geben würde. Ha! Deiner süßen Aweiku zum Beispiel. Oder Jay-Nice, der Hexe.« Er kicherte wieder und mit dem Kichern kehrte der Wahnsinn zurück. »Aweiku, hihihi, und die Hexe. Der Teufel, den gibt’s nicht, haben sie dir gesagt. Und das Böse ist in dir. Du kannst es besiegen. Ich lach mich kaputt. Träum weiter und schau meinen Rücken an. Das hab ich mir alles selbst angetan. Ich hab mich gestreichelt und ein bisschen verwöhnt.«
Er drehte sich um, riss sich die Jacke vom Leib und Will wurde schwindelig. Jetzt wusste er, wie die Narben auf Talleyrands Rücken entstanden waren.
»Aber wieso?«, stammelte er und torkelte auf den Graben zu, in dessen Tiefe die Lava kochte. »Wieso brauchen sie dann überhaupt ein Schiff? Sie fliegen durch die Luft. Sie schwimmen durch Lava.«
Er starrte auf die brodelnde Masse und drohte in sie hineinzustürzen.
»Sie sind Wesen des Feuers. » Talleyrand packte ihn. »Doch die Erde besteht zum Großteil aus Wasser. Das ist für sie der sichere Tod. Deshalb brauchen sie dich. Du wirst für sie die Meere beherrschen. So wie Chen das getan hat, als sie Whistle traf. Das Schiff ist für dich. Es ist ihr Geschenk. Mit ihm wirst du die Welt erobern.«
»Und warum töten sie uns, wenn ich das Schiff nicht finde? Ich dachte, sie sind jetzt unsere Crew.« Will musterte die fremden Wesen. »Da wedelt der Schwanz doch mit dem Hund.«
»Nein, das ist deine letzte Prüfung«, widersprach Talleyrand. »Der letzte Test im Tanz mit dem Teufel. Dein Gehorsam ist der Schlüssel zur Freiheit, denn Freiheit gibt es nur für den, der gehorcht.«
Will spürte den Griff des Schwarzen Barons. Fest wie ein Schraubstock hielt der seinen Arm und schaute ihn an wie einst in Berlin. Damals, als alles begonnen und Will ihn auf dem Fest bei der Schlacht vor Berlin in Eulenfels’ Zelt als falscher Diener zum ersten Mal getroffen hatte.
»Nur wenn jeder gehorcht, kann jeder jedem vertrauen. Das ist doch ganz einfach.« Talleyrands Augen wurden noch heller. »Wenn jeder gehorcht, kann keiner keinen verraten. Hast du das verstanden?«
»Ja«, nickte Will, auch wenn sich irgendetwas in ihm dagegen sträubte. Er spürte, dass der Schweiß trotz der Hitze der Lava plötzlich abkühlte und als eisiger Film seine Haut überzog.
»Also, mach du den Anfang. Beginne den Pakt, Will. Sei einmal gehorsam, damit du für immer Gehorsam erfährst. Hol uns das Schiff und lass uns danach die Welt erobern, damit wir sie befrieden können.«
Der Schwarze Baron ließ Will jetzt los und der ging langsam zum Kreis der Krieger. Er zählte sie sorgsam. Es waren drei Dutzend, und während sein Blick ganz langsam jeden von ihnen einzeln erfasste, begann er in ihren Gesichtern nach etwas zu suchen, das sie unterschied. So wie man das bei Krokodilen macht, wenn man die Angst vor ihnen verliert. Und mit dem Wegfall der Angst spürte er Sympathie in sich aufsteigen. Er erkannte ihre Treue und Loyalität. Die Bereitschaft, für das, woran sie glaubten, zu sterben. Und während er sich
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