Honky Tonk Pirates - Es kann nur einen geben - Band 4
ihm ihre Liebe gestanden und er sie daraufhin von der Springwarzenlügenpest erlöst hatte, zusammen mit Blind Black Soul Whistle und natürlich dem Ring auf dem Fliegenden
Rochen davongeflogen war. Sie hatte ihn ausgelacht und während sie aufgebrochen war, um das Siegel des Rings, den Kopf des Drachens zu finden, der dem Ring der Witwe Chen seine magische Kraft geben sollte, hatte sie ihn, Will, und ihren Freund Moses einfach und mitleidlos dem Schicksal von Eulenfels’ Galgen überlassen.
»Lies schon!«, drängte Ophelia und zögernd suchte Will in den von Feuchtigkeit zerlaufenen Buchstaben Hannahs süße Worte zusammen.
Mein geliebter Will,
bitte verzeih mir meine piratige Schnauze, aber ich hoffe, du erhältst diesen Brief noch, bevor du gehängt wirst und in der Hölle verreckst. Ich will dir nur sagen, dass ich dich wirklich liebe. Sonst hätte das mit den Warzen ja nicht funktioniert. Und ich wär auch viel lieber bei dir geblieben, als bei dem ranzigen Fettsack Whistle. Du weißt, was auf seiner Zunge alles so lebt, und das kriecht auch sonst auf seinem Körper rum. Es lebt in seinen Ohren und auf seiner Nase. Aber weißt du, er hat dir trotzdem zwei Dinge voraus: Erstens weiß er, dass das Siegel des Rings in Amerika ist, und er kennt auch den Kerl, der es besitzt. Ja, und zweitens muss ich den Fettsack nicht fürchten. Der Kerl ist schon alt und es wird ein Kinderspiel sein, ihn am Ende zu foppen. Das war bei dir schon viel schwieriger. Dafür musste ich mich in eine Kröte verwandeln, und weißt du, das will ich nie wieder tun. Deshalb bin ich froh, dass man dich hängt, auch wenn mein kleines Herzchen bei diesem Gedanken ganz heftig pocht und ich mich in schwachen Momenten danach sehne, dass du am Ende doch noch besser bist. Besser, als ich denke, und dass du Eulenfels, Talleyrand und diesem Prinz Gagga, den wir nicht unterschätzen sollten, am Ende entkommst.
Tja, also dann bis irgendwann in der Hölle, hier auf der Erde oder in der richtigen, weißt du.
Deine Honky Tonk Hannah, das elende Biest.
»Bis in der Hölle!«, zischte Will wütend und warf den zerknüllten Brief gegen die Wand. »Okay!«, fuhr er fort. »Ich bin überzeugt. Ich werde alles tun, was für euren Plan notwendig ist und ich werde es schwören.« Er hob beide Hände, um seine Finger zu zeigen. »Ich schwöre es, ohne die Finger zu kreuzen.«
In der Nacht lag er wach, und obwohl er ein hochgeschlossenes Nachthemd trug, und obwohl die Matrosen vor seinem Fenster für ihn Liebeslieder sangen, ging es ihm gut. Die Rache an Hannah ließ ihn alles ertragen. Und so starrte er auf die Sterne, die über den Baumwipfeln standen, während der Schoner den langen Weg die Elbe hinab zur Nordsee fuhr.
Als sie die Mündung des Flusses erreichten, schlief Will friedlich und ahnungslos. Vielleicht träumte er sogar von Hannahs Warnung oder von Gagga, den sie nicht unterschätzen sollten. Aber er wusste nicht, dass genau dieser Prinz gerade mal zwei Buchten entfernt zusammen mit Talleyrand in einem Ruderboot hockte, und darauf wartete, dass sich die Wolke aus schwarzen Möwen aus dem Nachthimmel senkte. Dass das Wasser unter ihnen zu kochen begann. Dass sich ein Schatten, so groß wie eine Insel, aus den Fluten erhob und zu Valas, dem riesigen Pottwal wurde, der ihnen, Harpunen gespickt, seinen Helm zur Fahrt anbot: Den künstlichen Hummer, den böse Mächte in der von Monstermuränen bewachten, vulkanischen Tiefe Old Nassaus geschmiedet hatten.
Oh ja, Valas und der Valashelm waren das Schiff von Blind Black Soul Whistle, das einzige Schiff, das es mit dem Rochen aufnehmen konnte. Doch jetzt gehörte es Talleyrand. Und die Soldaten, die seine Mannschaft bildeten, waren die besten von seinen unheimlichen und furchteinflößenden Männern, von denen niemand wusste, aus welcher dunklen Welt sie kamen.
Gagga spürte, wie seine Knie zu zittern begannen, als er zusammen mit dem Schwarzen Baron durch den Turm im Nacken des Hummers in den Valashelm stieg. Ja, und er wusste, dass Talleyrand wusste, wie es ihm ging.
Dabei mochte Gagga den Schwarzen Baron mit jedem Tag mehr. Er mochte ihn mehr als seinen Onkel, den König. Ein König war mächtig, ja, so mächtig wie keiner sonst, aber er konnte, das hatte Gagga erkannt, diese Macht nicht richtig genießen. Es war so, als müsste man zuschauen, wie andere das Festmahl verspeisten, das eigentlich für einen selbst bestimmt war. Nein, ein König, der lebte nicht richtig. Er war eine
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