Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber

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näher, und dadurch blieb ihnen noch weniger Zeit. Deshalb brachen die meisten Pressstrahlfelder unter der enormen Masse zusammen, die plötzlich auf ihnen lastete, und die Generatoren, die dem Schutz der Gebäude und Installationen dienten, konnten ihre Aufgabe nicht vollständig ausführen.
    Die Lifttürme, von denen aus die fortgeschrittenen Anfänger und die erfahrenen Skifahrer zu den Hängen befördert wurden, überstanden die Katastrophe unbeschädigt, ebenso drei Viertel der anderen Gebäude und Promenaden im Gebiet. Fast siebenhundert Skifahrer fanden sich hingegen genau im Weg des donnernden Todes wieder. Ihnen blieben nur wenige Minuten, um sich zu retten. Einige von ihnen hatten Glück; sie standen am Rand und konnten den Ausläufern der Lawine entkommen. Andere hatten sich Kontragravgürtel mitgebracht, um nicht vor den Liften in der Schlange anstehen zu müssen, und von ihnen gelang es den meisten, die Gürtel rechtzeitig einzuschalten und in die Sicherheit davonzuschweben. Andere drehten um und fuhren, wie sie noch nie Ski gefahren waren; wie irre fegten sie vor der Vernichtung davon, und einigen gelang es tatsächlich, sich zu retten. Mehr als vierhundert Menschen aber konnten nicht fliehen, und die zermalmende Schnee- und Steinwand begrub sie gnadenlos unter sich.
    Wer in einer Position war, aus der er das Geschehen beobachten konnte, musste mit Grauen zusehen, wie eine kleine Traube von menschlichen Gestalten nach der anderen überrollt, überwältigt und verschüttet wurde, während die Lawine ungerührt weiter vorwärts strebte. Als sie gegen den äußersten Ring aus Ablenkfeldern prallte, stoben riesige Schneewolken hoch. Schier unglaubliche Ballungen bewegter Masse stießen die Pressstrahlgeneratoren wie Pfahlrammen tiefer in die verstärkten Fundamente, doch irgendwie hielten die Anlagen, und in den Zuschauern regte sich eine winzige Hoffnung. Wenn eine Ablenkplatte hielt, dann hielten vielleicht alle.
    Doch diese Hoffnung trog. Die Lawine schien ein böswilliges Eigenleben zu führen, eine Art bestialischer Intelligenz, mit der sie sich die Schwachstellen in den Wällen ausguckte wie ein Hexapuma, der ein verletztes sphinxianisches Dreihorn angreift. Sobald eine dieser Schwachstellen gefunden war, durchbrach sie sie mit vernichtender Gewalt und zerquetschte und zermalmte alles auf ihrem Weg.
    So auch der Schneerutsch, der sich auf den Anfängerhügel und den dazugehörigen Liftturm stürzte und unter einer Woge aus weißem Tod begrub.

    »Mein Gott!«
    Fast eine Sekunde lang begriff Honor gar nicht, dass sie diesen Stoßseufzer selbst ausgestoßen hatte. Der Ortungstechniker, der im Taktikabteil der Pinasse saß, hatte ohne Befehl die bordeigenen Sensoren von der Navigations- in die taktische Analyse umgeschaltet, und Honor stierte, vor Grauen wie betäubt, in die Holoprojektionen. Die tödliche Vernichtungswelle war tief in den Ferienkomplex eingedrungen. Wenigstens ein halbes Dutzend Gebäude hatte sie unter sich begraben. Honors Magen verkrampfte sich, als sie überlegte, wie viele Menschen sich wohl auf den Hängen befunden hatten, als dieses Ungeheuer zuschlug. Honor Harrington stammte von Sphinx, und unter den drei bewohnten Welten des Sternenkönigreichs war Sphinx die kälteste. Mit Lawinen und dem Schrecken, den sie anrichteten, kannte sie sich aus. Sie drückte die Comtaste.
    »Bravo Leader, hier Bravo-Drei«, meldete sie sich, und wenigstens klang sie nun, als habe sie ihr Gleichgewicht zurückerlangt. »Ich übernehme das Kommando über den Schwarm.«
    »Drei, hier Leader«, antwortete Lieutenant Freemantle mit unverkennbarer Erleichterung. »Der Schwarm gehört Ihnen, Ma’am. Womit fangen wir an?«
    »Zuerst drehen wir nach Steuerbord ab«, antwortete Honor. »Dann überfliegen wir den Schneerutsch in seiner Bewegungsrichtung von oben nach unten. Eine vollständige taktische Abtastung vornehmen. Es wird schwer sein, durch eine Schneedecke so winzige Wärmequellen wie Menschen auszumachen, aber –«
    »Bravo Flight, hier ExCom«, unterbrach eine andere Stimme sie zornig. »Kehren Sie augenblicklich auf die vorgesehene Flugbahn zurück!«
    Honor verzog das Gesicht und kämpfte heftig mit sich, um einen Wutausbruch zu unterdrücken, als Novaya Tyumens Worte aus ihrem Ohrhörer drangen. Sie erkannte den persönlichen Charakter ihrer Verärgerung, und für dergleichen war nun keine Zeit.
    »ExCom, hier Drei«, sagte sie vielmehr, wobei sie sich zu normalem Tonfall zwang. »Wir