Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
Nase gerieben – nicht zum ersten Mal übrigens. Manchmal habe ich den Verdacht, sie wünschten, ich wäre ein altmodischer Chauvinist, dann könnten sie sich an meiner Niederlage weiden. Zu ihrem Glück erleidet dauernd irgendjemand eine Niederlage, über die sie vor mir herziehen können, und das ist fast genauso gut.«
»Das kann ich mir vorstellen«, stimmte Elisabeth lachend zu.
Mit den Ehefrauen des Protectors hatte sie sich rasch angefreundet, und Rachel Mayhew hatte mit großem Erstaunen festgestellt, dass der Baumkatzengefährte der Königin von Manticore erheblich jünger war als ihr Baumkater Hipper. Und dass er besser mit der Gebärdensprache zurechtkam. Wie Honor mussten sich auch die Mayhews noch daran gewöhnen, dass man plötzlich mit Baumkatzen Tischgespräche führen konnte. Wenigstens gibt es im Protectorenpalast nur einen einzigen Baumkater , dachte Honor voll Neid. Nun, solange Elisabeth und Ariel Hausgäste waren, gab es zwei Baumkater, aber in Harrington House waren es (Nimitz und Samantha eingeschlossen) dreizehn Baumkatzen. Und jede davon bediente sich wie verrückt der Gebärdensprache – einschließlich der jungen. Wahrscheinlich würde Honor nie wieder eine so grenzenlose Freude erleben wie bei den ersten echten, beiderseitigen Konversation mit ihren sechsbeinigen Freunden. Aber wenn sie so viele Katzen dabei beobachtete, wie diese gleichzeitig (und mit breit gestreuter Fertigkeit) Gebärdensprache betrieben, kam sie sich vor, als säße sie in einem altmodischen Kolbenmotor in der Falle.
Nimitz, der hinter Honor auf der Stuhllehne saß, lachte leise bliekend, als er ihre Gedanken aufnahm, und sie schmeckte seine geistige Liebkosung.
»Das bezweifle ich nicht«, sagte Benjamin. »Trotzdem, Henry hat Recht. Sie haben die Konservativen in die ungeordnete Flucht geschlagen.« Er lächelte ausgesprochen zufrieden. »Selbst Muellers Medienkampagne hat sie nicht vor dem Schiffbruch in den Umfragen gerettet. Und seine Miene, als er Ihnen und dem Herzog diese Gedächtnissteine übereicht hat!«
»Ich weiß schon.« Elisabeth lächelte weniger zufrieden als Benjamin, und er schaute sie fragend an. Kurz erwiderte sie seinen Blick und zuckte mit den Schultern. »Es ist nur … Etwas an ihm bereitet mir Kopfzerbrechen. Und Ariel auch«, fügte sie hinzu. Aller Augen richteten sich auf den Baumkater auf ihrem Schoß. Ariel hob den spitzohrigen Kopf und erwiderte die Blicke mit grasgrünen Augen.
Colonel Shemais räusperte sich. »Verzeihen Sie, Euer Majestät, aber was meinen Sie, damit, etwas bereitet Ihnen und Ariel ›Kopfzerbrechen‹?«
Die Königin sah ihre Chefleibwächterin fragend an, und Shemais runzelte die Stirn. »Die Queen’s Own haben schon längst gelernt, dass man die ›Gefühle‹ einer Katz ernst nehmen muss, Euer Majestät. Wenn wir uns wegen irgendetwas Sorgen machen sollten, würde ich das gern erfahren.«
»Ich weiß nicht, ob man das so formulieren kann«, sagte Elisabeth langsam. »Wenn ich eindeutig wüsste, hätte ich Sie bereits informiert. Es ist eben nur ein … Gefühl. Ariel und ich haben darüber gesprochen, während Benjamin sich umzog. Ariel kann es einfach nicht konkreter ausdrücken. Wir lernen noch immer die Gebärdensprache, aber ich glaube, das ist gar nicht das Problem. Ariel zufolge …« – sie strich dem Kater sanft mit einer Hand über den Rücken – »geht Mueller zurzeit einiges durch den Kopf. Er ist nervös und wütend und fürchtet sich vor irgendetwas sehr. Mich kann er überhaupt nicht leiden. Aber seine Wut oder Furcht hat nichts mit mir zu tun – genauer gesagt, nicht direkt. Ich spiele dabei zwar eine Rolle, aber er hat eher Angst vor mir; er bedroht mich nicht, obwohl er mich hasst.« Schief grinsend zuckte sie mit den Schultern. »Für mich war es ziemlich ernüchternd festzustellen, dass Katzen längst nicht so allwissend sind, wie wir immer geglaubt hatten. Ariel kann den Gefühlen anderer Menschen zwar einiges entnehmen, aber er kann keine direkten Verbindungen zwischen diesen Emotionen und bestimmten Menschen oder Gedanken erspüren. Dazu müssten diese Verbindungen sehr stark sein … und die betreffende Person muss sich intensiv mit diesen Gedanken befassen.«
»Bei mir und Nimitz ist das sehr ähnlich«, stimmte Honor ihr stirnrunzelnd zu. Bisher hatte sie es nicht bewusst wahrgenommen, doch wie sie nun zurückdachte, fiel ihr auf, dass Mueller ihr beharrlich aus dem Weg gegangen war. Fast war es, als halte er sich
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