Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx
Beschreibung der königlichen Feier heute Abend zugehört«, antwortete Marrou zufrieden, »und mir ist aufgefallen, wie oft die Königin den Haushofmeister zu sich bitten ließ.«
»Aber es war doch eine offizielle Zeremonie«, wandte Howell ein, »und er versieht dabei seine übliche Rolle. Woraus schließen Sie also, dass sich etwas geändert hätte?«
»Aus der Häufigkeit, aus der Nähe, aus der Tatsache, dass er sich außerdem viel mit Cromarty unterhalten hat. Wie Sie wissen, steht Wundt den Kronenloyalisten am nächsten. Seine neue Freundschaft mit dem Premierminister schien mir darauf hinzudeuten, dass Cromarty ihn nun als nützlich erachtet.«
Seltman nickte. »Wie interessant. Padraics Bericht bestätigt, dass Wundt an der inoffiziellen Ratssitzung teilgenommen hat, die heute stattfand. Ich hatte angenommen, er sei als Berater über das Palastprotokoll hinzugebeten worden. Mylord, haben Sie irgendetwas gehört, das diese Vermutung stützt?«
Howell stand zwar nicht mehr der Mund offen wie einem Fisch auf dem Trockenen, doch er blickte Marrou an, als hielte er ihr Talent für Hexenkunst. Marrou unterstützte ihn darin noch, denn als ob sie seinen Blick spürte, richtete sie ihre blinden Augen auf ihn.
»Ja«, brachte Howell hervor. »LeBrun erwähnte etwas in der Richtung. Er sagte noch, dass die Partei darüber innerlich zerrissen sein wird. Gewöhnlich stellen wir uns ganz hinter die Krone, und wie Sie ja angemerkt haben, steht Wundt uns durch seine Anschauungen sehr nahe. Aber sein Alter und der Umstand, dass er an den Debatten nicht aktiv teilnimmt, macht ihn zu keiner guten Wahl als Regenten.«
Seltman rieb sich die Hände. »Wenn die Kronenloyalisten Bedenken anmelden, dann müssen die anderen Fraktionen erst recht darüber zerstritten sein. Wann wird über die Annahme des Vorschlags abgestimmt?«
»Über die Frage wird morgen ab zehn Uhr debattiert«, antwortete Howell. »Das Protokoll verbietet eine Abstimmung ohne eingehende Debatte. Da sowohl ein Regent als auch ein Regentschaftsrat ernannt werden müssen, wird allerdings wohl niemand versuchen, die Entscheidung zu obstruieren.«
»Das meine ich auch«, sagte Gwinner. »Da Wundt sich niemals mit irgendeiner Partei eng verbündet hat, profitiert niemand von einer Verschleppung der Abstimmung. Ich vermute, dass die Sache bis morgen Mittag entschieden ist.«
Marrou nickte. »Ich denke, im Unterhaus geht es mit ähnlichem Tempo voran. Dass wir die Krone im Allgemeinen unterstützen, bedeutet nicht, dass wir jeden Regenten genehmigen. Einige ausgearbeitete Reden –«
»Können wir von Ihnen eine Rede erwarten?«, fragte Seltman. »Ich bin weniger populär als Sie.«
»Das stimmt«, gab Marrou ihm Recht. »Ihr Ehrgeiz ist zu bekannt. Man billigt Ihnen zwar Respekt zu, weil jeder weiß, dass Sie sich zu einer Angelegenheit nur äußern, wenn Sie genau nachgeforscht haben, aber wenn Sie zu viel Interesse am Regenten zeigen, würde das nur Verdacht erregen.«
Seltman starrte sie an und überlegte, ob sie ihn gerade beleidigt habe. Schließlich kam er zu dem Schluss, dass sie das tatsächlich getan hatte, befand es jedoch nicht für wert, darauf einzugehen.
»Dann halte ich lieber den Mund«, sagte er, »und Sie sprechen. Von Earl Howell erwartet man gewiss, dass er spricht, denn er gilt als Hoffnung seiner Partei. Paula?«
Gwinner aß ein Stück Käse, bevor sie antwortete. »Ich möchte zuerst ein Gefühl für die Stimmung in der Kammer erhalten. Angesichts meiner Jugend und der Tatsache, dass ich Prolong-Empfängerin zweiter Generation bin, möchte ich mich nicht gegen einen Kandidaten aussprechen, weil er ein hohes Alter hat. Dieser Schuss könnte leicht nach hinten losgehen. Wenn ich einen Zugang finde, der weder mit dem Alter noch mit der Parteizugehörigkeit zu tun hat, dann spreche ich entweder selbst oder gebe einem meiner ehrgeizigeren Parteifreunde einen Gedanken ein.«
»Wen haben Sie im Sinn?«, fragte Howell.
»Sheridan Wallace hasst alle etablierten Privilegien«, antwortete Gwinner, »ist aber klug genug, es taktvoll auszudrücken. Ich könnte ihn mir zunutze machen.«
»Wer, meinen Sie, wird die zweite Wahl der Königin sein?«, fragte Seltman. Amüsiert nahm er zu Kenntnis, dass alle Marrou anblickten. Da er wusste, dass sie das nicht sehen konnte, bat er: »Jean?«
»Aufgrund dessen, was ich heute Abend gehört habe, kann ich nichts sagen«, gab sie aufrichtig zu. »Nach der morgigen Totenwache werde ich mehr wissen,
Weitere Kostenlose Bücher