Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
sagte Honor ein wenig verlegen, und Caparelli schmunzelte.
»Das ist wohl nicht ganz falsch, Hoheit. Aber trotzdem, Sie haben den Kadetten gezeigt, wohin sie blicken sollten, und alle waren sehr motiviert. Und das schon, bevor sie Ihnen in die Hände fielen – niemals zuvor haben so viele Kadetten darum gebeten, einer bestimmten Ausbilderin zugeteilt zu werden. Und nachdem Sie ihnen Ihren Stempel aufgeprägt hatten, waren sie erst recht motiviert.« Er lächelte wieder. »Wie ich höre, gefällt Ihnen Ihr Spitzname nicht besonders, Hoheit, aber als die Kadettenschaft hörte, dass ›der Salamander‹ Vorlesungen halten würde, wurde das Sekretariat geradezu überflutet mit Versetzungsgesuchen von Midshipmen, die unbedingt Ihrer Vorlesung zugeteilt werden wollten.«
»Für diese Heldenverehrung bin ich weit weniger verantwortlich als die Medien«, erwiderte Honor.
»Vielleicht.« Caparelli ließ ihr das letzte Wort zu diesem Thema und nahm einen Schluck aus seinem eisgekühlten Glas. Honor trank ebenfalls, setzte das Glas wieder ab und bot Nimitz einen Selleriestängel an. Er nahm ihn und knabberte fröhlich daran, und Honor wandte sich wieder Caparelli zu. Der Erste Raumlord stellte sein von Kondenswasserperlen besetztes Glas auf den Untersetzer.
»Noch mehr als für Ihre Leistungen an der Akademie möchte ich Ihnen für Ihre Arbeit am TLF danken«, sagte er in ernsterem Ton. »Für zwo Dinge dort sogar. Einmal für Ihre Verbesserungen an der Hirnmühle. Zum anderen dafür, dass Sie Commander Jaruwalskis Karriere gerettet haben. Darum hätte ich mich nämlich selber kümmern müssen.«
»Sie sind der Erste Raumlord der gesamten Navy Ihrer Majestät, Sir. Sie haben andere Dinge zu tun, als sich um einzelne, unbekannte Commanders zu kümmern. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich zu Beginn meiner Karriere einmal unter Santino gedient und wusste, was für ein rachsüchtiger Idiot er war. Aus persönlichen Gründen habe ich mich deshalb näher mit der Schlacht von Seaford befasst, als ich es normalerweise getan hätte. Aber ich bin froh, dass Andrea Jaruwalskis Laufbahn doch noch nicht zu Ende ist. Sie ist ein guter Offizier, Sir Thomas. Ein sehr guter sogar. Es ist nur meine Meinung, aber ich finde, BuPers sollte sich einmal überlegen, ob man sie nicht außer der Reihe zum Captain JG befördern kann.«
»Ich glaube, Sie können davon ausgehen, dass man das in Erwägung zieht. Kriangsak hat bereits mit Luden Cortez gesprochen, und wenn ich richtig verstanden habe, steht sie schon auf der Liste.«
»Gut«, sagte Honor entschieden.
Sie hatte es immer gehasst, wie einige Offiziere das Günstlingsspielchen trieben, und war immer der Ansicht gewesen, dass solch ein System schon allein durch seine Natur zu Missbrauch einlud. Elvis Santino und Pavel Young waren ›leuchtende‹ Beispiele für diese Vorstellung. Andererseits hatte sie immer geglaubt, niemals genügend Einfluss zu besitzen, um dieses Spiel ebenfalls zu spielen. Aber nun erkannte sie in der besten Tradition aller Vernunftdenker der Galaxis durchaus einige Vorteile darin. Andrea Jaruwalskis Karriere war auf dem Weg zum Schutthaufen gewesen, und ihre Rettung, die ganz gewiss zum Vorteil der Navy war, verdankte sie einzig und allein der Tatsache, dass Honor Harrington ihre erste Investition ins Patronagesystem getätigt hatte. Vielleicht hatten die hohen Offiziere doch nicht ganz Unrecht, dieses Spiel zu spielen – etwa Leute wie Hamish Alexander (sie bemerkte kaum den vertrauten kleinen Sprung, den ihr Herz beim Gedanken an ihn machte). Wenn man junge Offiziere nicht deswegen förderte, weil sie Verwandte waren oder die Kinder von Freunden oder Menschen, von denen man später einen Gefallen verlangen konnte, sondern wenn man sie förderte, weil sie herausragende Offiziere waren, so bedeutete das tatsächlich, dass man sich für seinen eigenen Aufstieg revanchierte. Nicht bei der Person, die man unter die Fittiche nahm, sondern bei der Navy, beim Sternenkönigreich insgesamt.
»Jetzt muss ich jedoch zugeben«, fuhr Caparelli fort, »dass ich niemals mit den Veränderungen gerechnet hätte, die Sie beim TLF auslösen. Bei Ihrer Vorgeschichte und dem bisherigen Verlauf Ihrer Karriere hätte ich vielleicht damit rechnen sollen, aber ich tat’s nicht. Vielleicht liegt das daran, dass wir alle ein wenig zu sehr unter dem ›Nicht-hier-erfunden‹-Syndrom leiden, das uns die Sicht auf einiges verstellt, was getan werden müsste.«
»So weit würde ich nicht gehen,
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