Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
sie, dann trat sie durch die Tür und ließ ihre jüngste Verwendung hinter sich. Geräuschlos schloss sie die Tür und blieb stehen, um die Ehrenbezeugungen von zwei Raumkadetten im dritten Jahr zu erwidern, die ihre großen Ferien offenbar auf dem Campus verbrachten. Sie gingen nach unten in das hallende Foyer. Honor blickte ihnen einen Augenblick lächelnd nach, dann wandte sie sich dem grün Uniformierten zu, der geduldig vor dem Büro auf sie gewartet hatte.
»Na schön, Andrew. Wir können jetzt gehen.«
»Sind Sie sicher, Mylady?« In seinen Augen zeigte sich die leise Belustigung und das Mitgefühl, das sie in seinen Emotionen schmeckte. Honor drückte ihm die Schulter.
»Ja, ich bin mir sicher«, sagte sie und folgte den Midshipmen ins Foyer.
»Eins muss ich sagen, Hoheit. Aus Ihrer Zeit auf Manticore haben wir mehr als nur das Beste herausgeholt.«
Sir Thomas Caparelli und Honor saßen auf dem Balkon vor seinem Büro. Admiralty House war ein bescheidenes, kaum mehr als hundert Etagen hohes Gebäude, doch das Büro des Ersten Raumlords lag im dreiundsiebzigsten Stock. Die Menschen auf den Gehwegen und Avenuen weit unter ihnen erschienen darum nur noch als bunte Punkte. Der altmodische Sonnenschirm über dem Crystoplasttisch flatterte hin und wieder, wenn ein Flugwagen ein wenig schneller vorbeischoss, als die Verkehrsregeln in solch geringer Höhe gestatteten.
Honor, Nimitz und LaFollet waren zu früh eingetroffen, und so hatte Honor sich damit vergnügt, mit ihrem neuen Auge zu üben; sie hatte den gesamten Bereich von Normalsicht bis maximaler Teleskopvergrößerung durchgeschaltet und die Fußgänger beobachtet. Ein wenig leichtsinnig kam sie sich dabei schon vor, aber es hatte auch eine faszinierende Seite. Sie fühlte sich an Kaleidoskope erinnert, ein Lieblingsspielzeug graysonitischer Kinder. Und im Grunde erschien ihr der Zeitvertreib angemessen: als Beweis, dass ihre körperliche Wiederherstellung, wegen der sie so lange auf Manticore hatte weilen müssen, endlich abgeschlossen war.
Nun, abgeschlossen war vielleicht ein zu … technisches Wort. Ihren Arm konnte sie mittlerweile normal bewegen, aber ihre Finger blieben unerträglich ungeschickt. Manchmal wünschte sie sich fast, sie hätte noch immer nur eine Hand, und keine künstliche. Eine ungeschickte künstliche Hand, auf die kein Verlass war. Andererseits ist es nur eine Frage der Übung , versicherte sie sich immer wieder. Meist zwang sie sich, Arbeiten, bei denen sie zwei Hände benötigte, auch wirklich mit zwei Händen auszuführen, anstatt den Arm abzuschalten und es auf die einhändige Weise zu tun, die sie mühsam hatte lernen müssen.
Nun wandte sie sich Caparelli zu und lächelte ihn über den Tisch hinweg an.
»Es freut mich, dass Sie es so sehen, Sir. Ich muss zugeben, manchmal habe ich mich gefühlt, als würde ich mit ein paar Bällen zu viel jonglieren. Selbst jetzt wünschte ich mir, Sie hätten nur eine einzige Aufgabe für mich vorgesehen gehabt. Auf diese Weise hätte ich mich auf diese eine konzentrieren können. Im Augenblick glaube ich nämlich, ich hätte jede einzelne weitaus besser erledigen können, wenn ich mich nicht derart hätte verzetteln müssen.«
»Glauben Sie mir, Hoheit. Die Navy ist mehr als zufrieden … und Dr. Montaya hatte sicherlich Recht, als er Ihre Vorstellung von einer geruhsamen Genesung beschrieben hat! Wenn ich gewusst hätte, wie sehr Sie sich in jede Aufgabe hineinstürzen, die ich Ihnen stelle, dann hätte ich mich schrecklich schuldig gefühlt, als ich Sie darum bat. Ich hätte es allerdings trotzdem getan, fürchte ich, denn wir haben Sie auf beiden Posten gebraucht.«
Honor winkte ab – mit der linken Hand diesmal, doch Caparelli schüttelte nur den Kopf.
»Nein, Hoheit. Das kann man nicht einfach so beiseite wischen. In Ihren Vorlesungen haben Sie Großartiges geleistet, obwohl Sie bis über beide Ohren in der Arbeit steckten, und Ihre berühmten Dinnerpartys gingen über alle Anforderungen der Pflichterfüllung hinaus. Ich glaube nicht, dass ich je erlebt habe, dass Midshipmen sich tatsächlich die Finger wundgeschuftet haben, um von einem Admiral eingeladen zu werden. Gewöhnlich ist es eher andersherum. Noch dazu waren bei den Abschlussprüfungen in Taktik vierzehn von den fünfzehn besten Erstjahres-Kadetten Ihre Schüler – und siebenunddreißig unter den besten fünfzig.«
»Aber gearbeitet haben sie selber, Sir. Ich habe sie nur in die richtige Richtung geführt«,
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