Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
gepackt, als dass es ein Irrtum oder das Ergebnis zufälliger Abweichungen sein könnte. Also hat der Kommandeur da drüben einen guten Grund, genau diese Formation einzunehmen.«
»Aber welcher Grund soll das sein, Sir?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Trikoupis langsam. »Es sei denn …« Er dachte noch einige Sekunden nach, dann nickte er. »Ich glaube, wir sehen hier den ersten Versuch, eine LAC-Abwehr-Doktrin zu entwickeln.«
»LAC-Abwehr, Sir?« Towson warf einen Blick auf den eigenen Plot. »Ja, tatsächlich, ich glaube, das wäre möglich.«
»Eigentlich überrascht es mich, dass wir dergleichen bisher noch nicht beobachtet haben«, sagte Trikoupis. »Wenn ich an Stelle der Havies wäre und mir ausmale, was bei Hancock passiert ist, dann hätte ich entsetzliche Angst vor den neuen LAC-Typen. Bisher hatte ich angenommen, die Havies hätten einfach nicht begriffen, wodurch sie damals so große Verluste erlitten haben. Schließlich haben sie seitdem in keinem einzigen Gefecht irgendwelche sichtbaren Vorkehrungen gegen LACs getroffen. Aber jetzt …«
»Wenn diese Formation dort wirklich der LAC-Abwehr dient, sehe ich durchaus die Vorteile, die sie sich versprechen, Sir«, stimmte Towson zu. »Die Ortung der versetzten Schiffe wird durch die Interferenz ihrer Begleitschiffe nicht gestört, jedenfalls nicht auf der einen Seite des Walls. Und sehen Sie sich den Schirm an.« Der Operationsoffizier berührte eine Taste, und die havenitischen Schlachtkreuzer und Kreuzer blinkten. »Sehen Sie, wie die meisten davon sich nach hinten zurückgezogen und zu den Seiten ausgebreitet haben? Wenn man sie so weit auseinander zieht, verringert man ihre gegenseitige Unterstützung enorm, und auch der Abwehrschirm kann die Nahbereichsabwehr des Schlachtwalls nicht mehr nennenswert verstärken. Aber beachten Sie, wie sich der Ortungsbereich dadurch erhöht. Der Raketenschussbereich übrigens auch. Man kann zwar keine ganz so hohe Beschussdichte auf einen gegebenen Punkt richten, aber dafür kann man ein größeres Volumen bestreichen. Das wäre durchaus vernünftig, wenn man hofft, LACs frühzeitig zu orten und noch während des Anflugs unter Beschuss zu nehmen.«
Er runzelte die Stirn und zupfte sich meditativ am Ohrläppchen.
»Angenommen, Sie haben Recht, und es ist wirklich der erste Versuch einer wirkungsvollen LAC-Abwehr, Sir, warum konzentriert man dann diese schweren Schiffe an nur einer Flanke? Die Ortungsdichte ist dort höher und das Raketenfeuer dichter, aber nur an dieser Seite des Walls; der anderen Seite nutzt es gar nichts.«
»Das weiß ich auch nicht«, gab Trikoupis zu. »Ich würde sagen, dass sie sich ihrer Schiffsführung einfach noch nicht sicher genug sind. Wenn sie sich auf einer radikal anderen Achse reformieren müssten, bereitet ihnen der Auswuchs auf einer Seite schon genug Mühe. Und die Ebene des Walls auf beiden Seiten zu versetzen?« Er schüttelte den Kopf. »Das würde ich nicht einmal mit graysonitischen oder manticoranischen Schiffen gern versuchen. Nein, ich glaube, wir sehen hier einen Kompromiss vor uns zwischen dem, was sie gern täten, und dem, was sie sich realistisch zutrauen. Ich muss sagen, mein Respekt für den unbekannten Urheber dieser Idee wächst dadurch sogar. Es muss sehr verführerisch gewesen sein, jede mögliche Verbesserung mit hineinzuquetschen, aber er war so klug und begnügte sich mit dem, was seiner Meinung nach durchführbar wäre, statt zu viel auf einmal zu probieren.«
»Ich verstehe. Andererseits schadet diese Anordnung ihnen sehr, sobald das Raketenduell beginnt. Es sei denn natürlich, sie ziehen sich dann rasch wieder zusammen.«
»Das glaube ich aber nicht. Wenn sie das wollten, hätten sie es schon getan … Sehen Sie nur! Sie schwenken jetzt nach backbord.«
Towson nickte, aber er antwortete seinem Admiral nicht direkt. Er war zu sehr damit beschäftigt, Anweisungen über das taktische Datennetz zu erteilen, und Trikoupis wollte ihn nicht stören. Ab diesem Punkt konnte ein Admiral den Ausgang des Gefechts kaum noch beeinflussen. Die Schulung der Besatzung, die Planung, die Verteilung und die Eröffnungszüge waren beendet, die Handlungsmöglichkeiten beider Seiten lagen offen und wurden durch Annäherungsgeschwindigkeit und Salvenstärke beider Seiten bestimmt. Konteradmiral Trikoupis und Vizeadmiral Malone waren nun nur noch hochrangige Beobachter, die sich darauf verlassen mussten, dass ihre Untergebenen ihr Handwerk verstanden.
Trikoupis
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