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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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festen Ast zu ziehen. Fängt-gewandt war nicht als Einziger dieser Ansicht; Jünglinge, die in das Alter kamen, wo man ihnen zu jagen beibrachte, baten ihn immer wieder, er möge ihnen seine Kniffe zeigen, und Alte lächelten, wenn sie an die langen Stunden dachten, in denen sie über einem Gewässer lauerten, in sonnenhelle grüne Tiefen starrten und geduldig den rechten Moment abwarteten.
    Es lag ihm einfach im Blut, die Tiefe auszuloten und die darin verborgenen Reichtümer hervorzuzerren. Diese Leidenschaft, diese Freude teilte er mit wenigen Auserwählten. Tief in ihren Herzen verstanden sie, was ihn immer wieder auf die Äste lockte, die über tiefe Teiche und wassergefüllte Schrunde ragten. Wie das Leuchten eines hellen Herdfeuers an einem bitterkalten Wintertag ließ diese Freude ihn zitternd auf einem Ast hoch über einem brüllenden Wasserfall erstarren.
    Plötzlich erschmeckte er etwas aus einer Richtung, aus der er es niemals erwartet hätte, und kniff die Augen zusammen: Ein Geistesleuchten drang in sein Bewusstsein. Es brannte so heiß und unerbittlich wie ein Lauffeuer, das durch den Wald tobte, es knisterte, es lebte, es war gewaltig. Desgleichen hatte Fängt-gewandt noch nie erlebt, und doch erkannte er es im nächsten Augenblick: Die Sagen-Künderinnen seines Clans hatten die Sagenlieder des Clans vom Hellen Wasser wiederholt. Die Lieder kündeten von einem unmöglich anmutenden, ehrfurchtgebietenden Bund. Ein Kundschafter jenes Clans hatte ihn mit einem der zweibeinigen Fremden aus dem Himmel geknüpft.
    Ein Zwei-Bein!
    Fängt-gewandt erbebte entzückt, so stark war das Geistesleuchten. Einen Augenblick lang gab er sich seiner Verwunderung hin. Dann schüttelte er sich heftig, als wäre er kopfüber ins Wasser gestürzt und müsste sich das Fell trocknen. Langsam kroch er auf dem Ast vor und spähte durch das dichte Blattwerk auf den Schwindel erregenden Wassersturz und die Pflanzen an den felsigen Ufern. Zum ersten Mal drangen Zwei-Beine so tief in die Berge vor. So dicht am Herzland des Clans vom Lachenden Fluss hatte man noch keines von ihnen gesehen. Was suchten sie hier? Waren sie gekommen, um Nester aus Stein und Nicht-Holz zu bauen wie die, die er in den Sagenliedern der anderen Clans gesehen hatte?
    Indem er die Schnauze zwischen den Blättern vorschob, musterte Fängt-gewandt den steinigen Wasserlauf und sah vor dem dunkelgrünen Laubwerk etwas hell und feuerfarbig aufblitzen. Wie gebannt stierte er das Geschöpf an. Fast unbeweglich stand das Zwei-Bein im Schatten großer überhängender Äste, die eine Brücke zu einer anderen kleinen Insel mitten im Strom bildeten. Dort wuchs ein weiterer Knotenstamm aus dem kargen Boden und verband den großen Baum mit dem anderen Ufer. Von der empfindlichen Nasenspitze bis zum Ende des buschigen Greifschwanzes durchfuhr Fängt-gewandt ein aufgeregtes Zittern.
    Im Gegensatz zu allen Zwei-Beinen aus den Sagenliedern leuchtete der Kopf dieses Exemplars so hell wie ein loderndes Feuer. Sein Gesicht war frei von Fell und zeigte nur glatte Haut, die zwar blass, aber mit unzähligen kleinen Flecken in Gold gesprenkelt war, sodass die seltsame Haut ähnlich fein gezeichnet wirkte wie Fängt-gewandts eigenes Fell.
    Dem hochgewachsenen, hageren Zwei-Bein schien ein Gliederpaar zu fehlen, denn es besaß nur vier Extremitäten. Doch wie es dort bewegungslos auf einem großen Stein stand, war es von einer unheimlichen, fremdartigen Schönheit umgeben. Konzentriert blickte das Zwei-Bein in das tiefe Wasser eines Strudels, erfüllt von Daseinsfreude, und ganz von der Absicht gefangen, einen Fisch zu erbeuten, wie Fängt-gewandt es noch vor wenigen Minuten bewerkstelligt hatte. In den Stummelfingern des Zwei-Beins saßen keine Krallen, mit denen er einen zappelnden Fang hätte festhalten können, und seine Echtpfoten verbargen sich in schweren, klobigen Bedeckungen. Tatsächlich steckte der gesamte Körper in Hüllen aus geheimnisvollem, fremdartigem Gewebe, das unterschiedlich gefärbt und gemustert war.
    Das Zwei-Bein hielt eine lange, schlanken Rute in den Händen, die auf den ersten Blick wie Holz aussah. Bei näherer Betrachtung bemerkte Fängt-gewandt jedoch, dass dieses Holz von keiner Pflanze stammen konnte. Das Nicht-Holz leuchtete weiß wie Wintereis, und daran glitzerten Schnörkel, die so silbrig waren wie die Schuppen eines Fischs. Eine lange, außerordentlich dünne und fast farblose Schnur hing vom Ende der Rute ins Wasser, eine Schnur, die noch

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