Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
wieder, diesmal aber vor echter Belustigung über die Absurdität der Situation.
»Wenn dieser Haufen reaktionärer alter Stockfische dich dermaßen plagt, ist das doch nur ein Zeichen dafür, wie gut sie dich leiden können«, stellte Henke fest. Honor warf ihr einen scharfen Blick zu, und sie schüttelte den Kopf. »Jawohl, Benjamin Mayhew ist der Avantgardist schlechthin für das, was man auf Grayson als Liberalismus bezeichnet, Honor. Ich achte ihn sehr, aber seien wir doch mal ehrlich: Selbst die liberalste Seele auf dieser Welt ist nach manticoranischen Standards ein hoffnungsloser Reaktionär! Mit allem schuldigen Respekt kann man mit Fug und Recht weder Reverend Sullivan noch Hochadmiral Matthews als Liberale bezeichnen – auch nicht nach graysonitischen Kriterien. Wirklich, ich mag diese Leute sehr, und ich bewundere sie sogar; ich fühle mich in ihrer Gesellschaft nicht einmal besonders unwohl. Ich würde sogar einräumen, dass sie Benjamins Reformen nach Kräften unterstützen, aber sie sind auf Grayson aufgewachsen, bevor es eine Allianz gab. Was die Bewusstseinsänderung betrifft, die für die Aufnahme fremdweltlicher Frauen in graysonitische Dienste nötig war, hat Matthews ausgezeichnete Arbeit geleistet – und noch bessere, was die Gleichbehandlung anging, nachdem die Frauen schließlich ihren Dienst antraten. Doch in ihrem Innersten haben er, Sullivan – und vermutlich auch Benjamin – den Gedanken nie überwunden, dass Frauen verzärtelt und beschützt werden müssen, das solltest du wissen. Wenn sie dir also ernste Schwierigkeiten machen, dann müssen sie dich wirklich sehr, sehr gern haben.«
Sie zuckte die Achseln, und Honor sah sie ungläubig an.
»Begreifst du überhaupt, wie albern das klingt? Sie respektieren Frauen und wollen sie beschützen, und wenn sie mich in den Wahnsinn treiben, dann bedeutet es, dass sie mich mögen?«
»Natürlich«, entgegnete Henke gelassen, »und das weißt du so gut wie ich.«
Honor stierte sie an, und Henke erwiderte den Blick mit derart unschuldiger Miene, dass Honor schließlich nicht anders konnte, als voll ironischer Zustimmung zu grinsen.
»Ich schätze schon«, gab sie zu, doch dann erstarb ihr Lächeln. »Das nimmt nichts von der Verlegenheit, die ich dabei empfinde. Du weißt sehr gut, dass es auf Manticore Leute gibt, die behaupten werden, ich hätte darauf bestanden, dass der Name der Klasse beibehalten wird. Und selbst wenn dem nicht so wäre, peinlicher geht es doch gar nicht mehr. Nein«, sie winkte ab, als wollte sie Mücken verscheuchen, »ich hab ja nichts dagegen, wenn man ein Schiff nach einem Raumoffizier benennt, der wirklich tot ist, aber ich bin verdammt noch mal noch am Leben!«
»Zum Glück«, sagte Henke leise. Die Heiterkeit war von ihr gewichen. Honor wandte sich ihr zu, als sie die plötzliche Düsternis ihrer Emotionen wahrnahm, doch Henke riss sich zusammen und streckte die Beine aus.
»Übrigens«, fuhr sie beiläufig fort, »ich wollte dir noch etwas erzählen. Hast du das HD von deiner Trauerfeier auf Manticore gesehen?«
»Ich hab’s überflogen«, sagte Honor beklommen. »Ich kann so etwas einfach nicht ertragen. Es kam mir vor wie ein schlechtes Historienmelodram. So ein Massenspektakel, du weißt schon. Und ich rede nicht einmal von der Krypta in der King Michael’s! Ich meine, mir ist schon klar, dass es ein Staatsbegräbnis war und dass die Allianz glaubte, die Havies hätten mich ermordet. Ich weiß, dass mich das in eine Art von Symbol verwandelt hat, aber trotzdem …« Sie schüttelte den Kopf, und Henke schnaubte.
»Dass dabei ein gewisses Kalkül eine Rolle gespielt hat«, sagte Michelle, »räume ich ein, aber längst nicht so sehr, wie du vermutlich glaubst. Eigentlich wollte ich jedoch auf etwas anderes hinaus, nämlich auf meine eigene genügsame Rolle in deinem Cortège. Davon weißt du doch wohl?«
»Ja«, antwortete Honor leise. Sie dachte an Michelle Henke: Mit steinernem Gesicht und in langsamem Schritt war sie im gemessenen Takt einer einzelnen Trommel der anachronistischen Protze über den King Roger I Boulevard gefolgt, das blanke Schwert von Harrington in den behandschuhten Händen, schimmernde Tränen unvergossen in den Augen. »Ja, davon weiß ich.«
»Nun, ich möchte nur eins dazu sagen«, erklärte Henke hastig. »Und ich wiederhole es auch nicht. Tu mir das nicht noch mal an! Hast du mich verstanden, Lady Harrington? Ich möchte nicht noch einmal auf deine Beerdigung müssen!«
In
Weitere Kostenlose Bücher