Honor Harrington 14. Honors Krieg
Kreuzer HMS Ephraim Tudor auf eine Distanz von fünfzehn Millionen Kilometern das Feuer eröffnet.
Das kurze Gefecht, das nun folgte, war für die Andermaner nicht günstig verlaufen. Offenbar betrug die Maximaldistanz für einen Angriff mit manövrierfähigen andermanischen Raketen etwa zwölf Millionen Kilometer, denn die Leichten Kreuzer schlossen erst zu dieser Entfernung auf, ehe sie ihre ersten Lenkwaffen starteten. Offenbar war auch die Elektronische Kampfführung der Ephraim Tudor die überlegene gewesen, denn die Andermaner konnten nur drei Treffer erzielen, die überraschend leichte Schäden verursachten – und den Tod von neun Besatzungsmitgliedern. Weitere sieben wurden verwundet, doch der Preis für diese Schäden war hoch: Einer der andermanischen Leichten Kreuzer wurde in ein manövrierunfähiges Wrack verwandelt, das rasch Atemluft verlor. Einer der anderen hatte einen schweren Treffer in einem Impellerring erlitten, was sich in verminderter Keilstärke und Beschleunigung äußerte, und wer immer den Befehl über die Division führte, war offenbar zu der Ansicht gelangt, dass Vorsicht den besseren Teil der Tapferkeit darstellte. Die beiden kampffähigen Kreuzer hatten sich auf die Seiten gerollt, die undurchdringlichen Impellerkeile zwischen sich und den weiteren einkommenden Beschuss der Ephraim Tudor gelegt und dann ihr beschädigtes Schwesterschiff in ihren Impellerschatten gebracht.
Honors Befehl folgend, Spannungen so weit als möglich zu minimieren, hatte die Ephraim Tudor das Gefecht abgebrochen, als deutlich wurde, dass die Andermaner ihm ausweichen wollten. Honor hatte keine Meldungen darüber erhalten, wie schlimm die andermanischen Verluste gewesen waren, doch mussten sie zahlreicher gewesen sein als die ihren. Nicht dass das den trauernden Familien der Toten ein großer Trost gewesen wäre.
»Vielleicht hatte der andermanische Geschwaderchef im Walther-System schon gehört, was bei Schiller geschehen ist«, meinte Brigham. »Offensichtlich kommen die Andys an den defensiven Anteil von Geisterreiter noch nicht heran … oder können ihn zumindest noch nicht umgehen. Vielleicht ist es der Ephraim Tudor gelungen, sie ein wenig vorsichtiger zu stimmen.«
»Das wäre möglich«, räumte Honor ein. »Doch dem Zeitintervall nach hätte jeder Kurier von Schiller aus sehr schnell sein müssen, um die Nachricht an den anderen Verband weiterzugeben, bevor dieser nach Walther aufbrach. Und was auch immer die Andys sich gedacht haben, als Ellis sich für seinen Bluff entschied, es sieht ganz so aus, als wollten sie ihn zumindest bedrängen, bis er sie davon überzeugen konnte, dass er sehr viel mehr Feuerkraft in Reserve hatte.«
»Na«, sagte Brigham, »wenigstens haben wir mittlerweile alle unsere Einheiten warnen können. Und wenn es jetzt niemandem mehr gelingt, eines unserer Schiffe aus dem Hinterhalt zu überfallen, dann dürften wir keine weiteren Schiffe mehr verlieren, ohne dass die Andys die gleiche Zeche zahlen.«
»Ich weiß.« Honor lächelte schief. »Ich weiß, Mercedes. Das einzige Problem ist, dass ich eigentlich niemanden töten lassen will. Rache bringt niemanden zurück, den wir verloren haben, und je mehr Feuerwechsel es gibt, desto angespannter wird die Lage, auch wenn wir jeden einzelnen davon ›gewinnen‹. Wenn wir irgendeine Chance haben, die Sache einzudämmen, müssen wir sie ergreifen, sonst gerät sie völlig außer Kontrolle.«
»Sie haben natürlich Recht«, stimmte Brigham ihr zu. »Allerdings kam mir Sternhafens Antwort auf Ihre Depeschen nicht wie ein besonders gutes Zeichen vor. Er protestiert so energisch gegen die schiere Annahme, sein Kommandant könnte einen Fehler begangen haben, dass er jede Untersuchung öffentlich ablehnt. Daher scheint er wohl nicht sonderlich daran interessiert zu sein, die Sache einzudämmen, oder?«
»Nein«, stimmte Honor ihr düster zu. Sie dachte an das kompromisslose Kommunique an die silesianischen und interstellaren Medien, mit dem Admiral von Sternhafen auf ihre Depeschen an ihn reagiert hatte.
»Nein, daran scheint er wirklich nicht interessiert zu sein«, gab sie zu.
»Vielleicht wären Sie so freundlich, mir das zu erklären, Herr Admiral?«, erbat Herzog Chien-lu Anderman von Ravenheim im Tonfall eisigster Höflichkeit, indem er auf den Depeschenchip trommelte. Der Chip steckte in einem Umschlag, deren Farbkodierung ihn als amtliche Pressemitteilung der Weltraumflotte kennzeichnete, und der Umschlag
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