Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
großes Pech bringt.« Grinsend fuhr er fort:
»Dann könnten die Havies die Flanke herabschwenken und gegen Grendelsbane oder Solway ziehen. Wenn wir beispielsweise die Satellitenwerft von Grendelsbane verlieren würden, wäre das ein schwererer Schlag für uns als alles, was sie uns außer Basilisk bisher angetan haben. Wenn es nur nach den unmittelbaren Auswirkungen auf die Kriegführung geht, wäre ein Raid auf die Satellitenwerften für uns sogar weitaus schlimmer als der Angriff auf Basilisk. Wenn McQueen eins dieser beiden Systeme ausschalten könnte, hätten wir eine weitere schwere Niederlage kassiert. Dann könnten die Havies in ihrer Republik – und bei uns – behaupten, diese Niederlage sei der beste ›Beweis‹ dafür, dass wir den Krieg verlieren. Ganz zu schweigen davon, dass sie uns damit von Erewhon abschneiden, und Erewhon ist für die Allianz nun mal fast so wichtig wie Grayson.
Was sie nicht tun werden, ist, mit so viel Mühe und Planung eine große Angriffsflotte zu sammeln und sie gegen eins der Systeme zu werfen, die wir in großem Umfang verstärkt haben.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, das lassen sie bleiben, wenn sie schlau sind, und Esther McQueen ist leider ziemlich schlau. Vielmehr suchen sie nach einem lohnenden Ziel, das sie ohne übermäßiges Risiko angreifen können, mit dem sie uns aber weiter im Schwitzkasten haben. Wir hoffen, dass ihr Nachrichtendienst immer noch herauszubekommen versucht, wie Truman sie im Hancock-System besiegt hat, und wenn das stimmt, müssten die Havies eigentlich eher vorsichtig vorgehen.«
»Oder sie stochern gerade darum umso aggressiver«, entgegnete Givens. »Sie wissen zwar nicht, was sie getroffen hat, aber ihnen ist klar, dass es etwas Ungewöhnliches gewesen ist. An McQueens Stelle würde ich so schnell wie möglich ergründen wollen, worum es sich dabei handelt. Und ich würde meine Raids auf breiterer Front vortragen, in der Hoffnung, einen neuen Angriff mit der unbekannten Waffe zu provozieren, auch wenn ich damit wesentliche Verluste bei Sonden und Aufklärern riskiere. Nur dadurch könnte ich fundierte Daten über die unbekannten Eigenschaften erhalten; vorher würde ich es nicht wagen, an Operationen in einem entscheidenden Maßstab auch nur zu denken.«
»Das hatte ich mir auch schon überlegt. Sie könnten Recht haben«, stimmte Caparelli ihr zu. »Wenn die Havies allerdings wirklich verschärfte Aufklärungsvorstöße planen würden, hätten sie damit bereits begonnen. Bislang haben sie sich vielmehr auf Ziele beschränkt, die für uns nicht wichtig genug sind, als dass wir sie mit ›Geheimwaffen‹ schützen würden. Auch aus diesem Grund habe ich so vehement darauf bestanden, die Träger zurückzuhalten und die volle Kampfkraft der Harring … – ich meine natürlich die Medusa -Superdreadnoughts erst dann zu nutzen, wenn wir keine andere Wahl haben. Je mehr Unsicherheit wir erzeugen, desto besser, und White Haven hat Recht: Diese Schiffstypen müssen uns in hinreichenden Stückzahlen zur Verfügung stehen, um einen entscheidenden Vorteil zu erringen. Vorher sollten wir sie nicht ins Gefecht werfen.«
»Und darum mache ich mir um mögliche Aufklärungsvorstöße der Havies noch immer so große Sorgen«, entgegnete Givens. »McQueen muss den Verdacht haben, dass wir genau so etwas vorhaben. Oder zumindest vorhaben könnten.«
»Das meine ich auch.«
Schweigend starrte Caparelli eine Weile in den Tank, dann riss er sich los.
»Die Frage, die ich eigentlich beantwortet haben möchte, lautet anders«, sagte er langsam. »Ändert McQueen ihr strategisches Verhalten? Sie konnte einen wichtigen Vorteil erringen, indem sie ihre Kräfte für die erste Offensive geteilt hat. Dabei ist sie aber auch das Risiko eingegangen, dass die einzelnen Verbände geschlagen werden – was im Hancock-System eben auch geschehen ist. Im Großen und Ganzen hat es sich für McQueen ausgezahlt, denn dadurch konnte sie uns an vielen Punkten gleichzeitig treffen. Selbst ohne den Schaden im Basilisk-System hat allein der astrografische Umfang ihres Operationsgebiets auf unserer Seite so viel Bestürzung erzeugt, dass die Verluste sich für sie gelohnt haben. Wenn sie durch die Operation sonst auch nichts gewonnen hätte, unsere Reaktion hat ihr Monate verschafft, um ihre Verbände auszubauen und die Besatzungen zu schulen, ohne dass sie große Verluste durch Angriffe unsererseits erdulden muss.
Aber sie weiß, dass wir uns ausgiebig umgruppiert haben.
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