Honor Harrington 14. Honors Krieg
wie eine volle Breitseite, Ma'am!«
Einen Sekundenbruchteil lang starrte Ferrero ihn an. Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Die Hellebarde war noch immer weit außerhalb ihrer Raketenreichweite. Es bestand nicht die geringste …
Der Gedanke brach ab. Nein, dachte Erica Ferrero mit einer plötzlichen, fast unmöglichen Ruhe. Die Hellebarde befand sich nicht mehr außerhalb ihrer Raketenreichweite, sondern nur außerhalb der Entfernung, die bisher jedermann für ihre Raketenreichweite gehalten hatte.
Die Erica Ferrero für ihre Raketenreichweite gehalten hatte.
»Ruder, führen Sie Ausweichmanöver Gamma durch!«, befahl sie. »Taktik! Vergessen Sie die ›Sittich‹ .« Sie lächelte dünn und zwang sich, Zuversicht auszustrahlen, während ihr Gewissen sie noch plagte wegen der übertrieben optimistischen Annahmen, durch die sie ihr Schiff in diese Situation gebracht hatte. Nun war es jedoch zu spät, um darüber nachzudenken. Und es gab auch keine Gelegenheit mehr, Gortz mit irgendwelchen Vernunftgründen zu kommen.
»Anscheinend wird der heutige Nachmittag viel interessanter als wir gedacht hatten, Leute«, wandte sie sich an die Brückencrew und nickte Harris zu.
»Greifen Sie den Gegner an, Lieutenant«, befahl sie.
13
»Wissen Sie«, sagte Mercedes Brigham leise, während sie Honor mit Nimitz und LaFollet zum Flaggbesprechungsraum der Werewolf begleitete, »das hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt passieren können, Hoheit.«
»Da haben Sie Recht«, erwiderte Honor ebenso leise. »Nicht dass es dafür einen günstigen Zeitpunkt gäbe.«
»Nein, Ma'am.«
Die Abteilungsluke öffnete sich vor ihnen, und Füße scharrten über die Decksohle, während sich die wartenden Offiziere erhoben.
Es war das erste umfassende Treffen sämtlicher Kampfgruppen- und Geschwaderkommandeure Honors, und es umschloss ein beeindruckendes Aufgebot an Rang und Erfahrung. Honor stand vor vielen Gesichtern, die sie sehr gut kannte, angefangen bei Alistair McKeon und Alice Truman. Hinzu kamen Konteradmiral Samuel Webster, der das 16. Schlachtgeschwader kommandierte; Konteradmiral George Georgides, Chef des 9. Schlachtgeschwaders; Alfredo Yu, mittlerweile Volladmiral; Warner Caslet, der Yus 1. Schlachtgeschwader befehligte, Konteradmiral Harriet Benson-Dessouix, Kommandeurin seines 1. LAC Trägergeschwaders; Vizeadmiral Mark Brentworth, Befehlshaber von Yus 2. Schlachtgeschwader, und Konteradmiral Cynthia Gonsalves, Kommandeurin seines 1. Schlachtkreuzergeschwaders. Eine beeindruckende Ansammlung von Talent, die unterstützt wurde von einem Dutzend weiterer Admirale, die Honor nicht so gut kannte, allen voran Konteradmiral Anson Hewitt, dem früheren Stationskommandeur. Dahinter standen noch mehr Menschen, die Honor kannte und denen sie rückhaltlos vertraute. Etwa Susan Phillips, Yus Flaggkommandantin an Bord von (Honor war dieser Name noch immer zutiefst peinlich) GNS Honor Harrington; oder Captain Frederick Bagwell, der Honors Operationsoffizier bei ihrem allerersten Kommando über ein Schlachtgeschwader gewesen war und nun Brentworth als Flaggkommandant diente. Die versammelte Befehlsmannschaft war vielleicht nicht ganz der ›Bund von Brüdern (und Schwestern)‹, den die militärische Hagiographie so liebte, doch während Honor in die erwartungsvollen Gesichter blickte und die Emotionen dahinter schmeckte, wusste sie, dass es eine bessere Mannschaft war, als sie eigentlich von der prosaischen Wirklichkeit hätte erwarten dürfen. Wenigstens hatte sie Zeit gehabt, die Offiziere kennen zu lernen, denen sie vor ihrer Ankunft auf Sidemore Station noch nie begegnet war. Einige davon bedurften ihrer näheren Aufmerksamkeit, und einige andere waren lediglich tüchtig. Andere wiederum waren in der Tat hervorragend, und einer oder zwei verdienten sogar die Bezeichnung ›brillant‹. Jeder einzelne dieser Offiziere, wie angespannt er oder sie nun auch sein mochte, war bereit jedwede Entscheidung Honors zu unterstützen.
Das aber war der Unterschied zwischen ihnen und ihr, überlegte sie, während sie zu ihrem Stuhl ging. Mit einem Kopfnicken bedeutete sie den Offizieren, wieder Platz zu nehmen, dann legte sie Nirnitz auf die Rückenlehne und setzte sich. Die Offiziere waren bereit, ihre Entscheidungen zu unterstützen; sie hingegen musste sie fällen.
»Ich bin froh, dass alle für ein persönliches Treffen in Reichweite waren, Ladys und Gentlemen«, begann sie. »Allerdings wäre ich natürlich noch
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