Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
wenig nachfühlen. Sie wusste jedoch auch, dass das ausgezeichnete gesellschaftliche Gleichgewicht innerhalb des Sternenkönigreichs zu keinem geringen Teil auf dem ständigen Zustrom von Einwanderern beruhte, die Manticore stets angelockt hatte. Nie hatte es eine überwältigende Flut von Immigranten gegeben, aber ununterbrochen waren sie zugewandert und hatten das Sternenkönigreich nicht etwa geschwächt, sondern ihm ihre eigenen Stärken geschenkt. Elizabeth war von je fest davon überzeugt gewesen und glaubte noch immer, dass dieser Zustrom entscheidend für das Bestehen des Wohlstands im Sternenkönigreich war; der Gedanke, dem Reich neue Planeten einzuverleiben, schreckte sie nicht im Geringsten.
Dennoch erwartete sie nicht, dass es leicht sein würde, dem Parlament diese Idee zu verkaufen.
»Glauben Sie denn, wir sollten Ramirez unterstützen, Allen?«, fragte sie gelassen, und der Premierminister nickte.
»Jawohl, Euer Majestät, das glaube ich. Erstens brauchen wir die Menschen. Zweitens ist Trevors Stern in strategischer Hinsicht überlebenswichtig für uns. Drittens meine ich, dass die … Lebhaftigkeit der San Martinos unserer Gesellschaft letzten Endes sehr nutzen wird. Außerdem würden wir einen Präzedenzfall schaffen, um weitere Planeten aufzunehmen, die uns um Eingliederung bitten – und wir erhielten eine Entschuldigung dafür, Planeten nicht aufzunehmen, die den Anschluss nicht beantragt haben. Offen gesagt, Euer Majestät, würden wir damit die Moral der Öffentlichkeit stärken. Der Auftrieb, den uns Herzogin Harringtons Rückkehr geschenkt hat, lässt schon wieder nach, und die neue Notfallbewilligung für die Navy – und die damit einhergehende zusätzliche Steuerlast – fordern bald ihren Zoll. Unsere Freunde in der Opposition« – sein Mund zuckte grimmig – »sehen selbstverständlich überhaupt keinen Grund, sich die erwähnten Schwierigkeiten zunutze zu machen.«
Er bezähmte sich ein wenig.
»In Anbetracht der Umstände würde die Nachricht wahre Wunder wirken, dass ein fremder Planet freiwillig dem Sternenkönigreich beitreten und unser Risiko und die Last des Krieges mit uns teilen möchte. Schließlich würde sich während eines solchen Krieges niemand der Seite anschließen, die er für die Verliererseite hält. Wenn dieser Gedanke der Wählerschaft und unseren Denkfabriken nicht automatisch kommt, dann werden wir sie schon darauf aufmerksam machen!« Er lachte. »Die Opposition hat doch kein Monopol darauf, mit der Meinung der Öffentlichkeit Spielchen zu treiben, Euer Majestät!«
»Mir gefällt Ihr Argument«, murmelte Elisabeth. Sie drückte Ariel an sich und schürzte die Lippen, während sie überdachte, was er gerade gesagt hatte. »Selbstverständlich ist es noch sehr früh, vielleicht sogar zu früh, um bereits Spekulationen anzustellen. Aber wenn es wirklich funktioniert …«
Ihre Stimme verklang, und Cromarty beobachtete ihr Gesicht, während sie in weite Ferne starrte. Diesen Ausdruck kannte er an ihr, und als er ihn nun erblickte, stand für ihn mit fast völliger Sicherheit fest, dass die vor ihm sitzende schlanke Frau mit der mahagonifarbenen Haut die eigentliche Entscheidung bereits getroffen hatte – ganz gleich, ob es dazu noch zu früh war oder nicht oder ob die Öffentlichkeit, das Parlament und die Wähler die Entscheidung befürworteten oder ablehnten.
Und hat diese Frau erst einmal einen Entschluss gefällt, dann sollte der Rest der Welt sich lieber dem Unausweichlichen ergeben aus dem Weg gehen , dachte Cromarty fröhlich. Sonst wird er am Ende noch verletzt.
16
»Ich glaube, deine Graysons denken, ich hätte einen schlechten Einfluss auf dich, Liebes«, merkte Allison Harrington an, während sie mit Honor vom zweiten Obergeschoss der neuen Villa auf dem Weg ins Esszimmer im Erdgeschoss war. Sie bogen um eine Ecke, und Allison blieb vor der offenen Tür eines Wohnzimmers stehen und bewunderte den ausgedehnten Rasen, den der knöcheltiefe Teppich bildete; er erstreckte sich von der Tür bis zur einer Wand, die ganz aus einseitig transparentem Crystoplast bestand und einen atemberaubenden Blick auf die Jasonbai bot. Dies war nun schon die vierte Tür, vor der sie stehen blieb, und jedes dieser erlesen möblierten Zimmer brüstete sich einer individuellen Farbkomposition und eines eigenen Einrichtungsstils.
»Gar nicht mal so schäbig«, sagte sie mit dick aufgetragener Blasiertheit. »Aber«, fügte sie ein wenig kritisch hinzu, »an
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