Honor Harrington 14. Honors Krieg
stammte). Und da White Haven alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um sich auf die drohende Katastrophe vorzubereiten, war er bereit, nach jedem Silberstreif am Horizont Ausschau zu halten.
Und man muss wohl jede Gelegenheit, den Baron von High Ridge zu entmachten, als einen solchen Silberstreif am Horizont betrachten , räumte MacDonnell ein.
Der Grayson wandte sich wieder dem Flaggplot der Ben the Great zu. Wie passend , dachte er, dass White Haven und ich in diesem Moment ausgerechnet auf der Brücke dieses Schiffes stehen. Die › Benjie ‹, wie die Benjamin the Great von der Navy liebevoll genannt wurde, war vom Tag ihrer Indienststellung bis zum Abschluss des Unternehmens Butterblume White Havens Flaggschiff gewesen. Doch obwohl die Benjie erst drei Jahre auf dem Buckel hatte, gehörte sie zu einer Klasse, die aus nur drei Schiffen bestand. Ihr Baumuster war durch die neueren Lenkwaffen-Superdreadnoughts der Harrington -Klasse veraltet, und MacDonnell wusste genau, dass einige Offiziere im Amt für Schiffsbau sein Flaggschiff zur Verschrottung freigeben wollten. Ihm war allein der Gedanke verhasst, sie zum Ausschlachten zu schicken, obwohl er zugeben musste, dass es, kaltblütig betrachtet, durchaus einen Sinn ergab. Grayson mobilisierte alle Kräfte, um seine Flotte auf dem aktuellen Stand zu halten. Es konnte sich nicht leisten, Schiffe zu behalten, deren Baumuster überholt war, ganz gleich, wie neu oder geliebt sie sein mochten.
MacDonnell hoffte, dass das Amt für Schiffsbau sich für einen der Alternativvorschläge entscheiden und die Benjie auf Bordwerfer umrüsten würde, welche die neuste Generation der Mehrstufenraketen verschießen konnten.
Doch diese Entscheidung lag nicht bei ihm. Im Augenblick war die Benjamin the Great genau dort, wo sie sein sollte. Von Grund auf als Flottenbefehlsschiff entworfen, besaß sie von allen aktiven Schiffen eindeutig das beste Flaggdeck und die beste Flotten-Operationszentrale.
»Was auch immer High Ridge davon halten mag«, sagte White Haven, trat an MacDonnell heran und musterte gemeinsam mit ihm den Plot, »Admiral Kuzak hat jedenfalls keinerlei Vorbehalte geäußert, richtig?«
»Nein, wahrhaftig nicht«, stimmte MacDonnell ihm zu. Seine Augen schweiften von dem Plot, der sein Kommando zeigte, zum Nebendisplay, das auf astrografische Darstellung geschaltet war. Der Trevors-Stern-Terminus des Manticoranischen Wurmlochknotens stand der Sonne des Systems weit näher, als der Wurmlochknoten von Manticore A entfernt war. Dennoch trennten Trevors Stern und den Terminus fast drei Lichtstunden. Obwohl der Terminus durch neu errichtete, kampfstarke Forts geschützt wurde, schuf der Abstand zwischen San Martin und dem Terminus eine beinah unlösbare Schwierigkeit für Admiral Theodosia Kuzak.
Ihre Dritte Flotte konnte immer nur an einem Ort sein, es sei denn, sie ließ sich auf eine außerordentlich gefährliche Aufspaltung ihrer Kräfte ein. Theoretisch konnten die Forts die meisten Angriffe auf den Terminus abschlagen. Sie als ›Forts‹ zu bezeichnen, war ohnehin ein wenig irreführend. Für die meisten Menschen bedeutete ›Fort‹ eine fixierte Befestigung, etwas Schwerfälliges, Unbewegliches. Doch während die Terminusforts durchaus schwerfällig waren, konnte man sie kaum als unbeweglich bezeichnen – nicht ganz. Sie glichen am ehesten gewaltigen, unterlichtschnellen Superdreadnoughts: Schiffe, die so riesig waren, dass ihr niedriger Beschleunigungswert sie für mobile Operationen ungeeignet machte; indes konnten sie durchaus grundlegende Gefechtsmanöver ausführen – und die Impellerkeile erzeugen, die für jedes Kampfschiff die wichtigste Verteidigungslinie darstellten.
Doch trotz ihrer gewaltigen Größe, ihrer dicken Panzerung und kampfstarken Armierung waren sie – wie die Benjamin the Great – von der Entwicklung überholt. Im Raketengefecht brachten sie nur einen Bruchteil der Feuerrate zustande, mit der ein Schiff der Harrington -Klasse aufwarten konnte. Wenn sie die Zeit erhielten, vor einem Gefecht Raketengondeln auszusetzen, konnten sie natürlich unfassliche Salven schießen, solange die Gondeln hielten. Doch das hieß lediglich: Sie konnten so nur lange feuern, bis der Gegner Gefechtsköpfe durchbrachte und die ungeschützten Gondeln durch Naheinschläge ausschaltete.
Solange nur die Manticoranische Allianz Lenkwaffen-Superdreadnoughts besaß, hatte niemand auch nur einen Gedanken an die Verwundbarkeit der Raketengondeln
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