Honor Harrington 14. Honors Krieg
Ravenheim dünn. Er holte tief Luft, verschränkte die Hände auf dem Rücken und durchmaß mit langen Schritten einmal das Büro des Admirals auf dem Planeten Sachsen.
»Nun gut«, sagte er schließlich und wandte sich wieder dem größeren Mann zu. »Ich will versuchen, mein Temperament im Zaum zu halten. Sie jedoch, Herr Admiral , werden mir meine Fragen beantworten. Und ich warne Sie ein letztes Mal, ich möchte von Ihnen kein ausweichendes Lavieren mehr hören. Haben Sie mich verstanden?«
»Jawohl, Herr Großadmiral«, antwortete Sternhafen steif.
»Nun gut«, wiederholte Ravenheim. »Worauf ich hinaus wollte, ist Folgendes: Soweit ich Ihren Berichten entnehmen kann, haben weder Sie noch irgendeiner Ihrer Untergebenen auch nur den geringsten Versuch unternommen, die Hypothese der Herzogin von Harrington bezüglich der Vorfälle im Zoraster-System auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Stattdessen haben Sie das Angebot der Herzogin, den Vorfall gemeinsam zu untersuchen, summarisch abwiesen.«
»Herr Großadmiral.« Sternhafen klang gefährlich geduldig, doch Ravenheim entschied sich, ihm diesen Ton durchgehen zu lassen – vorerst jedenfalls. »Harrington wird selbstverständlich versuchen, das Tun ihrer Kommandantin im bestmöglichen Licht darzustellen. Sie werden nun zweifellos anführen, dass ich im Falle Gortz der gleichen Versuchung erliege, und vielleicht haben Sie damit sogar Recht. Trotzdem hatte gerade das manticoranische Schiff, um das es hier geht, in früheren Begegnungen mit der Hellebarde wiederholt ein arrogantes, provokatives Verhalten gezeigt. Ganz sicher wird jede unvoreingenommene Durchsicht des archivierten Signalverkehrs der Hellebarde mit Captain Ferrero die Ansicht Kapitän Gortz untermauern, dass Ferrero eine gefährliche Frau war, die es von vornherein auf eine Konfrontation abgesehen hatte.
Als die beiden Schiffe einander zum letzten Mal begegnet sind – im souveränen Gebiet einer dritten Sternnation und nicht in manticoranischem Hoheitsraum, wie ich betonen möchte –, wollte Ferrero eindeutig ein unter kaiserlicher Flagge laufendes Handelsschiff stoppen und zumindest durchsuchen. Besagtes Handelsschiff ging lediglich seiner rechtmäßigen Beschäftigung nach. Das jedenfalls war die vollkommen vernünftige Schlussfolgerung von Kapitän Gortz. Auch wenn die Aussagen der überlebenden Feuerleitgasten vielleicht nicht schlüssig wiedergeben, welche Botschaften nun genau zwischen der Jessica Epps und der Hellebarde ausgetauscht wurden, so sind die Zeugen sich doch einig, dass Signalverkehr stattgefunden hat. Auch sagen alle drei übereinstimmend aus, dass die Jessica Epps nicht nur Kapitän Gortz' Aufforderung, den Frachter augenblicklich in Ruhe zu lassen, abgewiesen hat, sondern dass sie schon vorher angedroht hatte, das Feuer auf das fragliche Schiff zu eröffnen.
Ich wiederhole, ich sehe nicht, welche andere Möglichkeit Gortz unter diesen Umständen gehabt haben soll. Meiner Ansicht nach verhielt sich Ferrero typisch manticoranisch: Sie hat regelrecht verlangt , dass ein kaiserliches Kriegsschiff sozusagen mit dem Hut in der Hand dasteht und abwartet, während sie die Souveränität der kaiserlichen Flagge verletzt. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir über posthume Auszeichnungen für Kapitän Gortz und seine Besatzung reden sollten, anstatt diesen Menschen die Schuld an dieser … Episode zuzuschieben, wie es jede so genannte ›gemeinschaftliche‹ Untersuchung unter manticoranischer Oberaufsicht zweifellos versucht hätte.«
Ravenheim musterte ihn lange, dann blähten sich die Nasenflügel des Herzogs.
»Admiral von Sternhafen«, sagte er, indem er jedes Wort mit außerordentlicher Präzision aussprach, »ich gebe mir alle erdenkliche Mühe, Ihnen mit der Höflichkeit zu begegnen, die Ihnen, wie Sie mich erinnert haben, als Stationskommandeur im Dienste Seiner Kaiserlichen Majestät zusteht, aber Sie erschweren mir das doch außerordentlich. Ich möchte den Geschehnissen auf den Grund gehen; soweit ich jedoch sagen kann, geht es Ihnen bloß darum, Kapitän Gortz' Verhalten umfassend zu rechtfertigen. Und wie bereits gesagt, machen Sie keinerlei Anstalten, die Angaben der Herzogin von Harrington zu überprüfen oder die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Gortz' doch einen Fehler begangen haben könnte, so patriotisch und edel er sich auch vielleicht verhalten hat – und ich sage vielleicht !«
»Fehler wurden mit Gewissheit begangen, Herr Großadmiral«,
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