Honor Harrington 14. Honors Krieg
verlängern.«
»Ich glaube, Sie haben Recht, wenn Sie befürchten, dass Ihr Optimismus die Vernunft überstimmt, Tom«, erwiderte Giscard. »Nicht unbedingt in Bezug darauf, was High Ridge tun würde, wenn er allein entscheiden dürfte, aber hinsichtlich dessen, wie lange wir unsere wirklichen Möglichkeiten wahrscheinlich vor dem manticoranischen Geheimdienst verschleiern können. Ich weiß, dass wir ihm anscheinend länger etwas vorgemacht haben, als ich für möglich gehalten hätte. Aber die Katze ist jetzt aus dem Sack, und die Mantys wissen, dass wir sie getäuscht haben. Umso entschlossener werden sie sein, die exakten Zahlen herauszufinden. Selbst ein Hanswurst wie Jurgensen ist imstande, weitaus realistischere Daten über unsere Stärke herauszufinden, wenn er es zur obersten Priorität des ONI macht.«
»Ich weiß«, gab Theisman zu. »Und ich hoffe auch bloß, diesen Moment so lange hinausschieben zu können wie möglich. Bei Schlupfloch beschleunigen sich unsere Bauprogramme weiterhin. Und Shannon« – er lächelte Foraker an – »sagt, dass sie bei dem Bauzeitplan für die neue Temeraire -Klasse weitere drei Monate einsparen konnte. Wenn wir die Mantys nur davon abhalten können, in den nächsten zwo bis drei T-Jahren eigene Neukonstruktionen auf Kiel zu legen, dann können wir ihnen, was den effektiven Kampfwert der Flotten betrifft, wahrscheinlich immer eine Naselang voraus bleiben oder wenigstens mit ihnen Schritt halten.
Dennoch müssen wir einsehen, dass wir nicht nur einer Periode der Gelegenheit, sondern auch der Verwundbarkeit entgegenblicken«, fuhr er ernster fort. »Wie lang die Periode der Gelegenheit anhält, hängt davon ab, wie lange wir die Mantys über unsere tatsächliche militärische Stärke hinwegtäuschen können, sodass sie keine Schritte einleiten, um sie zu neutralisieren. Die Periode der Verwundbarkeit ist der Zeitraum, der den Mantys zur Verfügung steht, um unsere militärische Stärke zu neutralisieren, falls sie sich dazu entscheiden. Der gefährlichste Aspekt der Lage besteht in vielerlei Hinsicht darin, dass die günstige Gelegenheit uns dazu verlockt, Schritte einzuleiten, die die Periode der Verwundbarkeit verkürzen sollen. Offen gesagt wird diese Versuchung umso stärker, je öfter ich über unsere Pflicht nachdenke, einen allgemeinen Kriegsplan mit Manticore als wahrscheinlichstem Gegner zu entwerfen.«
»Diese Versuchung ist sehr gefährlich, wenn ich das sagen darf, Tom«, warf Tourville ein. Wie immer stand seine erstaunlich ruhige Stimme in einem schroffen Gegensatz zu seinem ›Cowboy‹-Gehabe, selbst für seine Vertrauten. »Besonders deswegen, weil ich im Grunde sehr sicher bin, dass es einem sehr großen Teil unserer Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften unverhohlen gefallen würde, es den Mantys heimzuzahlen.«
»Natürlich dürfen Sie das sagen«, entgegnete Theisman ihm. »Ich freue mich sogar, Sie das sagen zu hören. Ich versichere Ihnen, dass ich ständig versuche, daran zu denken. Und wenn mich jemand anders daran erinnert, kann es nicht schaden.
Trotzdem müssen wir alle zugeben, dass es, wenn es zum Schlimmsten kommt und wir tatsächlich die Kampfhandlungen gegen Manticore wieder aufnehmen müssen, am besten wäre, jetzt schon eine grundsätzlich offensive Haltung einzunehmen. Besonders jetzt, wo das Sternenkönigreich sich hoffentlich über unsere wahren Möglichkeiten noch nicht im Klaren ist, bietet uns eine harte, sorgfältig koordinierte Offensive die Möglichkeit, die gegnerische Flotte auszuschalten. Lässt Manticore sich dadurch in die Defensive zwingen, eröffnet sich uns zum ersten Mal seit Jahren zumindest die Chance, das Sternenkönigreich zu ernsthaften Verhandlungen mit uns zu bewegen.
Mit der möglichen Ausnahme des Außenministers erwägt kein Regierungsmitglied auch nur vorzuschlagen, dass wir solche militärischen Risiken eingehen, um die diplomatische Entwicklung wieder in Gang zu setzen. Ich werde so etwas ganz bestimmt nicht vorschlagen. Ich will nur eines klar machen: Meiner Meinung nach müssen wir uns beim Entwerfen der Kriegspläne sehr genau die Vorteile einer entschlossen vorgetragenen Offensivstrategie ansehen, anstatt uns von vornherein auf ein rein defensives Vorgehen zu beschränken.«
»Letzten Endes ist eine Offensivstrategie defensiv«, entgegnete Giscard nachdenklich. »Alles läuft darauf hinaus, dass wir, um zu gewinnen, die manticoranische Flotte und Infrastruktur neutralisieren müssen. Wenn uns
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