Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)
windgeschützteren Hängen und in ihrer Mitte lag ein himmelhellblauer, herzförmiger See.
» Glaubst du, dass diese Bäume auch dazu taugen, um auf ihnen wie in Aweikus Dorf in Häusern zu wohnen?«, fragte er Jo, und als der, anstatt ihm zu antworten, mit Rachel und Sarah und den anderen begeisterten Kindern den Hang hinablief, um im Wasser zu baden, wandte er sich an Hannah und die anderen Erwachsenen: »Selbst wenn einer diese Insel findet, wird er uns erst entdecken, wenn er diesen Kamm erreicht. Und falls er das tut, weil er keine freundlichen Absichten hat, haben wir genug Gelegenheit und Möglichkeiten, um das zu verhindern. Da werden unserem Jo, Ratten-Eis-Fuß und dem Windschiefen Cutter schon genug hübsche Schweinigeleien einfallen. Und dich, Finn«, wandte er sich an den Vater von Rachel und Sarah, »brauchen wir als Architekten. Deine Drachenburg zu Füßen der Niagarafälle war ein statisches Meisterwerk. Du musst die Baumhäuser bauen. Das Holz dazu hab ich auf dem Tatonka geladen. Essen bekommen wir aus dem Meer, vorerst zumindest, denn während ihr hier das Dorf aufbaut, segle ich mit Hannah auf dem Rochen nach Afrika und besorge uns ein paar Gazellen, Antilopen und Rinder, die wir hier züchten und weiden lassen.«
Nat blickte in die Runde der Zuhörer und las die Skepsis auf den Gesichtern von Ratten-Eis-Fuß, Cutter, Finn und O’Brian. Salome und Ophelia fröstelten noch von dem kräftigen Wind, doch die Frühsommersonne der Südhalbkugel wärmte sie im geschützten Krater jetzt sehr schnell auf. Sie genossen ihr warmes Nachmittagslicht, und das verwandelte den Eichenhain und See zu ihren Füßen in eine der märchenhaften Frühsommerlandschaften, die sie im Vorkriegsberlin so genossen und jetzt fast schon vergessen hatten.
»Das nenn ich einen Plan!«, brach Tanja das Schweigen und erntete von den fünf anderen Triple Twins ein dankbares Lächeln.
»Ja, das nenn ich einen Plan!«, wiederholte Tujana diese magischen Worte, und wie auf ein Kommando schauten alle sechs Mädchen zu ihrem Kapitän.
»Und was meinst du?«, übersetzte Nat ihre Blicke, und Hannah wurde sichtlich nervös. Sie begann sich verzweifelt auf die Unterlippe zu beißen. Sie kräuselte die Nase wie vor einem Wutausbruch. Auf ihre Stirn traten Schweißperlen. Die Piratin drehte sich immer schneller im Kreis. Sie hob ihre Hände. Sie seufzte und schnaubte und dann zischte sie heiser.
»Lass uns ganz schnell nach Afrika fahren.«
»Das ist keine Antwort!«, warf ihr Ophelia vor.
»Wie bitte? Keine Antwort?«, zickte Hannah zurück. »Und ob das eine ist. Denn während ich mit Nat die Kühe hole, die uns in brave Bauern verwandeln, baut ihr hier schön unsere Nester auf. Und wenn wir zurückkommen, wählen wir einen Bürgermeister, gehen zur Beichte oder ins Kloster und sagen den Horizonten Lebewohl.«
Sie warf Nat einen zornigen Blick zu.
»Deine Insel ist, glaube ich, nicht groß genug für so viele brave und unbescholtene Bürger, hübsche Baumhäuschen Mark e Feuerkopf Finn , Blumenbeete, gezähmte Gazellen und einen Piraten, hörst du: einen Piraten wie mich. Also lass uns ganz schnell nach Afrika segeln …«
Hannah verstummte. Ihr Blick fiel auf die vierhundert lache nden Kinder im See. Die tollten im Wasser, das in goldenen Tropfen um ihre Köpfe spritzte. Ja, es sah nicht nur golden aus. Es funkelte, blitzte und strahlte, wie kein Schatz der Welt erstrahlen konnte, und trotzdem wurde es von dem hellen Lachen der Kinder und dem leuchtenden Glanz ihrer Augen noch einmal an Schönheit und Pracht übertroffen.
»So muss, ich meine, ähm, so kann doch nur Glück aussehen, Ratte!«, hörte Hannah den Windschiefen Cutter murmeln.
Sie traute ihren Augen nicht, denn der einstmals fieseste Pirat, der ohrlose und bucklige Ratten-Eis-Fuß, dem Cutter diesen süßholzgeraspelten Unsinn in die Ohren sabberte, bekam davon keine Pickel, sondern grinste verzaubert und honigsüß, als hätte man einen Höhlentroll in ein Angorahäschen verwandelt.
»Nein, so sieht es nicht aus, Cutter. Das ist es, verstehst du?«
Hannah verdrehte die Augen. Sie raufte sich die Haare.
»Das halt ich nicht aus.«
Sie stapfte den Hang zum Kraterrand hoch.
»Das halt ich nicht aus!«
Sie wirbelte noch einmal zu den anderen herum.
»Dafür hab ich keinen Hut. Und erst recht keine Schuhe. Nein, da könnte ich mir beides sofort abhacken, hört ihr! Den Kopf und die Füße!«
Sie stapfte weiter auf den Kraterrand zu, über ihn weg, und selbst
Weitere Kostenlose Bücher