Honor Harrington 14. Honors Krieg
fest. »Ich sage nicht, dass es ungerechtfertigt wäre oder auch nur langfristig eine schlechte Idee. Aber wenn Sie die Unterhändler so kurz nach unserer Bekanntgabe von Schlupfloch abziehen, dann regeln Sie den Druck um ein paar Stufen auf einmal hoch. Höher vielleicht, als irgendjemand ihn haben möchte.«
»Ich bin mir dieser Möglichkeit durchaus bewusst«, versicherte Pritchart ihm. »Ich glaube nicht, dass die Situation so leicht eskalieren wird – jedenfalls nicht so rasch. Dazu gibt es auf der anderen Seite zu viel Trägheit. Aber gut möglich, dass ich mich da irre. Das ist der eigentliche Grund, weshalb ich anrufe.«
Sie blickte ihm vielleicht drei Herzschläge lang in die Augen, dann stellte sie ihre Frage.
»Wie weit sind Sie mit Ihren Kriegsplänen?«
»Ich hatte befürchtet, dass Sie sich danach erkundigen würden.« Er seufzte.
»Ich würde es nicht tun, wenn ich die Wahl hätte.«
»Ich weiß. Ich weiß.« Er holte tief Luft. »Tatsächlich«, gab er zu, »läuft es hier bei uns besser als erwartet – wenn dieser Vergleich unter den gegebenen Umständen nur nicht so obszön wäre.«
»Aha?«
»Je genauer wir uns mit den Plänen befassen, desto deutlicher tritt zutage, dass Fall Rot uns die besten Möglichkeiten bietet. Mir gefällt das überhaupt nicht wegen der Denkhaltung, die das bei meinem Planungsstab weckt. Und auch bei mir, wenn ich ehrlich bin.« Er runzelte die Stirn. »Ich denke lieber in Begriffen der Offensive, ich lasse lieber den Gegner auf meine Aktionen reagieren. Und manchmal sorge ich mich darum, ob diese Neigung mich vielleicht dazu verleitet, die aggressivste Lösung für das Problem zu suchen.«
»Ich glaube nicht, dass jemand, der Sie kennt, Sie jemals mit einem blutdürstigen Irren verwechseln wird, Tom«, versicherte Pritchart ihm.
»Solange es mir selber nicht passiert«, entgegnete er trocken. Sie schnaubte, und er zuckte mit den Schultern.
»Nachdem ich das klargestellt habe, muss ich sagen, dass unsere größte Chance in einer frühen, mit aller Gewalt vorgetragenen Offensive läge. Wir hätten dabei die beste Gelegenheit, die besetzten Systeme zurückzugewinnen und den Manticoranern die Möglichkeit zu nehmen, dagegen etwas zu unternehmen, zumindest auf kurze Sicht. Dadurch würden wir hoffentlich eine Atempause erhalten, in der sich durch Diplomatie tatsächlich etwas erreichen ließe. Und wenn das nicht geschehen sollte, wären wir hinterher doch in einer sehr viel vorteilhafteren Ausgangsposition, falls wir uns gezwungen sähen, den Kampf bis zum Ende zu führen.«
»Wie lange dauert es noch, bis wir dazu fähig wären?«
Ausdruckslos betrachtete er sie mehrere Sekunden lang.
»Das hängt ganz davon ab«, sagte er schließlich. »Im engeren technischen Sinne könnten wir schon morgen mit der Operation beginnen. Wenn unsere Annahmen zutreffen und die Mantys nichts unternehmen, was die Rahmenbedingungen drastisch ändert, bevor wir tatsächlich zuschlagen, würde ich sagen, wir haben eine Erfolgschance von siebzig bis achtzig Prozent.«
»So gut?« Pritchart klang erstaunt, und er runzelte die Stirn.
»Ich möchte darauf hinweisen, dass ich gleichzeitig auch sage: Selbst wenn alle unsere Annahmen völlig richtig sind, besteht immer noch eine Zwanzig-bis-Dreißig-Prozent-Chance, dass sie uns in die Pfanne hauen.«
»Kaum die schallende Zuversicht eines überzeugten Militaristen«, stellte die Präsidentin fast lachend fest.
»Wenn Sie einen überzeugten Militaristen wollen, hätten Sie mich feuern müssen«, entgegnete Theisman ihr. »Meiner wohl erwogenen Meinung zufolge ist jeder, der es wirklich auf einen Krieg anlegt, ein gefährlicher Irrer, und das gilt erst recht bei uns, denn unsere letzte militärische Niederlage war umfassend und liegt erst vier oder fünf T-Jahre zurück. Eloise, ich muss meinen Planungsstab zu aggressivem Denken ermutigen, wenn ich mir eine realistische Erfolgsaussicht in einem Krieg gegen Manticore und seine Verbündeten ausrechnen möchte. Die Wahrheit jedoch ist folgende: Selbst wenn wir gewinnen, sind unsere Probleme nicht vorüber, es sei denn, wir sind bereit, die Eroberung des Sternenkönigreichs zu versuchen. Aber selbst wenn wir Manticore in der Anfangsphase so schwer treffen, wie wir es meiner Ansicht nach könnten, wäre jede echte Eroberung blutig, teuer und sehr, sehr hässlich – eine Besatzung nach dem alten Legislaturistenmodell wäre noch viel hässlicher und auf lange Sicht vor allem undurchführbar. Ich
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