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Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx

Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx

Titel: Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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erzogen worden. Und auch wenn er als Erwachsener eher aus kulturellen denn religiösen Gründen Mitglied der Kirche blieb – viele Kirchenchöre rissen sich um seine Bassstimme, und er sang sehr gern –, hatte seine Karriere als Raumoffizier seine traditionalistischen politischen Ansichten nicht mildern können. Eine starke Monarchie, die sich auf ein stabiles Freisassentum stützt – das war das Kredo der Highlander von Gryphon. Ihr Hader mit dem Adel war in gewissem Sinne das Gegenteil von Radikalismus. Schließlich war es Gryphons Adel – und nicht das Bürgertum –, der kontinuierlich danach strebte, die bestehende Ordnung umzuwälzen.
    Als Anton die riesige Menge armer Immigranten sah, die, in das Amphitheater gepackt, den aufwieglerischen Rednern applaudierten und Anti-Establishment-Slogans sangen, kam er sich ein wenig vor wie ein Kirchendiakon auf einem Sünderkonvent. Dieser Eindruck wurde noch umso mehr verstärkt, als der eigentliche Zweck der Versammlung in direktem Zusammenhang mit dem Plan zur Rettung seiner Tochter stand. In gewissem Sinne war niemand anders als er für diese anrüchige und unziemliche Veranstaltung verantwortlich.
    Sein Unbehagen musste sich auch in seiner Körperhaltung widergespiegelt haben, denn Robert Tye, der auf der Bank neben ihm saß, hoch oben in der Galerie, beugte sich zu ihm und flüsterte: »Ich habe gehört, diese Art von Veranstaltung sei ansteckend. Verbreitet sich durch Tröpfcheninfektion.« Anton warf ihm einen strengen Blick zu. Tye reagierte mit einem verschmitzten Lächeln. »Aber in deinem Fall vielleicht auch nicht«, gestand er ein und setzte sich wieder aufrecht hin. »›Meine Kraft ist wie die Kraft von Zehnen, weil ich von ganzem Herzen Royalist bin.‹«
    Anton ignorierte den Hohn. Auf dem Podium, weit unten, sah er Cathy in der Rednerschlange; sie würde als Nächste ans Pult treten. Zumindest glaubte er das aus der Art zu ersehen, wie sie auf ihrem Stuhl herumzappelte und eilig ihre handschriftlichen Notizen überflog. Anton musste sich dazu zwingen , nicht auch zu zappeln. In seinem Fall lag es nicht so sehr an der Nervosität als vielmehr am Widerstreit seiner Emotionen. Einerseits faszinierte ihn die Aussicht, endlich eine öffentliche Rede von Cathy miterleben zu können. Schon als junge Frau im manticoranischen Oberhaus hatte die Gräfin of the Tor als berühmte Rednerin gegolten. Besser gesagt: Sie war berüchtigt gewesen. Nach allem, was ihm seit seiner Ankunft auf Terra zu Ohren gekommen war, hatte dieser Ruf während ihres Exils nicht gelitten. Ganz im Gegenteil.
    Andererseits …
    Anton sog tief den Atem ein und ließ ihn langsam wieder entweichen. Seine Lippen zuckten, und er verzog sie zu einem krummen, selbstverachtenden Lächeln.
    Ein dickköpfiger Highlander, der sich von einem verdammten Radikalen mit wildem Blick betören lässt! Was zur Hölle ist nur los mit mir?
    Er versuchte sich abzulenken, indem er den Blick durch das Amphitheater schweifen ließ. »Soldier Field« wurde es genannt, ein Name, dessen ursprüngliche Bedeutung längst vergessen war, vergraben unter den Trümmern von Chicagos legendären Jahrtausenden. Das Gebäude war so alt, dass Anton sogar hier und dort einige Stellen aus jenem unglaublich primitiven Baumaterial namens Zement erkennen konnte.
    Im Laufe der Jahrhunderte war der ursprüngliche Rohbau des Amphitheaters natürlich wieder aufgebaut und dann nach und nach saniert worden, sodass der Bau nun fast schon eine mystische Atmosphäre verströmte. Von dem ursprünglichen Versammlungsbereich war nichts mehr übrig bis auf den Raum selbst. Das Material, das diesen großen Hohlraum tief unter der Oberfläche der modernen Stadt einschloss, hatte sich im Laufe der vorankriechenden Jahrtausende immer wieder verändert. Der Hohlraum selbst aber war erhalten geblieben, als hätten die Geister jener, die ihn einst ausgefüllt hatten – die meisten von ihnen vergessene Seelen – die vorrückende Stadt in Schach gehalten.
    Im Laufe der Jahrhunderte waren Chicagos Ausgestoßene immer wieder hierher gekommen, um ihre Beschwerden vorzutragen und ihre Klagen zu äußern. Hauptsächlich hatten sie das getan, nahm Anton an, um sich am einzigen Ort im Alten Viertel umsehen zu können, der nicht beengt und verbaut war. Der einzige Ort, an dem die ins Getto strömenden Massen einander wirklich sehen konnten – und erahnen konnten, wie zahlreich sie waren.
    Und sie waren in der Tat unfasslich zahlreich. Eingedenk dessen,

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