Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
absichtlich von ihr und Nimitz fern, und Honor fragte sich unvermittelt, wie gut er sich wohl mit Katzen im Allgemeinen – und mit ihr und Nimitz im Besonderen auskenne.
»Bei uns fällt die Übermittlung etwas schärfer und spezifischer aus, würde ich sagen«, fuhr sie fort, und alle nickten. Die Anwesenden waren in die Besonderheiten ihres Links zu Nimitz eingeweiht. »Aber Sie haben Recht. Solange der Link nicht sehr stark ist, und solange die andere Person in diesem bestimmten Augenblick nicht daran denkt, lassen sich spezifische Rückschlüsse nur schwer ziehen.«
»Hm.« Benjamin rieb sich nachdenklich über die Oberlippe. »Ich kann mir einige Gründe denken, weshalb sich Mueller in Ihrer Gegenwart … unbehaglich fühlen könnte, Elisabeth. Oder in deiner, Honor. Seine Furcht kann ich jedoch nicht einordnen. Vielleicht hat Ihr Besuch ihm die Bedrohung seiner Pläne verdeutlicht? Sie haben immerhin innerhalb einiger Tage etliche seiner Winkelzüge und eine gewaltige finanzielle Investition zunichte gemacht.«
»Ich weiß es nicht.« Elisabeth seufzte. »Ich denke, es könnte schon so sein. Aber Ariel sagt, Mueller hätte sich ängstlich angefühlt, nicht unbehaglich, frustriert oder empört.«
»Verzeihen Sie, Euer Majestät«, warf Major Rice schüchtern ein, »aber vielleicht hat er’s geschafft, seine Hintermänner anzukotzen …« Er verstummte abrupt, blickte Elisabeth, Honor und Shemais entschuldigend an und wurde purpurrot im Gesicht.
»Verzeihen Sie bitte«, sagte er noch einmal, aber in anderem Ton. Shemais verbarg ein Lächeln hinter der Hand und holte tief Luft. »Was ich eigentlich meinte«, fuhr Rice beharrlich fort, »ist, dass wir …« – er wies auf seine Uniform, um klar zu machen, wen er mit ›wir‹ meinte – »dass wir Mueller aus verschiedenen Gründen im Auge behalten. Es könnte gut sein, dass einige seiner Bekannten sich als unangenehmere Menschen entpuppten, als er geglaubt hat.« Er blickte den Protector an, und erst als Benjamin ihm fast unmerklich zunickte, wandte der Major sich an Elisabeth.
»Ich hatte vor, den Herrn Premierminister und Colonel Shemais heute Abend darüber zu informieren, aber da Sie selbst auf Mueller zu sprechen kamen, kann ich genauso gut jetzt anfangen. Mueller bereitet uns innenpolitisch Sorge, und seine Aktivitäten sind Gegenstand einer Ermittlung.«
Honor weitete die Augen. Im Gegensatz zu den manticoranischen Gästen wusste sie, was es bedeutete, gegen einen der graysonitischen Schlüssel zu ermitteln. Ohne triftigen Grund hätte das Schwert sich niemals darauf eingelassen, denn zum einen mussten schwerwiegende Indizien vorliegen, um eine solche Ermittlung überhaupt einzuleiten, und zum anderen drohte ein beträchtlicher politischer Schaden, wenn die Ermittlung bekannt würde. Doch wenn Benjamin tatsächlich eine Feststellung des Schwertes ausgesprochen hatte, der zufolge ein Schlüssel des Hochverrats verdächtigt wurde – was die einzige legale Grundlage einer verdeckten Ermittlung gegen einen Gutsherrn darstellte –, dann erklärten sich daraus vielleicht die starken Hassgefühle, die Honor jedes Mal von ihm empfing, wenn Muellers Name fiel.
»Wir spüren unter anderem den unsäglichen Geldbeträgen nach, mit denen er um sich wirft«, fuhr Rice fort. »Wir besitzen Beweismaterial, dass er Oppositionskandidaten illegale Spenden für den bevorstehenden Wahlkampf zukommen lässt. Das ist ein ernstes Vergehen, aber es erfüllt noch nicht den Straftatbestand des Hochverrats. Wegen Hochverrats aber kann das Schwert einen Gutsherrn präventiv des Amtes entkleiden, solange er nicht eine Zwodrittelmehrheit der Schlüssel gegen sich hat. Erst nach diesem Amtsentzug kann man den Gutsherrn vor Gericht stellen. Doch bei den Vergehen und Straftaten, die wir Mueller nachweisen können, wäre ein ausgewachsenes Impeachment-Verfahren erforderlich, bei dem wir die Zwodrittelmehrheit haben müssten, um ihm seinen Gutsherrntitel zu nehmen. Das würden wir gern vermeiden, und deshalb graben wir auch noch an anderen Stellen. Wenn es sein muss, begnügen wir uns am Ende aber auch mit dem Impeachment.
Trotz unserer Fortschritte können wir die Leute immer noch nicht identifizieren, die ihm große Summen zukommen lassen. Offensichtlich repräsentieren sie eine ausgedehnte, sehr finanzstarke Organisation. Ich vermute, Mueller hat gerade erst begriffen, dass er sie nicht ganz in der Hand hat, wie er bislang glaubte. Dafür haben wir ebenfalls noch keine
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