Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
bekomme aber keinen Sitz im Unterhaus – weil ich eine Peeress bin! Und selbst, wenn es anders wäre, sind allgemeine Wahlen so ziemlich das Letzte, was High Ridge zulassen würde. Deshalb könnte ich nicht einmal dann für einen Sitz kandidieren, wenn ich es dürfte!«
»Die Gräfin of the Tor kann keinen Sitz im Unterhaus haben«, stimmte Zilwicki ihr zu. »Catherine Montaigne hingegen könnte es durchaus – wenn sie nicht mehr die Gräfin of the Tor wäre.«
»Ich …« Sie wollte ihm eine rasche Erwiderung geben, doch dann erstarrte sie und blickte ihn entsetzt an.
»Das habe ich gemeint. Du lässt es zu, dass deine ererbte Machtposition dir im Weg steht«, sagte er sanft. »Ich weiß, dass du keine größere instinktive Verehrung für das aristokratische Privileg hegst als ich – wahrscheinlich noch weniger, weil du damit geboren wurdest und genau weißt, wie oft dabei so etwas wie Verehrung völlig unverdient wäre. Manchmal glaube ich allerdings, die Gesellschaftsschicht, aus der du stammst, legt dir noch immer Scheuklappen an. Ist dir noch nie der Gedanke gekommen, dass dich deine Position als Peeress, die durch den Ausschluss aus dem Oberhaus quasi kaltgestellt ist, tatsächlich eher behindert und dir wenig nützt?«
»Ich …« Sie riss sich zusammen. »Nein, das war nie so«, sagte sie langsam. »Ich meine, in gewisser Weise ist der Titel doch nur …«
»… doch nur, was du bist«, beendete er den Satz für sie. »Aber das stimmt nicht, und das weißt du auch. Vielleicht war es so, bevor du nach Alterde aufgebrochen bist, aber seitdem bist du um einiges gewachsen. Wie wichtig ist es dir, Peeress des Sternenkönigreichs zu sein?«
Sie dachte eine ganze Weile nach. »Wichtiger als ich zugeben möchte«, gestand sie unumwunden und schüttelte den Kopf. »Verdammt. Bevor du mir diese Frage gestellt hast, hätte ich behauptet, ich gäbe keinen Pfifferling darauf. Aber das stimmt nicht.«
»Und das überrascht mich nicht«, sagte er sanft. »Aber lass mich dir noch eine Frage stellen: Ist dein Titel als Gräfin of the Tor dir genauso wichtig wie deine Prinzipien?«
»Auf keinen Fall«, sagte sie sofort und mit einer grimmigen Gewissheit, die sie selbst ein wenig erstaunte.
»Dann überlege dir Folgendes«, sagte er, schlug ein Bein über und nahm eine bequemere Haltung ein. »Eine feurige Adlige, verzehrt von der Leidenschaftlichkeit ihrer Überzeugungen, gibt ihren Anspruch auf einen der am höchsten geachteten und meistbegehrten Adelstitel im ganzen Sternenkönigreich auf. Entschlossen, für ihre Prinzipien zu kämpfen, opfert sie ihren ererbten privilegierten Stand, um zur Wahl – zur Wahl , stell dir vor – ins Unterhaus anzutreten, weil man sie wegen ebendieser Überzeugungen vom Oberhaus ausgeschlossen hat. Erst einmal gewählt, genießt sie natürlich einen moralischen Rückhalt, den sie als Besitzerin eines ererbten Titels niemals besessen hätte. Sie hat für ihre Prinzipien offensichtlich einen hohen Preis gezahlt und aus eigenem Entschluss etwas aufgegeben, das niemand ihr je hätte wegnehmen können, weil darin ihre einzige Möglichkeit bestand, sich wirksam für das einzusetzen, woran sie glaubt. Sie hat alle ihre Sonderrechte bereitwillig aufgegeben, im Gegensatz zu ihren adligen Gegnern, die ihre privilegierten Stellungen offensichtlich – zumindest teilweise – deshalb behalten wollen, weil sie um ihren Status quo fürchten. Und der Erfolg ihrer Wahlkampagne beweist überdies, dass sie über den öffentlichen Rückhalt verfügt, den sie braucht, um aus eigener Kraft ins Parlament gewählt zu werden. Ein Rückhalt, den keiner aus dem Oberhaus vorweisen kann. Zumindest wäre keiner von ihnen dazu bereit, es darauf ankommen zu lassen, ob sie ihn besitzen oder nicht.«
»Ich glaube, ich erkenne mich in der selbstlosen kleinen Heldin aus deinem moralischen Rührstück nicht so richtig wieder«, entgegnete sie, aber ihre blauen Augen leuchteten. »Selbst wenn ich meinen Titel abtrete, würde ich damit kaum einen edelmütigen Eid auf die Armut ablegen. Ich müsste mit meinen Buchhaltern reden, um sicher zu sein, aber aus dem Bauch heraus würde ich schätzen, dass weniger als ein Viertel des gesamten Tor-Vermögens an den Titel gebunden ist. Um ehrlich zu sein, mehr als die Hälfte des gegenwärtigen Familienvermögens stammt von Mutters Seite und hat mit dem Titel überhaupt nichts zu tun.«
»Das ist mir klar, aber trotzdem kann ich mir kaum vorstellen, dass dein Bruder sich
Weitere Kostenlose Bücher