Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)
Herz.
»Ich liebe ihn noch immer. Auch nach seinem Verrat und auch wenn ich sonst vielleicht dich lieben würde.«
»Und das ist für immer?«, fragte Will traurig.
Sie wich ihm aus. Sie seufzte und stöhnte.
»Oh, mein Gott, Will. Was heißt schon für immer? Ich kann es nicht sagen. Ich sehe nur das.«
Sie deutete auf den Hang und die Schiffe.
»Und das sagt mir jetzt, dass Nats Lüge gut war. Sie war richtig und gut, denn sie hat mir endlich gezeigt, wer du in Wirklichkeit bist. Nein, was du bist, Will.«
Sie schaute ihn an. Will sah ihre Augen, und der Bernstein in ihnen wurde zu Eis. Trauer und Liebe wurden zu Hass. Zu Hass und Verachtung.
»Oh, du bist der Teufel. Das Ende von allem, was mir etwas bedeutet. Ja, mir und allen, die dort leben.«
Sie zeigte in den Krater und dort auf den See.
Will konnte nicht atmen. Seine Knie wurden weich. Er sah seine Freunde. Er sah Moses und Jo, die Nat jetzt von den Schlingen befreite.
»Ich hab einen Fehler gemacht«, sagte Nat. »Niemand darf sterben, wenn wir das Glück dieser Insel noch retten wollen. Niemand darf sterben, außer ihm.«
Er zeigte auf Will am Kraterrand, und der hatte, obwohl er kein Wort von dem, was Nat gesagt hatte, von dort oben aus hören konnte, alles verstanden.
»Gut«, sagte Will. »Dann soll es so sein. Aber ihr habt keine Chance. Denn wenn Nat gleich da unten gegen mich kämpft, versucht nur die Lüge die Wahrheit zu töten und der Verräter den Treuen und Aufrichtigen. Nein, Hannah, ich bin nicht böse geworden. Ich bringe der Welt nur den Frieden, nach dem sie sich sehnt.«
Er berührte noch einmal ihre blonden Locken.
»Auch wenn ich nicht weiß, wie die Welt ohne dich ist.«
Sie hob ihren Kopf und dann hob sie die Hand. Die Hand mit der immer noch schweren Pistole.
»Du meinst, ohne Liebe?«, fragte Hannah zurück und wischte sich mit dem Lauf der Waffe die Tränen aus dem Gesicht.
»Und wie soll es der Liebe gelingen, auf einer Lüge zu wachsen?« Will musterte sie.
»Ich hab keine Ahnung. Ich fühle sie nur. Und ich fühl deine Kälte.«
Sie legte die Hand, die die Pistole immer noch hielt, auf Wills Herz.
»Spürst du das nicht? Will, Liebe braucht Freiheit und keinen Gehorsam.«
»Und braucht sie Verrat?« Will spürte den Hass und den Zorn in sich aufsteigen, und Hannah, die das in seinen Augen sah, bekam Angst.
»Nein«, sagte sie trotzdem. »Das ist ihr sicherer Tod. Doch wer ist der Verräter, Will? Wer verrät wen?«
Sie deutete noch einmal in den Krater hinab.
»Wenn du Nat tötest und ihn für seine Lüge bestrafst, stirbt mit ihm alles, woran sie glauben.«
»Und was sollte ich tun?«, spottete Will, und sein Hass wurde größer.
»Oh, du kannst uns verzeihen«, traute sich Hannah zu sagen, maß ihn mit einem letzten, traurigen Blick und ließ ihn dann stehen.
»Ja, vielleicht könntest du das«, sagte sie leise und drehte sich noch einmal zu ihm zurück.
Doch Will war verschwunden.
Auf Liebe und Tod
annah kehrte zum See am Fuß des Kraters zurück. An dessen Ufer versammelten sich die letzten Piraten gerade um Nat. Um Nat, Moses, Jo und die Triple Twins. Die bis vor wenigen Minuten noch zum Tode verurteilten Freunde gehörten jetzt wieder zum innersten Kreis. Hannah ging durch die Reihen der Kinder, die respektvoll beiseitetraten. Sie sah die Angst in ihren Augen. Sie tauschte Blicke mit Ratten-Eis-Fuß, Cutter, Finn und O’Brian. Sie berührte die Hände der beiden Damen, v on Salome und Ophelia, als sie an ihnen vorüberging. Sie strich Jo durchs Haar, berührte Moses’ Brust, an der Stelle des Herzens, und grüßte die Triple Twins mit einem Lächeln.
»Wenn wir das überleben, mache ich meinen Fehler, dass ich euch verurteilt habe, wieder gut«, sagte sie zu ihnen und ging dann zu Nat. Sie musterte ihn und schritt dabei langsam um ihn herum.
»Du hast Libertaria auf einer Lüge errichtet. Das hat Will mir gesagt und er hat damit recht.«
Nat senkte den Blick.
»Nein, schau mich an!«, forderte Hannah sofort, und Nat gehorchte langsam und zögernd. »Du hast unseren besten Mann an unsere Feinde verkauft. Du hast ihn verraten und uns getäuscht. Und wenn jemand heute sterben muss, bist du das, Nat, und niemand anderer.«
»Ich weiß«, nickte Nat.
»Da draußen!« Sie zeigte zum Kraterrand. »Da draußen hat sich die Hölle versammelt. Eulenfels ist mit vierhundert Soldaten gekommen und Will hat Höllenkrieger bei sich. Fliegende Wesen aus einer anderen Welt. Sie warten nur darauf, dass
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