Honor Harrington 14. Honors Krieg
Bedürfnis, auch nur eine Sekunde der ihr verbleibenden Zeit dadurch zu vergeuden, dass sie vergebens mit einem nichtsnutzigen Stümper diskutierte. Erst recht wollte sie nicht riskieren, des Kommandos enthoben zu werden und zurückbleiben zu müssen, während ihre Leute in den Tod geschickt wurden.
»Heben Sie die Munitionierungszuweisung des Geschwaderchefs auf«, befahl sie Benedict tonlos. Der I.O. blickte sie an, und sie zuckte mit den Achseln. »Wir haben noch genug Zeit, wenn Sie sich beeilen«, sagte sie. »Benutzen Sie die Staffelverbindung zum Stationsmagazin. Alle Boote sollen so rasch wie möglich eine Bestückung Typ Lima-Roger-Zwo erhalten. Wenn jemand von der Station Fragen stellt, verweisen Sie ihn auf mich.«
»Aye, aye, Ma'am!«, sagte Benedict scharf, und Flanagan nickte und griff nach ihrem Raumanzug.
Sie schälte sich aus der Uniform und stieg mit dem Mangel an körperlicher Sittsamkeit in den Skinsuit, der aus den LAC-Operationen im Tequila-System offensichtlich nicht wegzudenken war. Währenddessen hörte sie, wie Benedict an seiner Konsole arbeitete, und fletschte die Zähne zu einem Ausdruck, der fast einem Grinsen glich.
Lima-Roger-Zwo – oder ›Standard-Raketenzuladung für Langstreckenabfangeinsatz, Modifikation 2‹ – war kaum eine maßgeschneiderte Bestückung, doch Flanagans LACs hätten damit wenigstens eine Chance, das Abwehrfeuer eines Superdreadnoughts zu durchdringen. Das Paket war für LACs gedacht, die außerhalb des unterstützenden schweren Raketenfeuers schweren Gegnern gegenübertreten mussten. Folglich betonte das Paket die elektronische Kampfführung, sein Schwerpunkt lag bei Antiraketen, Störsenderraketen und Täuschkörpern.
Viel ist es nicht , dachte sie bitter, während sie den Raumanzug schloss. Aber mehr hatte sie ihren Leuten unter den gegebenen Umständen nicht zu bieten.
»Raketenbeladung voraussichtlich in neun Minuten beendet, Ma'am«, meldete Benedict formell. »Zeit bis zum Start elf Komma drei Minuten.« Er blickte von seinen Displays auf. »Es wird zwar knapp, Skipper«, sagte er, »aber wir schaffen es.«
»Gut«, sagte Flanagan und stellte sich vor, wie die automatisierten Raketenpaletten und die Roboterarme in der Luft verschwammen, während sie die Lenkwaffenzuladung der Switchblade mit Hochgeschwindigkeit änderten. »Irgendeine Reaktion von Captain al-Salil?«, fragte sie dann.
»Nein, Ma'am«, antwortete Benedict in peinlich unbeteiligtem Ton, und Flanagan schnaubte innerlich.
Natürlich kam von al-Salil nichts. Wahrscheinlich brauchte man auch nicht damit zu rechnen, von ihm eine Einweisung in den Schlachtplan zu bekommen, den er zweifellos nicht hatte. Es würde nicht nur ein hässliches Gefecht werden, sondern wahrscheinlich auch die schlimmste Katastrophe, seit sich Elvis Santino mitsamt seiner ganzen Kampfgruppe bei Seaford hatte auslöschen lassen.
Und Sarah Flanagan konnte rein gar nichts tun, um daran etwas zu ändern.
Vizeadmiral Agnes de Groot studierte den Hauptplot des Flaggdecks in einer Stimmung, die man als grundsätzlich befriedigt bezeichnen darf.
De Groot hatte dem Unternehmen Donnerkeil nicht gerade mit Begeisterung entgegengeblickt. Nicht etwa, weil sie es der Royal Manticoran Navy nicht hätte heimzahlen wollen; auch nicht, weil sie anderer Meinung war als Präsidentin Pritchart und dachte, dass das Sternenkönigreich von Manticore es nicht verdient habe, wegen seiner diplomatischen Hinterhältigkeiten den Hintern zwischen die Ohren hochgetreten zu bekommen. Nicht einmal, weil sie dem Operationsplan oder der grundsätzlichen Strategie widersprochen hätte.
Nein, de Groots Bedenken beruhten auf dem Umstand, dass der Admiralstab es ausdrücklich untersagt hatte, das Tequila-System vor dem Angriff in irgendeiner Weise aufzuklären.
Agnes de Groot war in einer Flotte zum Admiralsrang aufgestiegen, die eine scheinbar niemals enden wollende Folge von Niederlagen durch die Manticoranische Allianz hatte hinnehmen müssen – unterbrochen nur von rühmlichen Ausnahmen wie etwa Unternehmen Ikarus. Im Lichte dieser Erfahrungen war es ihr nicht leicht gefallen, die FND-Erkenntnisse über den gewaltigen Niedergang in der Leistungsfähigkeit der RMN zu glauben. Sie war sich vielmehr sicher gewesen, dass die Spione maßlos damit übertrieben, inwieweit die Manticoraner ihren Vorteil eingebüßt hatten – ›fortgeworfen‹ war wohl das bessere Wort dafür. Darum hatte de Groot nicht angenommen, dass die
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